Gastbeitrag: Direktversicherung (Vervielfältiger)
Und wieder einmal gibt es heute einen Gastbeitrag. Also einen Beitrag, den ich nicht selber verfasst habe, sondern von einem der Blog-Leser geschrieben wurde.
Dieses Mal hat mir ein Leser des Blog „per Mail“ seine Erfahrungen mit Direktversicherungen und der Vervielfältiger-Regel geschrieben. Da er lieber anonym bleiben möchte, werde ich ihm einfach mal den Namen „Peer“ geben.
Das Thema Direktversicherung inkl. Altverträge und Neuverträge, Stichworte wie Vervielfältiger, etc. hatten wir vor einiger Zeit schon einmal in den Kommentaren. Leider konnte ich nicht viel dazu beitragen. Und kann es heute auch immer noch nicht. Deshalb bin ich froh, dass Peer hier einmal von seinen aktuellen Erfahrungen berichten wird.
Ich kann (und will) das nicht kommentieren, sondern lasse Peer einfach mal berichten:
=> Ach was? - Progressionsvorbehalt
Mit: Erläuterung des Prinzips und Beispiel
Altvertrag einer Direktversicherung
Meine Frage war, welche Randbedingungen sich bei der Einzahlung in eine Direktversicherung (Vervielfältiger) ergeben und wie sich dies im Detail abwickelt.
Mein Fall ist das Vorliegen eines sogenannten „Altvertrages„, also eine Zusage (Vertragsabschluss) vor dem 1.1.2005. Wenn das vorliegt, kann die alte Pauschalversteuerungs-Regel (EStG §40b) angewendet werden:
Der Betrag wird „nur“ mit 20% (plus Soli, plus evtl. Kirchensteuer) besteuert. Und nicht mit dem höheren Spitzensteuersatz.
Eine erste Anfrage bei der Versicherung ergab aber, dass diese einen Einzelbetrag in den Altvertrag nicht akzeptiert. Grund, der Altvertrag hat eine Garantie-Verzinsung von 3,5%.
Dies ist aber auch nicht erforderlich, denn es muss nicht direkt in den Altvertrag eingezahlt werden, sondern es kann/wird ein Neuvertrag angelegt.
Hinweis: Der Vervielfältigungsbetrag muss nicht in die Versicherung, mit der der Altvertrag besteht, eingezahlt werden.
Weiter gibt es zwei Randbedingungen:
- Die Umwandlung geht nur für Jahrgänge älter als 60 Jahre,
- und die Laufzeit des Vertrages muss grösser 5 Jahre betragen.
Aus meiner Sicht ist die Kapitalauszahlung nach 5 Jahren interessant, reduziert das doch die Steuer erheblich, der Auszahlbetrag ist auch etwas mehr als der Einzahlbetrag (trotz der Kosten der Versicherung).
Versteuert werden muss dann nur noch der Ertragsanteil, sprich sehr kleine Beträge.
Die Kombination mit der 1/5 Regel macht das steuerlich noch interessanter. Da spart man nicht nur die dargestellte Steuer, sondern gewinnt quasi fünf mal den Progressionsvorteil.
Ist zwar schwierig vorzustellen, jedoch kann der Steuervorteil dann bei 50% und mehr liegen.
Soweit die Erkenntnisse von Peer. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung von „Der-Privatier“ wieder.
Wie sieht es mit Sozialversicherungsbeiträgen aus? Speziell bei der Auszahlung gibt es da offenbar gewaltige Probleme. So müssen die Auszahlungen der Direktversicherung verbeitragt werden. Und zwar nicht nur den Arbeitnehmer- sondern auch den Arbeitgeberanteil. Das macht den steuerlichen Vorteil schon wieder mehr als hinfällig.
Siehe z. B. hier: https://www.wiwo.de/finanzen/vorsorge/betriebliche-altersversorgung-krankenkassen-schroepfen-die-rentner/9964708.html
Ich traue Direktversicherungen nicht und werde so etwas nicht abschließen.
Ja, guter Hinweis! Da sollte sich jeder drüber im Klaren sein, dass in der Auszahlungsphase KV+PV Beiträge fällig werden. Im Grunde ist es immer nur eine Verschiebung der Belastungen von „jetzt“ auf „später“. Wobei „später“ in der Regel den Vorteil hat, dass die Belastungen meistens geringer ausfallen.
Wir hatten dieses Thema an anderer Stelle schon einmal mit einem recht guten Fazit von Blog-Leserin Paula.
Gruß, Der Privatier
Hier handelt es sich wie erwähnt nicht nur um eine Verschiebung sondern auch um eine Verar…e, weil auch noch der Arbeitgeberanteil erhoben wird. Der Arbeitgeber hat den Vorteil, der Arbeitnehmer das Nachsehen.
Stimmt. Da hast Du vollkommen Recht. Und es ist schon komisch, wie schnell sich der Blickwinkel oder die Sichtweise ändern kann: Für mich ist es inzwischen völlig normal und akzeptiert, dass ich auf meine Einkünfte einen KK-Beitrag von ca. 17,5% zu zahlen habe. Da denke ich gar nicht mehr drüber nach.
Aber Du hast natürlich Recht. Während man bei der Steuer im Zusammenhang mit einer Direktversicherung noch von einer Verschiebung auf später reden kann, verhält es sich bei den KV/PV-Beiträgen anders! Hier sparen während der Einzahlungsphase nämlich Arbeitnehmer UND Arbeitgeber ihren Beitrag. In der Auszahlungsphase zahlt dann der Rentner den Beitrag aber komplett alleine. Noch schlimmer kommt es für diejenigen, die aufgrund des Überschreitens der Beitragsbemessungsgrenze während der Einzahlung überhaupt nichts einsparen konnten: Nichts eingespart aber vollen Beitrag als Rentner!
Eigentlich erstaunlich, dass solche Regelungen höchstrichterlich Segen bekommen. Ist aber so: Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 7. April 2008, Az. 1 BvR 1924/07.
Aber – um aus dieser schlechten Nachricht zumindest auch noch einen Nutzen, oder einen Tipp abzuleiten:
Das Ganze gilt nur dann, wenn der Arbeitgeber als Versicherungsnehmer eingetragen ist (ist normalerweise so). Wird ein solcher Vertrag aber später privat weitergeführt, sollte man den Vertrag AUF JEDEN FALL auf seinen Namen abändern lassen. Dann entfallen zumindest für die Beiträge, die danach gezahlt werden, die späteren KK-Beiträge!
Gruß, Der Privatier
Ich habe das leider überhaupt nicht verstanden. Ich glaube, einen Altvertrag zu haben, habe etwa 10 Jahre lang etwa 250€ mtl. eingezahlt. Mein Guthaben könnte also momentan bei etwa 30T€ liegen. Wie würden die versteuert, wenn ich die Auszahlung jetzt veranlasse, ich bin erst 46? Oder wie würde es versteuert werden, wenn ich 60 bin?
Wenn ich jetzt aus der Abfindung bspw. 30T€ drauflegen, ist der Effekt des gesenkten Steuersatzes m. E. nicht so groß. Mein restliches Einkommen ist ohnehin schon negativ, also wird nur mit dem gesamten Einkommen die 5tel Regelung angewandt. Ich senke also mein Gesamteinkommen bspw. von 150T€ auf 120T€, bei einem 5tel steuerrelevantes Einkommen von 30T€ auf 24T€, also nur um 6T€. Wäre es dann nicht besser die Einzahlung in ein Jahr mit regelmäßigen Einkünften zu verschieben? Statt 50T€ Einkommen dann nur 20T€, da ist der Effekt doch viel stärker?
Wenn es zur Auszahlung kommt, muss dann also nachträglich SV bezahlt werden. Komplett oder nur KV? Und was ist mit der Beitragsbemessungsgrenze? Zum einen wären bei der Einzahlung gar keine KV Beiträge mehr fällig gewesen, da das Monatseinkommen schon über der BBG lag, zum Anderen gilt das doch auch für den Monat oder zumindest das Jahr der Auszahlung?
Sonst macht die Direktversicherung doch überhaupt keinen Sinn und ist wirklich nur Vera….e.
> „Ich habe das leider überhaupt nicht verstanden.“
Das trifft sich gut! Dann sind wir schon zu zweit.
Ich verstehe leider auch nur wenig von der betrieblichen Altersvorsorge und Direktversicherungen. Von daher würde ich mich auch freuen, wenn sich vielleicht unser Gastautor „Peer“ hier noch einmal melden würde oder vielleicht auch andere Leser, die sich mehr mit dem Thema befasst haben, ihre Erkenntnisse weitergeben würden.
Soweit es mir möglich ist, will ich aber trotzdem mal ein paar Antworten versuchen:
Ich denke, eine vorzeitige Auszahlung (Kündigung!) einer Direktversicherung ist schwierig bis unmöglich. Wenn es überhaupt geht, wäre es sicher mit deutlichen Verlusten inkl. Rückforderung der gewährten Vergünstigungen verbunden und von daher ganz sicher nicht ratsam.
Bleiben wir also mal bei den SV-Beiträgen und den steuerlichen Vorteilen:
Bei der späteren Auszahlung sind „nur“ KV/PV Beiträge zu zahlen, also keine RV- und ALV-Beiträge. Aber das reicht auch schon. Denn, wie Du richtig sagst, sind die KV/PV-Beiträge bei der Einzahlung höchstens zur Hälfte eingespart worden (die andere Hälfte hat der AG gespart). Liegt man oberhalb der Beitragsbemessungsgrenze hat man gar nichts eingespart. Zahlen darf man aber nachher trotzdem. Das ist ja gerade das Problem!
Die Beitragsbemessungsgrenze hilft dabei bei der Auszahlung übrigens nichts! Eine Einmalzahlung wird nämlich fiktiv auf 120 Monate aufgeteilt und auf diese fiktiven Monatserträge ist dann jeweils der KV/PV-Beitrag zu entrichten.
Die Frage, ob sich eine Einzahlung in eine Direktversicherung nicht mehr lohnen würde, wenn sie in einem Jahr mit einem normalen Gehalt stattfinden würde, ist sicher auch interessant. Aber führt uns ja nicht weiter. Wir wollen ja schließlich wissen, wie wir die Abfindung vor der Steuer retten wollen. Und dann müssen wir uns schon auf das Jahr der Abfindungszahlung konzentrieren.
Aber selbst bei Deinem Beispiel würde ja eine Reduzierung des z.v. Einkommens von 30k auf 24k, also um 6k zunächst eine Reduzierung um (geschätzt!) vielleicht 2k einbringen. Dies aber mal fünf!! Also 10.000 Euro gespart. Das finde ich schon recht gut. Oder anders ausgedrückt:
Die 30k Einzahlung in die Altersvorsorge werden zu 30% vom Staat finanziert. Geld, was ansonsten komplett und vollständig verloren wäre.
Gruß, Der Privatier
Ach – ganz vergessen: Ich wollte ja noch eine Erläuterung zu den Vervielfältiger Regeln (Alt- und Neuverträge) aus dem Chemie Verbandsrahmenvertrag weitergeben. Ist zwar wie gesagt aus der chemischen Industrie, aber soweit ich das sehen kann, handelt es sich um allgemein gültige Aussagen und das Thema ist ganz gut und mit Beispielen erklärt.
Zu finden sind die Erläuterungen im „Chemie Verbandsrahmenvertrag (Vervielfältiger)„.
Gruß, Der Privatier
Hallo,
im Jahre 11/2004 habe ich eine pauschalbesteuerte Allianz Direkversicherung Klassik über meinen damaligen Arbeitgeber abgeschlossen. Im Jahr 2011 habe ich einen Aufhebungsvertrag unterschrieben und dem maximal mögichen Betrag meiner Abfindung in einen zusätzlichen sog. Vervielfältiger eingezahlt.
Die Direktversicherung aus dem Jahr 2004 wurde auf meinen neuen Arbeitgeber übertragen und seitdem dort fortgeführt.
Ich bin freiwilliges Mitglied einer gesetzlichen Krankenversicherung und werde voraussichtlich als Rentner ein „Pflichtmitglied in der Krankenversicherung der Rentner“ sein.
Nun meine Fragen:
Wie erfolgt die nachgelagerte Besteuerung der beiden Direktversicherungen
Welche Variante des Kaptialwahlrechtes (mtl. Rente / Einmalzahlung) ist sinnvoll?
Ein Berechungsbeispiel hierzu wäre sehr hilfreich.
Vielen Dank für die Rückantwort und herzliche Grüße – VM
Ich habe ja schon des Öfteren betont, dass ich mich beim Thema der Direktversicherungen nicht ganz so gut auskenne und mich da auch nicht tiefer einarbeiten will. Von daher denke ich, dass es andere gibt, die solche Fragen sehr viel besser beantworten können und glaube auch, dass die Information der Allianz schon recht gut und ausreichend ist.
Mehr kann ich dazu auch nicht sagen.
Gruß, Der Privatier
Eine Frage zur Vervielfältigungsregel. Mein Beschäftigungsverhältnis endet zum 31.12.2017. Abfindung erhalte ich Ende Januar 2018.
Soviel ich weiß hat sich die Berechnung ab 2018 geändert. Muss ich jetzt meinem AG ansprechen in den nächsten 2 Wochen die Vervielfältigungsregel anzuwenden, also mir eine niedrigere Abfindung auszuzahlen, oder kann ich das auch später im Steuerjahr 2018 anfordern? (Muss halt dann bis zur Erstattung der zuviel gezahlten Steuer Anfang 2019 warten) Oder geht das gar nicht? Ich will in 2018 evtl. etwas in Rürup und/oder freiwillig in die GRV einzahlen. Welche Fristen gibt es da?
Auch wenn ich mich mit den Details von Direktversicherungen nicht auskenne, so gehe ich doch davon aus, dass im Zusammenhang mit einer Abfindung der Sinn darin besteht, dass der Arbeitgeber einen Teil der Abfindung in die Direktversicherung einzahlt.
Und das würde ich dann möglichst bald (vor der Abrechnung im Januar!) klären. Es mag durchaus sein, dass man das später auch noch selber veranlassen kann – aber einfacher wird das nicht…
Rürup und GRV kann man das ganze Jahr über einzahlen. Je nachdem was man für die GRV einzahlen möchte, können bis Ende März noch Beiträge für 2017 eingezahlt werden.##
Gruß, Der Privatier
Danke, bin da dran. Aber er muss zustimmen. Das wird zeitlich heuer knapp.
Zu der Aussage, dass bis Ende März noch Beiträge für das vergangene Jahr bezahlt werden können, hätte ich noch eine Frage:
Wenn ich im März 2018 10000 Euro in die GRV als Beitrag für 2017 freiwillig einzahle, kann ich die 10000 Euro dann in 2018 steuerlich geltend machen, oder reduziert das mein zu versteuerndes Einkommen in 2017?
Sehr gutes Forum übrigens…
Gruß
Christian
Ich zitiere einmal aus dem Wikipedia Beitrag zum Stichwort „Zuflussprinzip„:
„Das Zuflussprinzip ist ein Grundsatz des deutschen Einkommensteuerrechts, nach dem Einnahmen dem Kalenderjahr steuerlich zuzuordnen sind, in dem sie zugeflossen sind. Das korrespondierende Abflussprinzip schreibt entsprechend vor, dass Ausgaben in dem Kalenderjahr anzusetzen sind, in dem sie geleistet wurden.“
Also, ganz klare Antwort: Die in 2018 gezahlten Beiträge werden steuerlich in 2018 berücksichtigt.
Gruß, Der Privatier