Flexirente, Hinzuverdienst, Ungenutzte Rentenpunkte (Teil 3)
Vor etwa einem Jahr hatte ich hier zwei Beiträge zum Thema „Flexirente, Hinzuverdienst, Ungenutzte Rentenpunkte“ veröffentlicht (s. Teil-1 und Teil-2).
Heute soll es dazu eine Fortsetzung geben, die sich mit der Frage beschäftigt, wie die Rechnung nach einem weiteren Jahr aussieht. Allerdings möchte ich vorab auf zwei Dinge hinweisen:
Interessant sind solche Überlegungen nur für jemand, der neben einer vorgezogenen Rente einen Hinzuverdienst über der Hinzuverdienstgrenze hat.
Das Thema ist nicht ganz einfach(!) und u.U. nicht auf Anhieb zu verstehen/nachzuvollziehen. Auf jeden Fall ist ein grundlegendes Verständnis für die Rentenberechnung, insbesondere im Zusammenhang mit einem Hinzuverdienst unabdingbar. Außerdem sollte man den ersten und zweiten Teil des Beitrages verstanden haben.
=> Steuern auf Kapitalerträge – Die Anlage KAP
Wer muss ausfüllen? Wer sollte ausfüllen?
Bisherige Erkenntnisse
Wer bei einer vorgezogenen Rente einen Hinzuverdienst hat, der über der anrechnungsfreien Grenze von 6.300€/Jahr liegt, muss eine Kürzung seiner Rente in Höhe von 40% des überschreitenden Betrages in Kauf nehmen.
Eine solche Kürzung führt aber dazu, dass ein Teil der erworbenen Rentenpunkte nicht genutzt werden. So hatten wir ein fiktives Beispiel berechnet, welches von 65 Rentenpunkten mit einem Zugangsfaktor von 0,901 ausging und bei dem aufgrund der Kürzung wegen des Hinzuverdienstes drei Rentenpunkte ungenutzt geblieben sind.
Für den Folgezeitraum (1.7.2018 – 30.6.2019) ergab sich für die ungenutzten Rentenpunkte ein höherer Zugangsfaktor, so dass dann insgesamt: 62 * 0,901 + 3 * 0,907 = 58,583 RP zur Verfügung stand.
Wie sieht die Rechnung ein Jahr später aus?
Damit die nun folgende Rechnung nicht zu einfach wird, erweitern wir das Beispiel aus der ersten Folge und nehmen an, dass sich der Hinzuverdienst im betrachteten Zeitraum (1.7.2018 – 30.6.2019) auf 800€/Monat erhöht habe. Kurze Zwischen-Rechnung: 800€*12=9.600€/Jahr ergibt 9.600€-6.300€=3.300€ über der Grenze, oder 3.300€/12=275€/Monat, davon 40% angerechnet ergibt: 275€*40%=110€/Monat weniger Rente.
Mit dem Rentenwert von 32,03€ (ab 1.7.18, West) hatte unser Beispiel-Rentner also im Zeitraum von Mitte 2018 bis Mitte 2019 einen Rentenanspruch von 58,583 RP * 32,03€/RP = 1. 876,41€. Davon wurde allerdings noch der anrechenbare Hinzuverdienst abgezogen, also:
1.876,41€ – 110€ = 1.766,41€ / Monat. Davon gehen auch noch KV/PV-Beiträge ab und irgendwann ggfs. auch noch EkSt., das soll aber hier nicht weiter interessieren.
Interessant ist hier wieder nur die Frage, wieviele Rentenpunkte ungenutzt geblieben sind. Und dazu rechnen wir einfach einmal rückwärts. Eine Rente von 1.766,41€ entspricht bei einem Rentenwert von 32,03€ und einem Zugangsfaktor von 0,901 einer zugrundeliegenden Anzahl von 1.766,41€ / 32,03 €/RP / 0,901 = 61,2082 RP. Diese Angabe findet man übrigens auch im Rentenbescheid bei der Berechung der persönlichen Entgeltpunkte unter dem Punkt „Entgeltpunkte, die bereits Grundlage einer früheren Rente waren“ wieder.
Somit sind gegenüber den ursprünglichen 65 Rentenpunkten insgesamt 65,0000 – 61,2082 = 3,7918 Punkte nicht zur Auszahlung verwendet worden.
Neue Rechnung
Für die zukünftige Rente müssen wir diese nicht verwendeten Punkte aber nun aufteilen, da sie unterschiedlich lang nicht in Anspruch genommen wurden. Denn damit erhöhen sich die Zugangsfakoren für die jeweiligen Anteile gemäß der Anzahl an Monaten, in denen die Rentenpunkte nicht genutzt wurden (0,3%/Monat):
Und damit sieht jetzt die neue Rechnung wie folgt aus:
- Von 65 Rentenpunkten wurden im letzten Jahr bisher 3,7918 nicht genutzt. Für die restlichen 61,2082 RP bleibt es beim Zugangsfaktor von 0,901.
- Für die nicht genutzen RP erhöht sich der Zugangsfaktor für jeden Monat, in dem sie nicht in Anspruch genommen wurden, um 0,003 (entspricht 0,3%/Monat).
- Für den ersten Teil von 3,0000 RP waren dies 14 Monate, Erhöhung also 0,042, ZF=0,943
- Für den zweiten Teil von 0,7918 RP waren es 12 Monate, Erhöhung also 0,036, ZF=0,937
Die neuen persönlichen Rentenpunkte betragen somit:
61,2082 * 0,901 + 3,0000 * 0,943 + 0,7918 RP * 0,937 = 58,7194 RP
Auch an dieser Stelle noch einmal ein Vergleich ohne die ganze Rechnerei: Da waren es 65 RP mit ZF 0,901 => 58,565
=> Krankenversicherung als Rentner
Unterschiede, Bedingungen, Rechtzeitig planen
Fazit
Die Rechnung ist „etwas“ umständlich und hat mich wieder einmal einige Stunden lang beschäftigt. 🙁 Wahrscheinlich wird dies wohl auch jedes Jahr noch ein wenig aufwändiger. Ich werde mir daher weitere Berechnungen in kommenden Jahren ersparen!
Zumal das Ergebnis auch eher bescheiden ausfällt. Wenn man sich die beiden Zahlen am Ende des Beitrages ansieht, ergibt sich durch die ungenutzten Rentenpunkte gerade einmal ein Unterschied von ca. 0,15 Rentenpunkte, also ca. 5€/Monat oder etwa 60€/Jahr.
An dieser Stelle eine kurze Plausibilitätsprüfung: Kann das sein? Ein Mehr an Rente von 60€ gegenüber einer Verringerung durch den Hinzuverdienst von 110€/Monat=1.320€/Jahr?
Ja – das kann sehr gut sein, denn das ergibt ganz grob den Faktor 20, den man in der Regel bei Amortisationszeiten bei der GRV findet.
Auch wenn die Zahlen (im angenommenen Beispiel) eher gering sind, so zeigt die Rechnung aber auf jeden Fall den Punkt, den ich damit verdeutlichen wollte: Die Anrechnung eines Hinzuverdienstes auf eine vorgezogene Rente stellt keinen endgültigen Verlust dar, sondern erhöht damit die Rente in den Folgejahren (zzgl. evtl. jährlicher Erhöhungen).
Nachtrag: Es gibt noch eine Ergänzung zu diesem Beitrag.
Hallo Privatier,
vielen Dank, dass Du Dir die Arbeit gemacht hast, das mal genau aufzudröseln. Für mich zeigt das Ergebnis, dass die DRV sich bei der Flexirente schon fair und nachvollziehbar verhält.
Ich bin in der Flexirenten-Situation und sehe zu, unterhalb der 6300,- € zu bleiben. Jedenfalls solange, bis ich die Regelaltersrente erreicht habe.
Viele Grüße, Hardy
Ich kann meine selbständigen Einkünfte nur in sehr geringem Maße steuern. Aber da sich der Aufwand, den ich dafür treiben muss, sehr stark in Grenzen hält, sehe ich diese Einkünfte als ein willkommenes Add-On an. Egal in welcher Höhe.
Zumal ich aufgrund der obigen Rechnung die Gewissheit habe, dass mir durch die Anrechnung des Hinzuverdienstes nicht wirklich etwas verloren geht, sondern nur etwas verschoben wird.
Gruß, Der Privatier
P.S.: Und wie im Beitrag schon angedeutet: In den folgenden Jahren werde ich das nicht mehr nachrechnen.
Nachtrag:
Nach der oben im Beitrag geschilderten Rechnung für ein fiktives Beispiel, das mancheiner als schwer nachvollziehbar ansehen wird, habe ich nun heute meinen „echten“ Bescheid von der Rentenversicherung bekommen.
Und ich muss sagen: Das Ganze ist noch steigerungsfähig!!
So habe ich für den Zeitraum vom Rentenbeginn im Mai 2018 bis Ende Aug. 2019 (also etwas mehr als ein Jahr) insgesamt 5 (fünf!) Abrechnungen der obigen Art bekommen. Jeweils bestehend aus Berechnung des Hinzuverdienstes, der maßgeblichen Rentenpunkte, der sich daraus ergebenden Rente, der jeweiligen Abzüge wg. Hinzuverdienst und KV-/PV-Beiträgen, des Nettozahlbetrages und ggfs. Nachzahlungen oder Überzahlungen.
Die fünf Zeiträume waren deshalb erforderlich, weil jeweils zur Jahresmitte zwei Rentenerhöhungen zu berücksichtigen waren, zum Jahresende 2018 und ebenfalls zur Jahresmitte 2019 eine Änderung meines tatsächlichen bzw. geschätzten Hinzuverdienstes, sowie Änderungen bei den Beitragssätzen der Krankenkasse (Anfg. 2019).
Dieses Mal werde ich das nicht nachrechnen! Ich habe einen kurzen Plausibilitäts-Check gemacht. Das Ganze macht einen korrekten Eindruck. Das muss dann reichen. 😉
Gruß, Der Privatier
Wegen Corona wurde in 2019 und 2020 die Hinzuverdienstgrenze deutlich angehoben.
Langsam nähert sich aber für mich der Beginn der Regelaltersrente, in meinem Fall ist das am 01.10.2022.
Da mir nicht klar war, wie im Jahr des Beginns der Regelaltersrente der Hinzuverdienst zu berechnen ist, habe ich bei der DRV nachgefragt. Die Antwort lautete:
„Ab dem Beginn der Regelaltersrente zum 01.10.2022 kommt es zu keiner Anrechnung vom Hinzuverdienst. Es kann unbegrenzt dazu verdient werden. Für die Zeit vom 01.01.2022 – 30.09.2022 gilt gemäß § 34 Absatz 2 SGB VI die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze von 6300 EUR.
Das heißt, wenn der Rentenbeginn beispielsweise am 01.03.2022 wäre, könnten Sie in der Zeit vom 01.01.2022 – 28.02.2022 ebenso 6300 EUR dazu verdienen.“
Da ich eher mit einer monatlichen Anrechnung gerechnet habe, habe ich telefonisch noch mal nachgefragt. Das oben geschriebene wurde mir dabei nochmals bestätigt.
Da ich meinen Hinzuverdienst einigermaßen steuern kann, ist die Situation für nächstes Jahr etwas entspannter.
Viele Grüße, Hardy
„Wegen Corona wurde in 2019 und 2020 die Hinzuverdienstgrenze deutlich angehoben.“
Ich denke, die deutliche Anhebung des Hinzuverdienstes betrifft die Jahre 2020 und 2021. Ich habe im Jahr 2020 bereits davon profitieren können. Für 2021 ist es aber für mich kaum noch von Bedeutung, da ich seit Feb.2021 das reguläre Rentenalter erreicht habe und die Hinzuverdienstgrenze entfällt. Nur schade, dass dies nicht auch für die Krankenkasse gilt. 😉
Gruß, Der Privatier
Entschuldigung, da habe ich mich vertippt; die Anhebung war natürlich für 2020 und 2021.
……Nur schade dass dies nicht auch für die Krankenkasse gilt ………
Siehst Du Peter , so unterschiedlich können da die Meinungen sein .
Ich bin ja eher froh , das ich NICHT NOCH MEHR dazuverdienen MUSS ,
um dann noch in der “ Pflichtversicherung “ der GKV zu landen .
( Netter AG natürlich Hauptgrund für AN-Tätigkeit )
Vorher Rentner mit ( Überwiegenden ) Zusatzverdienst UN Beteiligungen ,
jetzt ( Überwiegend ) AN , mit Zusatzverdienst Rente / KAP und VuV .
GKV Beitrag via Pflicht auf DS-AN-Normal mit Radarneutraler SABO-Schieber Bemessungsgrundlage um die 3k/mon. Brutto . Z.Zt. auch noch keine Nachricht
das Einkommen AN ( + Rente , + KAP , + VuV ) nicht zur Beitragsbemessungsgrundlage GKV passen könnte . Somit normaler AN mit ( scheinbar unbeachtlichen ) Nebenverdiensten ( aus Rente , KAP und VuV ) bei einer “ Pflichtversicherung GKV “
mit Beitragsgrundlage AN-Tätigkeit ( Der Nebenverdienst , scheint somit keine
Rolle zu spielen —-> Fehler im GKV Beitrags-System ??? ) .
LG Det