Kap. 1.2: Was bisher geschah – Studium und Beruf
Als Schüler eines Gymnasiums war ich ein kleines Genie in Mathe und Physik, aber eine totale Fehlbesetzung in allen anderen Fächern. Nun ja – beinahe in allen anderen Fächern.
Mit dieser Grundausstattung lag ein naturwissenschaftliches oder Ingenieur-Studium nahe und so habe ich dann Elektrotechnik mit Schwerpunkt „Elektronische Datenverarbeitung“ studiert und das Studium auch erfolgreich abgeschlossen.
Bereits als Student und später dann als wissenschaftliche Hilfskraft an der Uni habe ich meine ersten Software-Programme entwickelt. Studien- und Diplomarbeit mündeten nach entsprechender wissenschaftlicher Forschungsarbeit ebenfalls in Software-Paketen.
Und dabei ist es dann eigentlich das ganze Berufsleben über geblieben. Zunächst als kleiner Programmierer begonnen und dann relativ schnell zum Leiter einer kleinen Entwicklungsgruppe aufgestiegen.
Damals – sicher noch als Ausdruck jugendlichen Größenwahns – kam zum ersten Mal der Ausspruch: „Mit 30 höre ich auf zu arbeiten!“
Das wäre auch beinahe – wenn auch unfreiwillig – geglückt, denn just an meinem 30. Geburtstag meldete mein damaliger Arbeitgeber Konkurs an und die Arbeit war erst einmal zu Ende. Wenn auch nicht sofort, denn ich hatte die Ehre, gemeinsam mit dem Konkursverwalter für einige Wochen den Konkurs abzuwickeln.
Zeit genug, um mit ein paar anderen Kollegen eine neue Firma zu planen, die sich daraufhin sozusagen „aus den Trümmern“ der alten Firma gründete. Aber auch diese Firma hat den Zahn der Zeit nicht lange überlebt und so konnte ich nach wenigen Jahren den zweiten Konkurs in meiner noch recht jungen beruflichen Laufbahn erleben.
Die weiteren Stationen meiner Karriere waren zwar nicht mehr von Konkursen überschattet, dennoch habe ich nie das Gefühl einer gesicherten wirtschaftlichen Lage gehabt. Was in den Anfängen meiner beruflichen Laufbahn in einem Konkurs endete, mündete nun in verstärktem Maße in Firmenübernahmen.
Ich denke, diese ganze Entwicklung ist auch mit verantwortlich dafür, dass ich nie eine wirklich enge Verbundenheit mit einem Unternehmen entwickelt habe. Im Gegenteil: Ich habe gelernt, dass auch die größten Mühen und Anstrengungen inkl. Überstunden, Nacht- und Wochenend-Arbeit letztlich irgendwann absolut nichts mehr wert sind. Sei es, dass der Erfolg von einem Konkurs vernichtet wird, oder sei es, dass die Anstrengungen der Vergangenheit von einer neuer Unternehmensführung von keinerlei Interesse sind.
Und so hat eigentlich während meines ganzen Berufslebens immer die Idee im Hinterkopf geschlummert, möglichst bald aussteigen zu können. Aber, damit keine Missverständnisse aufkommen: Es ist nicht etwa so, dass ich meinen Beruf oder meine Arbeit gehasst habe. Nein. Das nicht. Im Grunde habe ich meine Arbeit immer als interessant und angenehm empfunden. Zumindest solange ich im Büro war und mich die Arbeit „gefesselt“ hat. Sobald aber ein Projekt zu Ende war oder aber auch oft in einem Urlaub, kamen immer wieder die Zweifel, ob mir nicht durch den Beruf der wichtigere und interessantere Teil des Lebens – nämlich der außerhalb der beruflichen Tätigkeit – vorenthalten wird.
Und so hat der Wunsch nach einem vorzeitigen Ende der beruflichen Tätigkeiten im Lauf der Zeit immer mal wieder neue Nahrung bekommen.
Neue Nahrung bekam der Wunsch aber auch noch – neben den beruflichen Aspekten – noch aus zwei anderen Richtungen: Meine Erfahrungen an der Börse und meine Gedanken zu meiner Gesundheit.
Darüber mehr im nächsten Beitrag…
Diese „Zweifel“, „ob mir nicht durch den Beruf der wichtigere und interessantere Teil des Lebens – nämlich der außerhalb der beruflichen Tätigkeit – vorenthalten wird“ sitzen bei mir fest im Kopf.
Da bis zu meiner Altersteilzeit noch einige Jahrzehnte vergehen dürfen, habe ich einen anderen Weg gewählt – 4-Tages-Woche. Ich habe Mittwochs frei. Bei Bedarf kann ich natürlich Mittwoch gegen Freitag oder Montag tauschen, was insbesondere bei Brückentagen Sinn macht.
Das Gehalt ist um 1/5 reduziert, Netto macht das noch weniger aus. Aber ich kann die Zeit mit meiner Frau verbringen, mit meinen Kindern, bin ehrenamtlich tätig, kann mir nebenbei kleinere Projekte erlauben.
Sprich ich lebe schon Finanzielle Unabhängigkeit in Teilzeit. Die fehlenden ein paar hundert Euro bereue ich nicht im Geringsten.
Dadurch wird der Weg zur Vollzeit-„Finanziellen Unabhängigkeit“ etwas länger. Dafür aber viel angenehmer – ich habe viel mehr von meinem Leben in jungeren Jahren.
@Andi7: Deine Entscheidung, eine 4-Tages-Woche zu wählen, kann ich sehr gut nachvollziehen. Ich kenne die 3-oder-4-Tages-Woche aus einer Phase der Kurzarbeit in den letzten Jahren meiner Berufstätigkeit. Ich habe diese 1 oder 2 Tage in der Woche immer sehr genossen. Und dabei gab es ja auch noch Kurzarbeitergeld, so dass sich die Einbußen in Grenzen hielten. Eine schöne Zeit (für manche Kollegen allerdings nicht – das sollte man dazu sagen).
Meine Arbeitszeit hatte ich da schon seit einigen Jahren aus eigenem Antrieb von vorher 40Std. auf dann 35Std./Woche reduziert (bei entsprechendem Gehaltsverzicht). Auch das war eine sehr gute Entscheidung.
Dazu noch eine nette Anekdote: Damals war ich noch ledig und für überschlägige Rechnungen hatte ich einen Spitzensteuersatz von ca. 50% (inkl. KSt./Soli) fest in meinem Hirn. Und so war ich es gewohnt, von einer Gehaltserhöhung von sagen wir mal 4% Brutto maximal 2% Netto übrig zu halten.
Und so habe ich dann auch im Vorfeld gerechnet: Eine Reduzierung von 40 Std. auf 35 Std. entspricht 12,5%. Wird mein Brutto-Gehalt also um 12,5% reduziert, verliere ich ungefähr 6% vom meinem Nettogehalt. Sechs Prozent Verlust für jeden Tag eine Stunde früher zu Hause – da musste ich nicht mehr länger nachdenken.
Hätte ich vielleicht mal besser machen sollen, denn die Überraschung kam mit der ersten Gehaltsabrechnung:
Soo geht die Prozentrechnung nämlich nicht! Wer auf 12,5% vom Brutto verzichtet, hat auch (in etwa) 12,5% weniger Netto-Gehalt.
Das musste ich aber erst 5mal nachrechnen. In diesem Falle war meine anfängliche Milchmädchen-Rechnung tatsächlich eine solche.
Aber bereut habe ich das trotzdem nicht.
Hallo Privatier
Andi wird das wohl nicht mehr mitlesen, der Beitrag liegt ja schon Jahre zurück – aber das Thema Arbeitszeitreduzierung und die Besteuerung in Deutschland ist ein hochaktuelles poitisches Thema.
(siehe auch gerade von heute: https://www.welt.de/wirtschaft/article173902739/Hochqualifizierte-Warum-viele-Deutsche-ihren-Job-an-den-Nagel-haengen.html.
Viele Gutverdiener in Deutschland reduzieren ihre Arbeitszeit, manche wandern gleich aus, weil sie sich steuerlich ungerecht behandelt fühlen.
Eine Reduktion oder gleich der vorzeitige Ausstieg ist kann dann auch als persönliche Steuerreform angesehen werden.
Um nicht falsch verstanden zu werden. Ich bin sehr für das Sozialstaatsmodell und halte z.B. die private Krankenvollversicherung für einen Fehler. Allerdings hat die Belastung in Deutschland ein Niveau erreicht, das für viele angestellte Gutverdiener eine zusätzliches Argument für den Ausstieg liefert. Es wird sich wohl auch mit der „GroKo“ nichts verbesseren, eher im Gegenteil.
In meinem Fall, ähnlich wie es auch der Privatier erzählt hat, ist aber eine Reduktion unter 35 Stunden kaum machbar.
Schade, beim Welt-Artikel ist leider nur der Anfang frei lesbar.
Gruß, Nick
Na dann hoffe ich mal, dass es keine Massenbewegung der gut verdienenden Boomer Generation wird. Ansonsten befürchte ich sehr schnell eine politische Reaktion,die Steuertöpfe und Sozialkassen müssen schließlich gefüllt werden.
Die Massenbewegung der gut verdienenden Boomer-Generation ist bereits seit mehreren Jahren im Gange. Die Daten werden de facto von der Regierung verschleiert, aber der Abgang z.B. in Richtung Schweiz ist gewaltig.
Nun habe ich den verlinkten Beitrag der WELT auch nicht lesen können, aber ich möchte doch kurz etwas klarstellen:
Ich habe meinen Job nicht an den Nagel gehängt, weil ich mich ausgebeutet gefühlt habe!
Denn das würde ja im Umkehrschluss bedeuten, bei weniger Abgaben wäre ich gerne noch länger geblieben. Nein – das war bei mir nicht der Fall.
Bei mir war und ist es einfach so, dass ich der Meinung bin, dass meine Lebenszeit unbezahlbar ist und da kommt es mir nicht darauf an, ob ich 10% oder 20% mehr oder weniger Steuern bezahle. Was auf der anderen Seite aber wiederum nicht bedeutet, dass ich nicht trotzdem versuche, die Abgabenlast möglichst gering zu halten.
Aber das sind eben aus meiner Sicht „zwei Paar Schuhe“. 😉
Gruß, Der Privatier
Hallo Robert und Hallo Privatier,
ich lese immer noch mit, auch wenn „der Beitrag ja schon Jahre zurückliegt“!
Allerdings melde ich mich letzte Zeit kaum. Denn es gibt inzwischen viele Blogs. Viele Diskussionen. Man kann nicht überall mitmachen. Mit der Zeit will man auch nicht mehr.
Jeder findet seinen Weg. Ich präferiere Immobilien. Wenn alles wie bisher läuft, bleiben mir noch 6 Jahre bis zum Ziel (Finanzielle Freiheit). Und ich wäre immer noch unter 50.
Die Erfahrung mit „größten Mühen und Anstrengungen“ wurde auch mir nicht erspart. Man wundert sich wie leicht ein Unternehmen einen Mitarbeiter nach 14 Dienstjahren gehen lässt. Dabei ist Knowhow fast das einzige, was in unserer Branche bzw. insbesondere in alter Firma zählt.
Da ich von meinem Angestellten-Job wirklich ausgelaugt bin, werde ich wahrscheinlich echter Privatier (keine Jobs mehr).
Die 4-Tages-Woche hat sich gut bewährt. Bei neuem Arbeitgeber gab es zunächst lange Gesichter, als ich Teilzeit erwähnt habe. Sobald aber geklärt war, dass es sich dabei lediglich um 4-Tage-Woche geht, waren alle erleichtert.
Auch in der neuen Firma habe ich schon einen Nachahmer gewonnen. Ein Stück Freiheit ohne viel Verzicht gibt dem Leben einen neuen Schwung.
Gruß, Andi7
Ein Stück Freiheit ohne viel Verzicht gibt dem Leben einen neuen Schwung.
Ein wahres Wort, das ich aus eigener Erfahrung nur bestätigen kann! Ich habe dazu mal ein paar Vorschläge in meiner kleinen Beitragsserie über den „Zwischenschritt zum Privatier“ gemacht.
Gruß, Der Privatier