Top oder Flop – Folge 13: Tücken der Prozentrechnung
Keine Angst – ich will meinen Lesern hier nicht die Prozentrechnung beibringen!
Ich hoffe einmal – oder besser: Ich gehe davon aus, dass jeder, der hier mitliest, diese an sich ja recht einfache Rechenart beherrscht. Auf der anderen Seite birgt sie aber auch so einige Tücken und da ich selber hin und wieder auf solche hereinfalle, denke ich, ich sollte einmal ein paar solcher Beispiele erzählen.
Ein ganz besonders peinliches Exemplar liegt schon etliche Jahre zurück. Es ist mir aber noch gut in Erinnerung geblieben, weil ich mich beim Erkennen meines Fehlers doch schon sehr über meine Blödheit gewundert habe.
Es begab sich nämlich zu der Zeit, als ich noch in einem 40-Std. Job als Angestellter gearbeitet habe. Schon damals hatte ich aber das Gefühl, dass ich meine wertvolle Lebenszeit lieber mit anderen Dingen verbringen möchte, als hinter einem Schreibtisch zu sitzen und ein paar komischen Silizium-Chips fragwürdigen Unsinn beizubringen.
Und so habe ich bei einer der reichlichen Übernahmen und Umstrukturierungen, die ich in meiner Berufslaufbahn mitmachen durfte, die Gelegenheit beim Schopfe gepackt, als ich durch eine solche Maßnahme in einen anderen Tarif/Gruppe/Vertrag eingestuft wurde, wo eigentlich die 35 Std. Woche „normal“ war.
Zunächst wurden zwar Gehalt UND Stundenzahl unverändert übernommen, aber ich habe mich bei meinem Chef und der Personalabteilung nach der Möglichkeit einer Reduzierung meiner Stunden von 40 auf 35 erkundigt.
Kein Problem! Allerdings (natürlich…): Mit vollem Gehaltsabzug.
Okay – das war mir schon vorher klar. Aber besser noch mal nachrechnen, auf wie viel ich denn verzichten müsste.
Vorab muss ich allerdings noch ergänzen, dass ich zu diesem Zeitpunkt noch ledig war und es nicht anders kannte, dass von jeder Gehaltserhöhung von z.B. 200 Euro bei mir nur 100 Euro Netto ankamen. Die anderen 50% der Erhöhung gingen regelmäßig für Steuern und Sozialabgaben drauf. Und mit diesem 50%igen Abzug im Hinterkopf ging es also nun ans Rechnen.
Fünf Stunden weniger bei der wöchentlichen Arbeitszeit, macht bei zuvor 40 Std. eine Reduzierung von 12,5%. Um diesen Wert würde sich also mein Bruttogehalt verringern, wenn ich auf die 35-Std.-Woche wechseln würde. Soweit die Rechnung für das Bruttogehalt. Interessant ist aber eigentlich nur das, was Netto übrig bleibt. Und da sich bei mir Änderungen des Bruttogehaltes immer etwa zur Hälfte auf das Nettogehalt auswirkten, wären das also in etwa 6,25 % weniger.
Mein damaliges Nettogehalt habe ich vergessen. Spielt aber auch keine Rolle. Jedenfalls habe ich die Reduzierung der Stunden als einen guten Deal empfunden. Deutlich mehr als 10% weniger arbeiten und dafür nur etwa 6% weniger Gehalt in der Tasche. Manchmal haben hohe Abzüge eben auch ihre Vorteile. Was sich bei einer Gehaltserhöhung negativ bemerkbar macht, wirkt bei einer Reduzierung eben positiv. Eigentlich ganz einfach. Und logisch.
Zumindest so lange, bis die erste Gehaltsabrechnung kam. Denn da musste ich auf einmal feststellen, dass der Abschlag von meinem Nettogehalt ungefähr doppelt so hoch war, wie ich es angenommen hatte.
Doppelt! Das ist schon viel…
Ich bin sicher, ich kann mir eine Erklärung sparen. Der aufmerksame Leser wird wohl direkt gemerkt haben, wo mein Denkfehler war. Falls es jemand nicht gemerkt haben sollte, so freut mich das. Dann bin ich wenigstens nicht der Einzige.
Aber mit ein wenig Nachdenken kommt man dann doch schnell dahinter. Das muss ich zu meiner Ehrenrettung auch noch sagen, dass ich nur einen kurzen Schreckmoment gebraucht habe, um zu verstehen, was ich da gerechnet hatte. Dann war mir alles klar.
Allerdings (wie man merkt) sitzt der Schock tief. Und wirkt auch heute, ca. 15 Jahre später, immer noch nach. So etwas vergesse ich nicht…
Und zumindest für diese spezielle Situation war meine Art der Prozentrechnung: Ein Flop !
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Na ja….. ganz einfache Faustformel – wenn mein Brutto um 10% steigt, dann steigt auch mein Netto um 10%. Beeinflusst werden die Ergebnisse negativ unter der Beitragsbemessungsgrenze (hier schlägt die Progression zu, so dass es effektiv eher 9% sind) und positiv über der Beitragsbemessungsgrenze (hier ist die Abgabenlast für jeden „hinzuverdienten“ Euro wegen der sv-freiheit geringer, so dass der Zuverdienst netto eher 11% sind).
Mal als Beispiel (unter Annahme von 50% Abgabenlast). Ich verdiene 4000€ Brutto – das sind dann 2000€ Netto.
Verdiene ich 10% mehr, sind es 4000€ + 400€ = 4400€ Brutto oder aber 2000€ + 200€ = 2200€ Netto.
Tja – wie Du schon sagst: Eigentlich ganz einfach!
Aber manchmal macht man (oder besser gesagt: ICH) eben doch einen Denkfehler.
Was ich im Beitrag oben noch vergessen habe: Auch wenn mir dieser etwas peinliche Denkfehler unterlaufen ist, habe ich doch auch über meine Dummheit lachen können. Und die Entscheidung auf die 35Std. Woche zu wechseln keine einzige Sekunde bereut. Schließlich entsprach dieser Schritt damals (wie heute) meinem Grundmotto: Zeit ist mehr wert als Geld.
Gruß, Der Privatier
Hinzu kommt noch der andere Fallstrick ob die Prozente von ‚oben‘ oder ‚unten‘ gerechnet werden. Das führt dann z.B. zum netten Unterschied zwischen Gewinn und Marge.
Bestes Beispiel: Bekommst man heute 50% mehr (z.B: EUR 100 -> EUR 150) musst aber irgendwann wieder 50% hergeben (im Beispiel EUR 150 -> EUR 75) hat man weniger als vorher 😉
Nun verrate doch nicht alles! 😉 Da wollte ich doch auch noch einen Beitrag drüber schreiben.
Naja – egal: Mach‘ ich trotzdem!
Gruß, Der Privatier
Ich finde schon, daß man die Chose erklären sollte, zumal Du Deine Leser oben ganz schön in die Irre schickst und die Auflösung nur andeutest.
Wenn der Abgabensatz konstant bleibt, dann wirkt sich eine prozentuale Änderung des Bruttoeinkommens prozentual genauso beim Nettoeinkommen aus: 10% weniger Bruttoeinkommen – 10% weniger Nettoeinkommen.
Es gibt eine Gehaltszone, bei der das so ist, nämlich am oberen Ende der Progressionszone, wo der Steuersatz nicht mehr weiter steigt, die Sozialversicherungsbeiträge aber noch nicht prozentual sinken.
Als ich damals meine Arbeitszeit reduzierte, habe ich wohl deutlich weniger verdient als Du: Mein Bruttoeinkommen hat sich proportional um 20% verringert, das Nettoeinkommen aber unterproportional nur um 12%.
Die Abhängigkeit verdeutlicht folgendes Schaubild:
https://logicorum.files.wordpress.com/2011/04/steuern-abgaben-graphik.jpg
Für die Gesamtabgabenbelastung muß man die Steuer und die Sozialversicherungsabgaben zusammenrechnen.
(Ich weiß nicht, von wann die Zahlen stammen, sie ändern sich jedes Jahr. Die Graphik soll keine Rechengrundlage sein, sondern nur das Prinzip verdeutlichen).
„Wenn der Abgabensatz konstant bleibt, dann wirkt sich eine prozentuale Änderung des Bruttoeinkommens prozentual genauso beim Nettoeinkommen aus: 10% weniger Bruttoeinkommen – 10% weniger Nettoeinkommen.“
Ja richtig: Das war natürlich genau die richtige Antwort und die richtige Rechnung.
Dass es darüberhinaus noch kleinere Abweichungen aufgrund der Steuerprogression geben könnte, ist natürlich richtig. So genau wollte ich damals aber gar nicht rechnen und heute kann ich nicht mehr sagen, wie sich das ausgewirkt hat.
Trotzdem danke für den Hinweis und die Graphik.
Gruß, Der Privatier
Ich hoffe, dass meine Frage in dieses Forum passt?
Jemand hat einen Entwicklungsplan
Für 2 Jahre 4 % Gehaltserhöhung hat er letztes Jahr ausgehandelt. Jetzt zahlt die Firma 3.2% Inflationszulage für alle Mitarbeiter. Die Firma ist nicht in der Gewerkschaft und hat keinen Betriebsrat. Nun sollen die 3.2% auf den Entwicklungsplan angerechnet werden der letztes Jahr alleine erkämpft wurde.
Gibt es da einen Paragraph auf den man sich im Arbeitsrecht berufen kann. Dass man auf Beides ein Anrecht hat. Also die vereinbarten 4% und darauf die 3.2 % als Inflationsausgleich. Es handelt sich hier nicht um die Einmalzahlung, die ja jetzt von den Arbeitgebern bis 3000 Euro steuerfrei bezahlt werden kann.
Die Inflationsausgleichsprämie ist eine freiwillge Leistung des AGs. Ob, wann und in welcher Höhe er diese zahlt, liegt ganz im Ermessen des AGs. Sie haben also keinen Anspruch darauf.
Oftmals wird es jedoch auch als Vorteil gesehen, wenn anstatt einer Gehaltserhöhung die Inflationsprämie gezahlt wird, denn die Inflationsprämie ist von sämtlichen Abgaben befreit, wohingegen von einer Gehaltserhöhung oftmals nur die Hälfte übrig bleibt.
Ob Sie auf der Einhaltung des sog. „Entwicklungsplan“ bestehen können, müsste ggfs. ein Jurist prüfen. Allerdings dürften Sie in diesem Falle auf die Inflationsprämie wohl verzichten müssen.
Gruß, Der Privatier
Könnte schon sein, daß eine Gewerkschaft die Inflationsausgleichsprämie als Lohnerhöhung herausverhandelt (in meinem Fall war das so). In diesem Fall ist die Zahlung keineswegs fakultativ für den Arbeitgeber.
Die „Inflationsausgleichsprämie“ kommt netto beim Angestellten an. Damit ist sie für beide Teile erheblich günstiger als eine „normale“ Lohnerhöhung, die versteuert und verbeitragt wird, wobei der nicht fällige und nicht bezahlte Rentenbeitrag dem Mitarbeiter in der Rentenzeit natürlich fehlt. Die Laufzeit des dazugehörigen Tarifvertrags muß halt dazu passen.
Auch Ella (oder ihr Bekannter) spart sich die Steuer und ggf. die Beiträge zur Krankenversicherung und zur Arbeitslosenversicherung. Alles weitere wird sie (oder ihr Bekannter) beim nächsten Personalgespräch wohl ansprechen müssen. Einschlägiges Recht dazu wäre mir nicht bekannt.