Kap. 8.5 Pflegeversicherung
Ich gebe es ja zu: Die Pflegeversicherung hätte eigentlich ein eigenes Kapitel verdient! Schließlich ist sie wichtig genug und ich fürchte, sie wird immer wichtiger.
Andererseits geht es mir dabei genauso, wie wahrscheinlich den meisten unter uns: Die „normale“ Pflegeversicherung wird irgendwie automatisch irgendwo abgebucht und der Rest wird erfolgreich verdrängt.
Aber genau um diesen „Rest“ müssten wir uns eigentlich sehr viel mehr Gedanken machen.
8.5.1 Die gesetzliche Pflegeversicherung
Es ist schon richtig, dass es zu der gesetzlichen Pflegeversicherung nicht viel zu sagen oder zu überlegen gibt. Wenn man das Thema Krankenkasse (wie oben) erfolgreich abgeschlossen hat, dann ist damit das Thema der gesetzlichen Pflegeversicherung gleich mit erledigt. Irgendwelche Optionen oder Varianten gibt es da nicht und insofern kann man das Thema auch erst mal vergessen.
Aber – wie gesagt – das ist nicht genug!
Wer einmal in der Familie oder im näheren Bekanntenkreis einen Pflegefall miterleben musste, der weiß, wovon ich hier rede. Und ich will hier gar nicht von dem Leid auf beiden Seiten und den teilweise unhaltbaren Zuständen bei Pflegediensten oder Pflegeheimen und den unglaublichen, bürokratischen Einstufungsprüfungen zur Feststellung der Pflegestufen reden. Nein, mir geht es hier erst einmal nur um den finanziellen Aspekt.
=> Teilerlass der Kirchensteuer beantragen
Mit: Vorgehensweise und Fallstricke
8.5.2 Pflegekosten
Die finanziellen Probleme, die zu den ganzen anderen Problemen, die ein Pflegefall mit sich bringt, noch hinzu kommen, sollte man nicht unterschätzen.
Die Ursachen für die enormen finanziellen Belastungen, die mit einem Pflegefall verbunden sind, liegen ganz einfach darin begründet, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nur einen Teil der entstehenden Kosten übernimmt. Den Rest müssen der Pflegebedürftige bzw. dessen Ehegatte oder die Kinder tragen.
Damit wir wissen, wovon wird reden, hier ein kurzer Auszug aus einer Zusammenstellung des statistischen Bundesamtes für das Jahr 2011.
Danach betragen die durchschnittlichen monatlichen Heimkosten in Deutschland (inklusive Investitionskosten) für die Pflegestufe III für schwerst Pflegebedürftige, die Tag und Nacht Betreuung benötigen 2.907 Euro.
Neuere Statistiken liegen noch nicht vor, man sollte aber einmal davon ausgehen, dass diese Kosten inzwischen sicher deutlich über 3.000 Euro liegen werden.
Im Übrigen ist die oben genannte Zahl der Durchschnitt von gesamt Deutschland. Dass die Kosten auch deutlich darüber liegen können, zeigt die Zahl aus Nordrhein-Westfalen. Hier waren es bereits im Jahre 2011 immerhin schon 3.357 Euro. Sehr viel günstiger kommen dagegen die Bewohner aus Sachsen-Anhalt weg. Hier sind es nur 2.297 Euro.
Kleine Anmerkung am Rande: Mir ist aus meinen eigenen Erfahrungen absolut nicht klar geworden, wo dieses Geld eigentlich bleibt, denn die Versorgung – so wie ich sie erlebt habe – ist sicherlich medizinisch und rechtlich nicht angreifbar. Aber bei den extrem kurzen Zeitspannen, in denen das bedauernswerte Personal sich um die Pflege der Patienten (inkl. Waschen, Füttern, usw.) kümmern muss, kann ich nicht verstehen, wo diese immensen Kosten eigentlich herkommen. Zumal teilweise auch noch Personal eingesetzt wird, welches keine entsprechenden Qualifikationen aufweist (Zivildienstleistende oder Zeitarbeitsfirmen).
Aber zurück zu den Kosten.
Die oben genannten Kosten entstehen natürlich nur bei einer voll stationären Pflege in der Pflegestufe III. Die Sätze für die Pflegestufe I und II sind entsprechend geringer. Eventuell können diese Pflegefälle auch noch zu Hause durch einen ambulanten Pflegedienst oder durch Angehörige betreut werden, was die Kosten natürlich noch einmal deutlich senken kann. Allerdings sind die Zuschüsse der Pflegekasse dann eben auch bedeutend geringer.
Kommen wir daher noch einmal zurück auf den Pflegefall, der in der Pflegestufe III und einer voll stationären Pflege mit angenommenen monatlichen Kosten von ca. 2.950 Euro zu rechnen hat (sehr vorsichtige Schätzung für 2012).
Demgegenüber steht eine Leistung der Pflegeversicherung (Stand Jan. 2012) in Höhe 1.550 Euro gegenüber.
Eine Lücke von 1.400 Euro ! Und zwar jeden Monat.
Da kann man schon Angst bekommen, oder?
Darum wird es im nächsten Beitrag um „Finanzielle Lücken“ und „Private Pflegeversicherungen“ gehen.
Mein Onkel ist seit einiger Zeit pflegebedürftig. Wir würden gerne einen ambulanten Pflegedienst für ihn organisieren. Danke für den interessanten Artikel über Pflegeversicherung. Es stimmt schon, dass die gesetzliche Pflegeversicherung nicht ausreicht, wenn vollkommen auf Pflege angewiesen ist.
Ich hätte nicht gedacht, dass die durchschnittlichen monatlichen Heimosten über 2000 Euro betragen. Ich nehme aber an, dass s mit einem ambulanten Pflegedienst entsprechend günstiger ist. Dennoch hat mir diese Zahl die Augen geöffnet und ich werde mich denke ich nach einer besseren Versicherung umsehen.
Hallo Privatier, interessant ist, dass es hier nur eine Meinung gibt, da bereits jeder zweite Deutsche als Pflegefall verstirbt. Leider ist das nur die Statistik. Die Eltern meiner Partnerin und auch meine Eltern waren bzw. sind pflegebedürftig. Aktuell sind noch 2 Elternteile in einem Pflegeheim mit Kosten von jeweils ca. 1600€ Eigenanteil, stark ansteigend. Ich kann jedem, der seinen Ausstieg plant nur empfehlen, frühzeitig eine Zusatzversicherung zur finanziellen Absicherung abzuschließen. Denn auch für den geplanten früheren Ausstieg gilt: Ist der Plan auch gut gelungen, verträgt er doch noch Änderungen! Beste Grüße Max
„…empfehlen, frühzeitig eine Zusatzversicherung zur finanziellen Absicherung abzuschließen.“
Richtig. Und wenn man einmal den nächsten und übernächsten Beitrag zu diesem Thema liest, wird man feststellen, dass ich dort gleich zu Beginn eine ähnliche Empfehlung abgegeben habe: https://der-privatier.com/kap-8-5-4-private-zusatzversicherung/
Die Betonung liegt dabei aber auf „frühzeitg“! Wer erst im Alter jenseits der 50 auf solche Ideen kommt (und womöglich bereits Vorerkrankungen hat), wird schnell merken, dass so eine Versicherung nicht gerade billig ist.
Aber vielleicht besteht ja auch eine Chance, dass es bei den Pflegekosten gesetzliche Änderungen gibt? Entsprechende Vorschläge und Ideen wurden ja bereits vorgebracht. Bevor aber jemand fragt: Habe ich mich bisher nicht mit befasst!
Dafür ist dann Zeit genug, wenn es tatsächlich neue Regeln geben sollte.
Gruß, Der Privatier
Hallo Max und Mitleser,
Bundestag und Bundesrat haben im November 2019 ein wichtiges Gesetz verabschiedet. Es entlastet Angehörige finanziell. Es heißt: Angehörigen-Entlastungsgesetz.
Das Gesetz sieht vor, die Unterhaltsheranziehung von Eltern und Kindern mit einem jeweiligen Jahresbruttoeinkommen von bis zu einschließlich 100.000 Euro in der Sozialhilfe auszuschließen. Das bedeutet, dass auf das Einkommen der Kinder von pflegebedürftigen Eltern, die die sogenannte „Hilfe zur Pflege“ erhalten, erst ab einer Höhe ab 100.000 Euro zurückgegriffen werden kann.
Aber für den Fall, dass man SELBST pflegebedürftig wird, hilft dieses neue Gesetz aber NICHT, da braucht man zusätzlich eine eigene Absicherung. Es gibt Pflegetagegeld-Versicherungen, die im Falle eigener Pflegebedürftigkeit monatlich ein Pflegetagegeld bezahlen. Man kann als alternative Absicherung auch dafür Rücklagen bilden, es dürfte aber schwer werden die notwendige Höhe zu erreichen. Deswegen habe ich vor einigen Jahren eine Pflegetagegeldversicherung abgeschlossen, die sich alle 3 Jahre erhöhen läßt (ohne erneute Gesundheitsprüfung), sodass der Beitrag erst im Laufe der Zeit steigt und die finanziellen Ressourcen schont.
Auch als (zukünftiger) Privatier darf man dieses Risiko nicht ausblenden.
Gruß Gerhard