Abfindung und Insolvenz
Zu Beginn kurz eine Erläuterung für alle, die diesen Beitrag eventuell erst einige Monate (oder Jahre) nach der Veröffentlichung lesen:
Dieser Beitrag ist mitten in der Corona-Krise im April 2020 entstanden und so sind die Krise und die zu befürchtenden Folgen zwar Auslöser für diesen Beitrag, aber er hat auch ganz unabhängig von globalen Krisen seine Bedeutung und die folgenden Ausführungen sollten alle, die eine Abfindung zu erwarten haben, immer im Hinterkopf behalten:
Es geht um den Einfluss einer Insolvenz des Arbeitgebers auf eine vereinbarte Abfindung. Insbesondere im Hinblick auf Termin-Vereinbarungen.
=> Mit Zwischenschritt zum Privatier(1/3)
Mit: Gründe, Möglichkeiten, Teilzeitarbeit
Drohende Insolvenzen
Wie eingangs schon erwähnt, sind die wirtschaftlichen Folgen, die sich durch die Corona-Krise ergeben werden, der Auslöser für diesen Beitrag. Denn trotz vielerlei Unterstützung durch den Staat (oder auch auf Länder- oder europäischer Ebene) wird es sich kaum vermeiden lassen, dass einige Unternehmen die wirtschaftlichen Folgen nicht überleben und in die Insolvenz abrutschen werden.
Dazu wird es im Vorfeld sicher auch Versuche geben, zunächst durch Kurzarbeit, später dann durch Entlassungen von Mitarbeitern diesen Schritt zu verhindern. Eventuell werden in diesem Zusammenhang auch Abfindungen angeboten.
Aber auch wenn eine Insolvenz nicht unmittelbar zu befürchten ist, so könnten solche Folgen auch erst mit Verzögerung mit etlichen Monaten Verspätung eintreten.
Was ist nun vor diesem Hintergrund (aber durchaus auch generell) im Zusammenhang mit den Vereinbarungen über eine Abfindung zu beachten?
Abfindung und Auszahlungstermin
In vielen vergangenen Beiträgen und Kommentaren wurde immer wieder empfohlen, unter steuerlichen Gesichtspunkten den Auszahlungstermin einer Abfindung nach Möglichkeit so zu legen, dass er mit möglichst wenigen anderen Einkünften zusammenfällt. Für einen angehenden Privatier ist das in der Regel das Folgejahr.
Dabei wurde zwar auch immer auf die Risiken hingewiesen, die sich z.B. durch eine Insolvenz des Arbeitgebers ergeben könnten. Ich denke, die meisten Leser werden das aber eher als eine unwahrscheinliche Möglichkeit nicht ganz so ernst genommen haben.
Diese Einschätzung sollte man spätestens jetzt noch einmal überdenken! Denn einige recht bekannte Unternehmen hat es bereits getroffen (wie z.B. Vapiano, Maredo, Galeria Kaufhof) und es besteht durchaus die Gefahr, dass weitere (auch große und bekannte) Unternehmen folgen werden.
=> Per Abfindung in den Ruhestand
Mit: Steuern, Arbeitsagentur, Krankenkasse, Rente
Die Folgen eines Insolvenzantrages
Hinsichtlich einer Abfindung kann man ganz grob zwei Situationen unterscheiden: Die Abfindung wurde VOR dem Insolvenzantrag vereinbart oder die Abfindung wurde NACH dem Insolvenzantrag vereinbart.
Der zweite Fall ist eigentlich die große Ausnahme, denn es gibt kaum einen Grund, warum ein Insolvenzverwalter einem Arbeitnehmer eine Abfindung anbieten sollte. Tut er es dennoch, so ist dies für den Arbeitnehmer der bessere Fall, da seine Forderungen dann zu den sog. Masseverbindlichkeiten zählen und die Chancen, zumindest einen Teil seiner Abfindung zu bekommen, besser aussehen als im ersten Fall.
Im ersten Fall (Abfindung VOR dem Insolvenzantrag) sieht es für den Betroffenen in der Regel sehr schlecht aus! Denn seine Forderungen werden zusammen mit allen anderen Forderungen in eine Forderungstabelle aufgenommen, aus der nach Abschluss der Verfahrens (oftmals erst nach einigen Jahren) die Gläubiger anhand einer Quote bedient werden. Für die Höhe dieser Quote gibt es keine generellen Aussagen, oftmals sind aber nur einstellige Prozentzahlen zu erwarten, manchmal vielleicht auch zweistellig. Manchmal bleibt am Ende auch gar nichts übrig!
Die Terminvereinbarung
Mit diesen Folgen vor Augen wird es klar, dass die Verschiebung einer Abfindungszahlung auf einen mehrere Monate in der Zukunft liegenden Termin das Risiko beinhaltet, am Ende gar nichts zu bekommen!
Eines sollte aber auch klar sein: Das Risiko ist auch dann vorhanden, wenn man eine sofortige Auszahlung vereinbart! Wer z.B. jetzt aktuell das Ende seiner Beschäftigung für Ende April 2020 vereinbart mit sofortiger Fälligkeit einer Abfindung, kann u.U. Pech haben, wenn der AG die Abfindung entgegen der Vereinbarung zunächst (und auch nach mehrfacher Aufforderung) nicht zahlt und dann zwei/drei Monate später in die Insolvenz geht. Auch in diesem Falle sind die Aussichten, jemals etwas von der Abfindung zu sehen, ganz schlecht!
Allerdings steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Ausfall des Arbeitgebers mit zunehmender Zeitspanne, innerhalb derer die Abfindung zu zahlen wäre.
=> Aktuelle Rechenwerte
Mit: Sozialversicherungen und Steuern
Fazit
Unter Berücksichtigung der o.g. Risiken sollte man sich sehr gut überlegen, ob man das Risiko der Verschiebung einer Abfindung eingehen möchte. Eine generelle Antwort kann es darauf kaum geben, denn die Ausfallwahrscheinlichkeit eines AGs hängt natürlich sehr vom AG selber ab, aber auch von den weiteren wirtschaftlichen Entwicklungen.
Ganz unabhängig von einer Krise, muss jeder für sich einschätzen, ob der AG die Zeit bis zur Auszahlung einer Abfindung wirtschaftlich überleben wird. Das ist nicht einfach einzuschätzen und manch eine Pleite ist schon sehr überraschend gekommen.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Moin Zusammen,
eigentlich wollte ich nichts aus meiner Vergangenheit wegen der Insolvenz meines ehemaligen AG`s schreiben, aber nun hat unser Privatier diesen Blog eingestellt und ich kann einige Erfahrungen in Bezug auf Insolvenz, Forderungsanmeldung zum Insolvenzverfahren, Insolvenzgeld, ERA-Strukturfonds, Transfergesellschaft und Auswirkung auf RV, Aufhebungsvertrag und den Verlust einer 27-jährigen Betriebszugehörigkeit ohne !!! Abfindung schildern.
(dito freiwilligen Verzicht auf Lohnbestandteil = „FEHLER“)
Erst einmal einige Informationen zu Abfindung, Arbeitslohn etc.pp. bei Insolvenz:
Welche rückständigen Forderungen sind durch das Insolvenzgeld abgesichert?
Das Insolvenzgeld deckt alle Lohnforderungen des Arbeitnehmers ab, die im Insolvenzgeldzeitraum verdient worden sind, d.h. das Grundgehalt ebenso wie möglicherweise zu zahlende variable Vergütungsbestandteile wie Provisionen oder dgl.
Einmalzahlungen wie eine jährlich zahlbare Gratifikation, eine Tantieme, ein Urlaubsgeld, ein Weihnachtsgeld oder eine Zielvereinbarungsprämie werden dagegen nur zeitanteilig durch Insolvenzgeld ausgeglichen, d.h. in dem Umfang, in dem sie während des Insolvenzgeldzeitraums verdient wurden.
BEISPIEL: Insolvenzbedingt werden die Gehälter für September bis November nicht gezahlt. Das Insolvenzverfahren wird am 01. Dezember eröffnet. Der Insolvenzgeldzeitraum beginnt daher am 01. September und endet am 30. November. Der Lohnausfall im November war besonders hart, da hier weder das Novembergehalt noch das – gemäß Arbeits- oder Tarifvertrag jährlich im November fällige 13. Gehalt gezahlt wurde. Obwohl die Arbeitnehmer daher im November zwei Gehälter verloren haben, deckt das Insolvenzgeld nur einen Anteil von 3/12 des ausgefallenen 13. Gehaltes ab, da das 13. Gehalt nur in diesem Umfang während der drei Monate September bis November „erdient“ wurde.
Nicht vom Insolvenzgeld abgedeckt sind weiterhin Abfindungen und Ansprüche auf Arbeitsentgelt, die der Arbeitnehmer wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses oder für die Zeit nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat, wie insbesondere Ansprüche auf Urlaubsabgeltung.
Schließlich werden auch sonstige Forderungen, die keinen Arbeitslohn darstellen, durch das Insolvenzgeld nicht absichert. Das betrifft insbesondere Ansprüche auf Kostenerstattung. Wer für seinen insolventen Arbeitnehmer Reisekosten, Porto, Telefongebühren oder dgl. verauslagt hat, kann wegen des nicht erfüllten Erstattungsanspruchs ebenfalls kein Insolvenzgeld verlangen.
Und noch etwas:
Um den Betrieb über „Wasser“ zu halten und zu retten, waren wir bereit auf Lohn + Gehaltsbestandteile zu verzichten. Das hat aber nichts mehr gebracht und so meldete ich diesen Betrag in der „Forderungsliste“ beim Insolenzverwalter an.
Ergebnis: Diese Bestandteile wurden von der Rechtsanwaltskanzlei bestritten, war von mir als AN freiwillig d.h. Ergebnis = „Pustekuchen“.
Übrigend, das Insolvenzverfahren läuft nun seit ca. 11Jahren und ist nicht abgeschlossen, ich rechne mit einer Insolvenzquote zwischen 2 – 4% der Summe, wenn überhaupt.
Bleibt gesund und
Viele Grüße
Lars
Danke Lars für die Ergänzung. Die Zusammenhänge bzgl. Insolvenzgeld sind sicher auch ein wichtiges Thema für alle, die es trifft. Ganz unabhängig davon, ob man nun aus dem Beruf ausscheidet oder nicht.
Ich selber habe übrigens auch bereits zwei Insolvenzen als Arbeitnehmer erleben „dürfen“. Als Aktionär schon etliche mehr (mit entsprechendem Totalverlust) und als Anleihen-Besitzer auch bereits einige. Die meisten Anleihen haben ich noch (mit teils ordentlichen Verlusten) verkauft, bei einem aktuell noch laufenden Insolvenz-Verfahren (KTG-Agrar) sind meine Forderungen in der Insolvenztabelle eingetragen. Ich rechne mit einer niedrigen einstelligen Quote (irgendwann…).
Gruß, Der Privatier
Interessanter Betrag zum Thema: Wie lässt sich eine Abfindung doch noch retten?
https://www.abfindunginfo.de/insolvenz-des-arbeitgebers-was-wird-mit-der-abfindung
Moin Andrea,
Dein Link erinnert mich an etwas …
Falls Du das näher verfolgen möchtest, siehe nachstehender Link Punkt 6:
„Weitere Regelungspunkte in Aufhebungsverträgen“ Unterpunkt 6.1 „Insolvenzrisiko“
Auszug (Leseprobe) aus dem Buch „Aufhebungsvertrag und Abfindungen“ von Herrn Jens Peter Hjort (überarbeitete Ausgabe 2015)
https://books.google.de/books?id=4B0sBgAAQBAJ&pg=PT196&lpg=PT196&dq=bankb%C3%BCrgschaft+abfindung&source=bl&ots=_d3LcsHLXG&sig=ACfU3U2bPs91HNUDjdMW3vbRNvuUj3P4rQ&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwiF5p7nzOjoAhUwsKQKHdzLBIE4ChDoATAFegQIDBAq#v=onepage&q=bankb%C3%BCrgschaft%20abfindung&f=false
Aber ob das gelingt???
Bleib gesund und
Viele Grüße
Lars
Danke Lars, schaue ich mir noch genauer an! Ein Versuch wert …
Bleibt noch ein wenig zu Hause und vor allem gesund! LG
Moin Zusammen,
noch ein Hinweis zur „Altersteilzeit“ und Insolvenz. Auch wichtig: Nachweis zum Insolvenzschutz unbedingt einfordern.
http://www.altersteilzeit-info.de/altersteilzeit_blockmodell/blockmodell_sicherung_bei_insolvenz/
Bleibt gesund und
Viele Grüße
Lars