Kap. 3.3.1.3: Hinweise zur Fünftelregel: Negatives Einkommen
Im letzten Beitrag über die Fünftelregel hatte ich den Rechenweg der Fünftelregel für einfache Beispiele erläutert. Zunächst ohne Berücksichtigung von irgendwelchen steuerlich wirksamen Abzügen. In einem zweiten Beispiel habe ich dann erläutert, wo und wie z.B. Sonderausgaben in die Berechnung einfliessen.
Dabei hatte ich schon angedeutet, dass sich der Rechenweg ein bisschen ändert, wenn die Abzüge so hoch ein sollten, dass sich ohne Berücksichtigung der Abfindung ein negatives Einkommen ergeben würde. Und genau um solche Fälle soll es im heutigen Beitrag gehen.
Ein Blick ins Gesetz
Dazu sehen wir uns gleich ein Beispiel an. Vorab aber auch hier ein Blick in das Gesetz, welches diesen Fall regelt. Dort heißt es nämlich in §34 EStG zu den außerordentlichen Einkünften:
„Ist das verbleibende zu versteuernde Einkommen negativ und das zu versteuernde Einkommen positiv, so beträgt die Einkommensteuer das Fünffache der auf ein Fünftel des zu versteuernden Einkommens entfallenden Einkommensteuer.“
Wenn wir uns noch einmal in Erinnerung rufen, dass das „verbleibende zu versteuernde Einkommen“ die Summe ist, die sich ohne Berücksichtung der Abfindung ergibt und das „zu versteuernde Einkommen“ die Summe inkl. der Abfindung ist, so sieht man, dass diese Berechnung deutlich einfacher ist, als die „normale“ Fünftelregel.
Folgende Schritte sind auszuführen:
- Das zu versteuernde Einkommen ohne Abfindung feststellen.
- Ergibt sich hier ein negativer Wert, ist die vereinfachte Form wie folgt anzuwenden:
- Einkommensteuer für ein Fünftel des gesamten zu versteuernden Einkommens inkl. Abfindung feststellen (= Betrag1)
- Die gesamte Einkommensteuer beträgt das Fünffache dieses Betrages, also:
Einkommensteuer = 5*Betrag1
Ein Beispiel
Zur Verdeutlichung dieser Variante wandeln wir das Beispiel aus dem letzten Beitrag wieder ein wenig ab:
Hr. Müller hat zwar ein Jahresgehalt von 45.000 Euro, ist aber bereits Ende April aus seiner Firma ausgeschieden, so dass er noch 15.000 Euro Gehalt erhalten hat. Außerdem haben die Müllers weitere regelmäßige Einkünfte aus einer Vermietung in Höhe von jährlich 5.000 Euro. Mit dem Ausscheiden aus seinem Unternehmen erhält Hr. Müller eine Abfindung von 105.000€.
Zur Reduzierung der Steuerbelastung haben die Müllers freiwillige Beiträge zur Rentenversicherung eingezahlt. Unter Berücksichtigung der Maximalgrenzen und des steuerlich wirksamen Prozentsatzes ergeben sich dadurch für die Müllers Sonderausgaben in Höhe von 25.000 Euro.
Mit diesen Zahlen sieht der obige Rechenweg wie folgt aus:
- Das zu versteuernde Einkommen ohne Abfindung feststellen:
Gehalt + Vermietung – Sonderausgaben = 15.000€ + 5.000€ – 25.000€ = -5.000€ - Es ergibt sich hier ein negativer Wert, daher ist die vereinfachte Form anzuwenden:
- Das gesamte zu versteuernde Einkommen inkl. Abfindung beträgt:
Gehalt + Vermietung + Abfindung – Sonderausgaben = 15.000€ + 5.000€ + 105.000€ – 25.000€ = 100.000€. Die Einkommensteuer für ein Fünftel davon (also für 20.000€) beträgt gemäß Splittingtabelle = 298€ (= Betrag1) - Die gesamte Einkommensteuer beträgt das Fünffache dieses Betrages, also:
Einkommensteuer = 5*Betrag1 = 5*298 € = 1.490€
Resultat
Was man an diesem Beispiel sehr schön sehen kann, ist der Effekt, den die Fünftelregel im Zusammenhang mit steuerlich wirksamen Abzügen bewirken kann. Immerhin zahlen Müllers nur noch gut 1.500€ Steuern auf ein Einkommen von ca. 125.000€. Und wer möchte, kann die Steuern sicher auch noch ganz auf Null drücken, indem er die Sonderausgaben ein wenig erhöht bzw. andere Dinge geltend macht.
Interessant wäre im obigen Beispiel natürlich auch jeweils ein Vergleich, wie die steuerliche Situation ohne die Sonderausgaben ausgesehen hätte oder ohne die Fünftelregel. Aber ich will es mal dem interessierten Leser selber überlassen, solche Vergleiche anzustellen. Dies war nämlich nicht das Ziel dieses Beitrages, sondern es ging darum, den Rechenweg zu erläutern, wenn sich durch hohe Abzüge ein negatives verbleibendes Einkommen ergibt.
Ein weiteren Sonderfall (für die Fortgeschrittenen) werden wir uns dann im nächsten Beitrag ansehen. Dort wird es dann darum gehen, die Rechnung um den Bezug von Arbeitslosengeld zu erweitern.
Vielen Dank für die sehr hilfreichen Tipps zur Fünftelregelung.
Wie sieht es denn in dem Fall aus, wo man keine weiteren Einkünfte in dem Jahr der Abfindungszahlung hat, sondern nur Sonderausgaben (wie z.B. Rürup-Rente, etc.). In Ihrem Beispiel oben sieht es so aus, als ob diese dann von dem vollen Abfindungsbetrag abgezogen werden vor der „Fünftelung“ oder können diese (in dem Sonderfall, wo keine anderen Einkünfte bestehen) voll als Steuerleichterung auf das bereits gefünftelte Einkommen von der Abfindung wirken?
Der Rechenweg ist nicht anders, wenn keine weiteren Einkünfte vorhanden sind. Also auch in diesem Fall: Erst die Sonderausgaben abziehen, danach wird gefünftelt. Andersherum wäre schöner – ist aber nicht so. 😉
Gruß, Der Privatier
Hallo Peter und Hardy(Steuerprofis),
noch eine Frage zur Steuer. Bei einem zu versteuernden Einkommen(Abfindung) von 111.300,00 was nach der Fünftelung 22.260,00 EUR entspricht liege ich hier eigentlich als lediger und nicht Kirchenmitglied unter der abgezogenen Abgeltungssteuer?
Einkommen Steuer steuersatz zuschlag KiSt. Steuer steuersatz
22.260 € 3136 14 % 28 % 172,48 0,00 3.308,48 15 % 30 %
Gelten hier die 14% oder der Grenzsteuersatz von 28%. Mir gehts hier natürlich nur darum, ob eine Günstigerprüfung Sinn macht, oder ob ich ohnehin über den 25% abgezogener Abgeltungssteuer liege.
Hallo versfachwirt,
ich bin kein Steuerprofi und habe mir Deine Frage noch nie vorab gestellt.
Ich gebe in der Einkommensteuererklärung einfach alle Kapitalerträge an und mache ein Kreuz bei „Günstigerprüfung“. das im Formular in Zeile 4.
Viele Grüße, Hardy
Ich schließe mich der Aussage von Hardy an: Ich stelle mir diese Frage im Vorfeld nie, sondern fülle die Anlage KAP schon seit Jahren regelmäßig aus. Das FA wird dann schon ausrechnen, was günstiger ist (daher die Bez. „Günstigerprüfung“ 😉 ). Schaden kann das Ausfüllen nicht, ich empfehle dazu ggfs. noch einmal meinen Beitrag zur „Anlage KAP„.
Es ist ohnehin oftmals schwer, im Vorfeld eine Prognose abzugeben. Wenn man vorab ein Ergebnis haben möchte, sollte man das Ganze einfach vorher einmal durchrechnen. Ein Steuerprogramm ist da sehr hilfreich.
Ich gebe aber gerne mal eine Schätzung ab: Ich denke, die Abgeltungssteuer ist in diesem Falle die günstigere Variante (ist aber nur geraten!).
Gruß, Der Privatier
Hallo Ihr Beiden,
habe mich aus Neugier schlau gemacht und dabei festgestellt, dass wie in meinem eingefügten Beispiel ersichtlich, der durchschnittliche Steuersatz gefünftelt maßgebend ist. Bedeuted 11% gibts anscheinend für die zuviel gezahlte Steuer nach der Günstigerprüfung zurück.
„Bedeuted 11% gibts anscheinend für die zuviel gezahlte Steuer nach der Günstigerprüfung zurück.“
Das mag im Einzelfall durchaus möglich sein. Dürfte aber u.a. auch von der Höhe der Kapitaleinkünfte abhängen. So werden zusätzliche Einkünfte von z.B. 100€ am durchschnittlichen Steuersatz kaum etwas ändern und die Aussage wäre damit richtig.
Betragen die Einkünfte hingegen 100.000€, dürfte das Ergebnis etwas anders aussehen. Und alles dazwischen ergibt irgendwas dazwischen. 😉
Gruß, Der Privatier
klar, aber ob Du dann noch eine Günstigerprüfung brauchst?
Nein, für die genannten Extremwerte braucht man keine Prüfung. Das kann man auch so sehen. Aber für alle Werte dazwischen kann ich das eben nicht und empfehle daher immer die Abgabe der Anlage KAP. Und dafür gibt es auch noch mehr Gründe, siehe Beitrag: https://der-privatier.com/kap-10-8-3-steuern-auf-kapitalertraege-die-anlage-kap/
Gruß, Der Privatier
Hallo,
wie wird das AGL bei negativem Einkommen bzgl der beiden Verfahren berücksichtigt.
Wird das negative Einkommen gegen das AGL gerechnet und somit würde ggf wieder ein positives Einkommen entstehen oder
wird das AGL zur (Abfindung abzgl negativ Einkommen) dazugerechnet und dann wie oben durch 5 geteilt und somit die Steuer errechnet.
Vielen Dank für ein kurzes Feedback
Gute Frage! Das wäre einmal eine schöne Frage an einen Steuerberater… 😉
Ich bin mir eigentlich ziemlich sicher, dass das ALG zunächst einmal mit dem negativen Einkommen verrechnet wird, so dass es auch wieder positiv werden kann. Ist dies der Fall, müsste wieder ein Vergleich: Steuer ohne und Steuer mit 1/5 Abfindung durchgeführt werden.
Mehr zum Thema ALG und Abfindung im Beitrag „Hinweise zur Fünftelregel: Mit ALG-Bezug“ .
Gruß, Der Privatier
Hallo,
als Rentner habe ich ein zu versteuerntes Einkommen von 20.000 Euro unter anderem aus positiven Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung (Gebäude voll vermietet). Da ich meine Betriebsrente kapitalisiert in einem Betrag in Höhe von 35.000 Euro auszahlen lasse und diese Auszahlung der Fünftelregel lt. Arbeitgeber unterliegt hätte ich eine zusätzlich Steuerbelastung im Differenzbetrag der zu zahlenden Steuer zwischen 20.000 Euro und 27.000. Euro mal 5. Durch eine größere Investition (Heizung) in das vermietet Gebäude in Höhe von 19.000 Euro würde ich mein zuversteuerntes Einkommen vor (20.000 – 19.000 = 1.000 Euro) und nach der Fünftelregel (20.000 – 19.000 + 7.000 = 8.000 Euro) drücken, so dass ich defacto keine Steuern auf die Abfindung bezahlen müsste (Basis Grundtabelle). Ist meine Rechnung richtig oder habe ich etwas nicht bedacht?
Ich kenne mich mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung im Detail nicht so aus, ich könnte mir aber gut vorstellen, dass größere Investitionen wie z.B. eine neue Heizung nicht sofort im Jahr der Anschaffung steuerlich in voller Höhe berücksichtigt werden können, sondern über mehrere Jahre angeschrieben werden müssen.
Bin mir da aber nicht sicher – besser mal bei einem Steuerberater nachfragen.
Ansonsten wäre die Überlegung aber korrekt.
Gruß, Der Privatier
Erhaltungsaufwände können im Jahr des Anfallens vollständig abgesetzt werden. Herstellungsaufwände müss hingegen über die Zeit abgeschrieben werden. Erhaltungsaufwand ist es z.B., wenn eine alte Ölheizung durch eine neue Ölheizung ersetzt wird; also ein „1:1-Ersatz“, bei dem nichts zusätzliches entsteht. Herstellungsaufwand ist es z.B., wenn eine alte Nachtstromspeicherheizung durch eine moderne Gasheizung ersetzt wird, weil dadaurch etwas neues ensteht, was den Wert der Immobilie dauerhaft erhöht.