Top oder Flop – Folge 35: Stopp-Loss Order
Eine der bekannten Börsenweisheiten, die man überall lesen kann, lautet:
„Gewinne laufen lassen – Verluste begrenzen!“
Und natürlich ist diese Regel richtig und es ist auch wichtig, sie hin und wieder einmal zu erwähnen. Denn nur allzu leicht verfallen viele Börsianer einer tief im menschlichen Unterbewußtsein verwurzelten Verlustaversion und begehen deshalb gleich zwei Fehler:
Steigt der Kurs der gekauften Aktien und es ist ein kleiner Gewinn zu verzeichnen, so wird dieser viel zu früh mitgenommen. Hier wäre der Schmerz, den einmal in den Händen geglaubten Gewinn wieder zu verlieren, größer als die Freude über einem womöglich noch höheren Gewinn. Daher wird verkauft. Oftmals zu früh.
Der zweite Fehler passiert in der entgegengesetzten Richtung: Fällt der Kurs der Aktie nämlich, so wird eisern daran festgehalten, immer in der Hoffnung, der Kurs würde sich schon noch erholen. In diesem Falle möchte der Anleger den Schmerz eines realisierten Verlustes nicht ertragen.
Dabei wäre es umgekehrt viel sinnvoller: In einer Aufwärtsbewegung möglichst lange dabei bleiben, bei einer sich abzeichnenden Abwärtsbewegung bei noch überschaubaren Verlusten schnell aussteigen.
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Die Stopp-Loss Order
Aber wie macht man das am geschicktesten? Als geeignetes Mittel sowohl für die Begrenzung von Verlusten, als auch zum entspannten Gewinne-laufen-lassen wird immer gerne die Stopp-Loss Order empfohlen.
Das Prinzip ist einfach: Man gibt ein Limit vor und fällt der Aktien-Kurs unter dieses Limit, wird automatisch verkauft. Für den Verlustfall kann man auf diese Weise bereits beim Kauf der Aktie festlegen, welchen Verlust man maximal bereits ist, zu akzeptieren. Fällt der Kurs darunter, wird verkauft.
Aber auch bei steigenden Kursen kann mit einer Stopp-Loss Order der einmal erreichte Gewinn gesichert werden. Steigen die Kurse weiter, muss das Limit ggfs. nachgeführt werden. Dazu später mehr.
Insofern bieten Stopp-Loss-Orders also eine leicht durchzuführende Maßnahme, sein Depot (in beide Richtungen) abzusichern. Aber ist das wirklich so ideal, wie es oft angepriesen wird?
Das Problem
Das Problem fängt schon damit an, das Limit richtig zu wählen. Für die Verlustseite ist es vielleicht noch relativ einfach: Wenn man sich als Regel gesetzt hat, dass man z.B. einen maximalen Verlust von 10% akzeptieren möchte, setzt man das Limit eben 10% unter den Einstandskurs – und fertig.
Etwas schwieriger wird es schon bei der Absicherung eines Gewinnes. Setzt man nämlich dort das Limit zu nah unterhalb des aktuellen Kurses, besteht die Gefahr, dass man seinen schönen Gewinner bei der kleinsten Zuckung der Kurse los ist. Was man ja eigentlich gar nicht vor hatte.
Setzt man das Limit aber mit einem deutlichen Abstand, so hat man ein anderes Problem: Denn der aktuelle Gewinn ist ja nicht wirklich gesichert, sondern man verschenkt durch den großen Abstand eben auch wieder einen großen Teil des Buchgewinnes.
Doch damit nicht genug: Denn es lauern auch noch Gefahren.
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Die Gefahren
Die erste Gefahr ist ziemlich offensichtlich und sollte eigentlich auch jedem bekannt sein, der Stopp-Loss Orders verwendet:
Wird nämlich die Stopp-Loss Marke erreicht bzw. unterschritten, wird die Stopp-Loss Order zu einer unlimitierten Verkaufsorder. D.h. die betreffenden Papiere werden zu irgendeinem beliebigen Preis verkauft. Und der kann deutlich unterhalb des ursprünglichen Limits liegen. Gerade in Crash-Phasen, vor denen man sich ja eigentlich schützen wollte, ist dies an der Tagesordnung und manch einer hat hier schon ein böses Erwachen erlebt.
Um diesem Effekt entgegen zu wirken, bieten einige Broker die sog. Stopp-Loss-Limit Order an. Damit wird dann eben keine unlimitierte Verkaufsorder ausgelöst, sondern eine limitierte. Lege ich also einen Stopp-Loss bei 50€ und ein zusätzliches Limit bei 49€, so wird nur verkauft, wenn mindestens 49€ erreicht werden. Die Gefahr dabei liegt auf der Hand: Bei einem Durchsacken der Kurse, wird das Limit von 49€ nicht mehr erreicht, das Papier wird nicht vekauft und der ganze Sinn der Aktion ist weg.
Aus meiner Sicht daher eine völlig sinnlose Orderart. Wird daher auch nicht häufig angeboten.
Ist aber schon der „normale“ Ablauf aufgrund des unlimitierten Verkaufs äußerst zweifelhaft, so lauert aber noch eine weitere Gefahr:
Ausgetrickst
Denn ich möchte fast wetten, dass jeder, der mit Stopp-Loss-Orders gearbeitet hat, die Situation kennt:
Der Kurs der Aktie fällt, unterschreitet kurz das Limit, die Verkaufsorder wird ausgelöst, die Papiere sind weg und anschließend dreht der Kurs wieder oben. Und zwar stetig… Kennt man, oder?
Das kann jetzt natürlich Zufall sein oder einfach daran liegen, dass man das Limit zu eng unter dem Kurs platziert hat. Muss aber nicht. Das passiert auch bei einem eigentlich deutlichen Abstand. Und dann ist es sogar noch viel ärgerlicher. Denn dann sind die Papiere nicht nur weg, sondern auch noch zu einem deutlich geringeren Kurs als nötig.
Viele fühlen sich in so einer Situation ausgetrickst, weil man wirklich den Eindruck gewinnt, der Markt habe extra den kleinen Rückwärtsgang eingelegt, um das Limit zu durchbrechen. Und all denen sei gesagt: Das Gefühl trügt nicht – genau so ist es.
Auf Liquidität achten!
Allerdings nur in Märkten, die keine große Liquidität aufweisen. Wer eine Siemens-Aktie im Xetra-Handel verkaufen will, dem passiert das eher nicht. Aber bei Papieren, die in nicht ganz so großen Stückzahlen gehandelt werden oder bei denen nicht im Sekundentakt Käufe und Verkäufe stattfinden, ist die Gefahr sehr groß. Vorsicht ist auch bei sehr frühen oder späten Handelszeiten geboten, die oftmals an Regionalbörsen oder im außerbörslichen Handel angeboten werden. Auch hier ist der Handel manchmal sehr dünn und man fällt leicht in diese Limit-Falle.
Der zugrunde liegende Mechanismus ist dabei sehr einfach: Heutzutage geschieht die Zuordnung von Kauf- und Verkaufsaufträgen meistens vollautomatisch durch Computer-Programme. In einem wenig liquiden Markt liegen nun Geld- und Brief-Kurse weit auseinander, so dass kein Handel zustande kommt. Das Programm eines Marketmakers kann nun aber feststellen, dass jemand mit einer Stopp-Loss Order zu einem sehr günstigen Kurs verkaufen müsste, wenn sich denn der Kurs in diese Richtung bewegen würde. Wenn die Abweichung nun nicht allzu dramatisch ist, kann der Marketmaker (die Software) in Bruchteilen von Sekunden einen schnellen Handel mit sich selbst zu diesem Zielkurs machen. Damit wird das Limit ausgelöst. Der Marketmaker sammelt die billigen Papiere ein und anschließend stehen Geld- und Brief-Kurs wieder wie vorher. Und der Market-Maker hat billig eingekauft.
Fazit
Mein Fazit daher: Bei mir gehören Stopp-Loss Order keinesfalls zur Standardabsicherung meines Depots. Normalerweise verwende ich sie nicht. Unter anderem auch deshalb, weil ich oftmals eher wenig liquide Titel in meinem Depot habe (Anleihen, ausl. Werte, Zertifikate, etc.).
Wenn ich Stopp-Loss Orders einmal einsetze, dann als Alternative zu einer simplen Verkaufsorder. D.h. wenn ich eigentlich entschlossen bin, einen Wert zu verkaufen, aber nicht sicher bin, ob er noch ein paar Tage (Wochen) weiter steigen wird. In diesem Falle setze ich ein relativ engen Stopp-Loss in der Variante des Trailing-Stopp-Loss, d.h. das Limit wird automatisch immer hinter dem Höchststand der Aktie hinterher gezogen. Und das auch nur in liquiden Werten und an Börsen und zu Zeiten, in denen ein ausreichender Handel gegeben ist. Sonst nicht.
Von daher: Weder Top, noch Flop – aber mit äußerster Vorsicht zu genießen!
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Wir verwenden Stopp Loss. Allerdings in einer noch etwas anderen Weise. Das Orginaldepot ist nochmal in einem Musterdepot gespiegelt. Dort sind die Stopp Loss bzw . sogar die dynamischen Stopp Loss gesetzt. Wird jetzt eine dieser Limits gerissen,bekommen wir eine Nachricht und schauen uns die Situation im Orginaldepot an. Dann entscheiden wir. Nicht selten war die Entscheidung dann, die Werte nachzukaufen.
Die Vorgehensweise entstand aus der Erfahrung heraus, das Werte ,wie von Dir beschrieben, an ihrem Limit verkauft wurden und dann jahrelang ins Plus drehten.
Interessante Idee bzw. Vorgehensweise!
Und welche Bank/Broker bietet einen solchen Service, wo man sogar im Musterdepot dynamische Stopp Loss Limits setzen kann? Das bieten nämlich längst nicht alle in ihren echten Real-Depots!
Gruß, Der Privatier
Peters Frage interessiert mich auch sehr, welches Musterdepot (App?) bietet Benachrichtigungen und Trailing Stop Loss Orders an?
SL ist wirklich nicht empfehlenswert, besonders wenn man sich zurückkehnen möchte. Denn am Ende des Handelstages werden auch für liquide DAX Werte bei Trade Gate und anderen noch Kurse gestellt und deine SL Order mit längerer Laufzeit ist dann dort für die market maker sichtbar.
LG Markus