Ach was? – Anleihen, Grundlagen – Teil 2
Im ersten Teil der Anleihen-Grundlagen hatte ich ja schon kurz etwas über die wichtigsten Merkmale einer Anleihe geschrieben: Laufzeit, Zins und Kurs.
Da eine Anleihe, genau wie andere Wertpapiere auch, an der Börse gehandelt werden, bildet sich der Kurs einer Anleihe aus Angebot und Nachfrage. Aber, anders als bei einer Aktie, gibt es auch mathematische Zusammenhänge, nach denen sich der Kurs einer Anleihe entwickelt. Und darüber will ich heute schreiben. Über den Zusammenhang von Zins, Kurs, Laufzeit und Rendite.
Wenn wir z.B. einmal eine deutsche Staatsanleihe anschauen. Dies sind Anleihen mit einem der höchsten und besten Einstufungen weltweit. Ausfall-Risiko quasi gleich Null. Wenn sich also jeder sicher sein kann, dass er sein Geld am Ende der Laufzeit zu 100% wieder bekommt, warum sollte er dann so „blöd“ sein, seine Anleihe zu einem niedrigeren Kurs als 100% zu verkaufen?
Oder andersherum: Warum gibt es Käufer, die bereit sind, mehr als 100% für den Kauf einer solchen Anleihe zu bezahlen, wenn sie doch auch sicher sein können, dass die nur 100% zurückbekommen werden?
=> Einkünfte, Einnahmen und Einkommen
Wichtig für das Verständnis von Steuerfragen
Kurse über und unter 100%
Warum gibt es also überhaupt Kurse unter und über 100% (unter und über „pari“)?
Am besten macht man sich das mal einem Beispiel klar:
Wenn ich heute eine neue Anleihe (zum Nominalwert, also zu 100%) kaufe, die mit einem Zinssatz von 2% ausgestattet ist, dann bekomme ich also jedes Jahr meine 2% Zinsen. Schön.
Nun steigt aber (wie viele erwarten) das allgemeine Zinsniveau. Und nehmen wir an, es steigt auf 4%. Neue Anleihen werden Emittenten also nur noch verkaufen können, wenn sie mindestens 4% Zins bieten. Was aber passiert mit unserer alten Anleihe? Nun, sie wird weiterhin ihre 2% Zinsen abwerfen. Aber wenn wir sie verkaufen wollen, will sie keiner mehr haben! Denn es gibt ja inzwischen Anleihen, die das doppelte abwerfen. Wir werden sie also nur verkaufen können, wenn wir mit dem Preis runtergehen.
Aber wie viel ist die Anleihe denn jetzt weniger wert? Nun, dass lässt sich (zumindest grob) ganz einfach ausrechnen:
Wenn unsere Anleihe in genau einem Jahre zurückgezahlt würde, würden wir in einem Jahr also 100% für die Anleihe und 2% an Zinsen bekommen. Um mit einer der neuen Anleihen, die inzwischen 4% Zins abwerfen „mithalten“ zu können, müssen wir unsere alte Anleihe also für ca. 98% abgeben. Damit ist sie wieder wettbewerbsfähig zu den neuen Anleihen, denn wer für 98% kauft, macht nach einem Jahr einen Kursgewinn von 2% zzgl. Zins von 2% und hat damit dasselbe Ergebnis wir einer, der eine Anleihe von 4% gekauft hat.
=> Teilerlass der Kirchensteuer beantragen
Mit: Vorgehensweise und Fallstricke
Einfluss der Laufzeit
Wer gut aufgepasst hat, wird bemerkt haben, dass diese Rechnung ganz stark von der Laufzeit abhängt!
Denn wenn wir oben bei einer Restlaufzeit von einem Jahr „nur“ einen Verlust von 2% (Verkauf bei 98%) zu beklagen haben, sieht die Sache bei einer längeren Laufzeit schon viel übler aus.
Betrachten wir nämlich eine Anleihe mit einer Restlaufzeit von z.B. noch 6 Jahren, so gehen einem potentiellen Käufer einer solchen Anleihe ja jedes Jahr 2% Zins gegenüber dem aktuellen Markt-Niveau verloren. Also 6*2%=12%. Und genau die wird es auch weniger bezahlen wollen für unsere Anleihe. also max. 88%.
Natürlich funktioniert die Rechnung auch in die andere Richtung. Das haben in den letzten Jahren viele Besitzer von Anleihen höchst erfreut zu Kenntnis nehmen dürfen. Sinkt nämlich das allgemeine Zinsniveau, wie wir es in den letzten Jahren recht deutlich zu spüren bekommen haben, steigen umgekehrt die Anleihen-Kurse. Und auch hier: Je nach Laufzeit manchmal deutlich. Wer heute eine Anleihe mit einem Zinskupon von 6%, 8% oder 9% hat, dazu noch mit einer unkündbaren Laufzeit von einigen Jahren, der wird sie nur gegen einen satten Kursaufschlag abgeben wollen. Kurse von 130% oder mehr sind dabei keine Seltenheit.
Anmerken möchte ich zum Schluss noch, dass diese Rechnungen recht grob sind und nur dem grundsätzlichen Verständnis zum Kurs einer Anleihe in Abhängigkeit von ihrem Zins, der Laufzeit und dem allgemeinem Zinsniveau dienen.
Festhalten können wir: Steigt das allgemeine Zinsniveau, so fallen die Anleihen-Kurse und umgekehrt. Dieser Effekt ist umso deutlicher, je länger die Restlaufzeit einer Anleihe ist.
Rendite
An dieser Stelle müsste ich jetzt eigentlich mal etwas über die Rendite von Anleihen schreiben. Das würde aber wohl einen weiteren Beitrag erfordern. Daher nur ganz kurz: Wichtig ist bei einer Anleihe nicht in erster Linie der Zins-Kupon, sondern die Rendite. Und die berechnet sich aus den oben erläuterten Komponenten: Aus der Höhe des Zinses, dem Kurs der Anleihe und der (Rest-)Laufzeit. Für eine ganz grobe Rechnung reicht es, einmal gegenüber zu stellen, was man beim Kauf bezahlt und was man an Zinsen zu erwarten hat.
Kaufe ich z.B. eine Anleihe zu einem Kurs von 109% und ist diese Anleihe mit einem Zins-Kupon von 4% und einer Restlaufzeit von 3 Jahren ausgestattet, so habe ich nach Ablauf der Laufzeit insgesamt 112% erhalten. Bezahlt wurden 109%, Ertrag also 3%. Verteilt auf die drei Jahre: 1% Rendite. Ganz grobe Rechnung.
Eine Anleihe mit einem Kupon von nur 3% und einer Restlaufzeit von z.B. 5 Jahren, die ich vielleicht für 105% kaufen kann, hat dagegen schon eine doppelt so hohe Rendite. Am Ende stehen 115% zur Verfügung, gezahlt wurden 105%. Ertrag hier 10%, auf fünf Jahre verteilt: 2% Rendite.
Es ist also immer wichtig, auf die Rendite zu achten. Börsenportale wie Börse Stuttgart oder auch Comdirect liefern da in der Regel gute Anhaltspunkte, sind allerdings auch nicht immer zu 100% korrekt.
Zwischenstand
Mit diesem Wissen hat man schon einmal das kleinste Grundgerüst für die Investition in Anleihen zusammen. Ich werde nun erst einmal weiter berichten, von meinen Gedanken über Anleihen und dann in einem späteren Beitrag noch weitere Details und Besonderheiten zu Anleihen erläutern: „Anleihen, Grundlagen – Teil 3“.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Sehr interessanter und guter Artikel. Endlich verstehe ich die Sache mit den Anleihen mal…
Dazu habe ich noch eine Frage:
Worauf achtest du persönlich mehr bei einem Anleihenkauf: auf mögliche Wertschwankungen der Anleihe oder aber auf möglichst hohe feste Zinssätze!!
Danke – das höre ich gerne!
Tja und worauf ich achte? Mögliche Wertschwankungen sind es jedenfalls eher nicht. Oder höchstens indirekt: Denn ich versuche schon, mir nicht unbedingt so ganz abenteuerliche Emittenten auszusuchen (gelingt nicht immer 😉 ). Außerdem achte ich auch auf die Kombination von Laufzeit und fester/variabler Zins.
Aber natürlich spielt auch die Rendite eine große Rolle. Ohne Rendite nützen mir die besten anderen Kriterien nichts. Aber eben auch anders herum: Eine Super-Rendite bei ansonsten katastrophalen Eigenschaften möchte ich auch nicht haben. Es gilt eben, wie so oft, den geeigneten Mittelweg zu finden.
Meine eigene Suche und Überlegungen werde ich dann übrigens im nächsten Beitrag etwas genauer beschreiben.
Gruß, Der Privatier
Dann bin ich schon sehr darauf gespannt, nach welchen Kriterien du Anleihen auswählst….
Klar – sind Verlinkungen auf eine Seite an sich gut. Aber es kann ja auch Webseiten geben, von wo man nicht verlinkt werden möchte!
Na, ich möchte dem Privatier nicht vorgreifen, aber ich persönlich würde (wenn ich denn jemals Anleihen kaufen würde) auf ein gesundes Verhältnis von Rendite und Risiko (also Ausfallwahrscheinlichkeit / Bonität des Schuldners) achten.
Was nützt mir die Bombenrendite von 20% p.a., wenn „sichere“ Anlagen nur 0,5% p.a. abwerfen und ich mir bei dieser Rendite ja an zwei Fingern abzählen kann, dass das Risiko mein Geld wiederzusehen ja arg gering ist.
Aber dazu schreibt Peter sicher beim 3.Teil mehr.
Lieben Gruß
Dummerchen
Ich fürchte, ich muss hier die Erwartungen schon mal etwas dämpfen!
Es wird keine Master-Formel geben, mit der ich den Kauf einer Anleihe berechne. Es wird (wie schon von Dummerchen richtig vermutet) eher ein persönliches Abwägen zwischen Rendite und Risiko werden.
Und dabei spielen dann eben auch die „Gedanken eines Privatiers“ immer eine Rolle und weniger knallharte Kriterien. Und wer mich inzwischen schon ein wenig kennt, der kann auch schon mal vermuten, dass meine Tendenz auch öfter schon mal eher in Richtung Risiko geht…
Aber dazu mehr in den folgenden Beiträgen. Dabei dienten die letzten beiden Beiträge ja eher der Grundlagen-Vermittlung, damit auch jeder die kommenden Beiträge versteht. Denn da werde ich dann erzählen, wie ich in den Bereich der Anleihen eingestiegen bin.
Gruß, Der Privatier
Und noch etwas… Ich finde leider keine passende EMail-Adresse von dir….
Darf ich deinen Anleihenartikel auf meinem Blog in meiner Assettabelle verlinken…?
Ich find ihn nämlich wirklich echt klasse!!
Habe ich meine EMail-Adresse so gut versteckt? War keine Absicht!
Findet sich im Beitrag über Kommentare.
Und natürlich kannst Du meinen Beitrag verlinken! Aber ich meine, da musst Du auch nicht extra fragen. Ich jedenfalls habe da keine Bedenken, alles zu verlinken, was ich für interessant halte.
Gruß, Der Privatier
Gut geschrieben. Danke.
Als Hinweis, für diejenigen, die tiefer bei der Rendite einsteigen wollen. Bei längerer Laufzeit der Anleihe, wird sehr oft noch der Barwert berechnet.
Als Beispiel:
Laufzeit 15 Jahre und 2 % Zinsdifferenz, da wird man nicht einfach 15 x 2 % = 30 % rechnen, sondern die erwarteten Zahlungen abzinsen (praktisch Umkehrung der Zinseszinsrechnung). Bei 2% und 15 Jahre liegt der Abzinsungsfaktor bei 0,7430. Das heisst, dass die Anleihe um ca. 26 % niedriger liegen sollte und nicht 30 %.
Auch nur grob vereinfacht und nur als Hinweis.
Hallo Alexander,
vielen Dank für diese Ergänzung!
Vielleicht sollte ich die Gelegenheit direkt einmal nutzen und mal kurz erklären, wie man so einen Abzinsungsfaktor selber berechnen kann? Ist gar nicht so schwierig – ein Taschenrechner wäre allerdings ganz hilfreich.
Fangen wir einmal mit der „normalen“ Zinsrechnung an und betrachten wir einmal den sog. Zinsfaktor (Zf). Mit diesem kann ich ausrechnen, wie sich mein Anfangskapital (K0) insgesamt entwickelt hat, wenn es ein Jahr verzinst angelegt war:
K1 = K0 * Zf
Bei einem Zinssatz von 2% beträgt der Zinsfaktor also 1,02 und bei K0 = 100€ werden nach einem Jahr daraus K1 = 100€ * 1,02 = 102€.
Und diese Rechnung lässt sich in den folgenden Jahren ganz einfach fortsetzen: K2 = K1*Zf oder K2 = K0*Zf * Zf = K0 * Zf^2.
Lege ich mein Kapital also für n Jahre an, so haben wir damit schon die Zinseszinsformel:
Kn = K0 * Zf^n
Und somit werden nach 15 Jahren aus 100€, die zu 2% Zins angelegt werden K15 = 100€ * 1,02^15 = 134,59€.
Wenn wir nun einmal andersherum ausrechnen wollen, wie viel Kapital ich denn anlegen muss, um nach 15 Jahren 100€ zu erhalten, muss ich die obige Formel einfach umdrehen, also:
K0 = Kn / Zf^n
Oder, mit unserem Beispiel: K0 = 100€ / 1,02^15 = 74,30€
Und wenn wir jetzt noch dieses Ergebnis auf unser Zielkapital (im Beispiel die 100€) beziehen, erhalten wir den Abzinsungsfaktor, also: Af = K0 / Kn
Im Beispiel: 74,30€ / 100€ = 0,7430 und damit hätten wir genau den Wert berechnet, den Alexander oben in seinem Kommentar als Abzinsungsfaktor bereits genannt hat.
Gar nicht so schwierig, oder?
Gruß, Der Privatier
P.S.: Schöner wäre es ja gewesen, wenn ich bei den Formeln hoch- und tiefgestellte Zeichen hätte verwenden können. Aber sicher kann man es auch so verstehen…
Danke Peter , geht doch . Wenn man dazu noch die Kosten für Vertragsabschluss einer Versicherung hätte , und diese gezillmert dazurechen würde , wäre bereits annähernd eine Rentenbarwertberechnung bei einen Versicherungsunternehmen erfolgt . ( Rechnung K0 ) , hier jedoch auch Sterbe / Ablebetafel berücksichtigen . ( Bei Rentenberechnung )
Also eigentlich alles garnicht so schwer .
Was bringt einen dieses Wissen noch ??? . Man kann seine eigenen Kapitalanlagen auf N ( Zeit ) hin überprüfen und so eine eigene Abschätzung ( Durch Formelumstellung ) auf seine persönliche Kapitalanlagen machen , hinsichtlich der angenommen Verzinsung und z.B. der Sinnhaftigkeit einiger Aussagen der Finanz und Versicherungswirtschaft . Dieses wird einen damit dann um einiges wahrscheinlicher oder unwahrscheinlicher vorkommen , und somit dann dem dementsprechenden Entschluss ( mit ggf. Vertrag )leichter verständlich machen . Auch ein Vergleich unterschiedlicher Kapital Anlagen , wird dadurch einfacher ( Mein immer verwendetes Vergleichsverfahren ) . Also wenn ich Heute etwas weggebe , was bekomme ich in der Zukunft dafür wieder , und wie Sicher ist es ??? .
Seine eigene Risikosichtweise kann hiermit auch nochmal geprüft werden , und die evt. daraus sich ergebenden Verhalten dementsprechend besser eingeordnet werden . So Peter , hoffentlich finden VIELE den Weg hierher , und benutzen dieses Wissen auch , denn wie schon Kostolany sagte , lieber eine Stunde über Geld nachgedacht ( und auch ruhig mal wie oben gezeigt berechnet ) wie eine Stunde für Geld arbeiten gegangen . LG Det