Ach was? – Progressionsvorbehalt
Der Anlass für den heutigen Beitrag ist eine kleine Serie über die Fünftelregel, in der ich anhand einiger Beispiele die korrekte Vorgehensweise zur Berechnung der Fünftelregel erläutere.
Wer dies gerne einmal von Beginn an lesen möchte, kann dies mit der ersten Folge der Serie über „Hinweise zur Fünftelregel: Grundlegendes“ .
In einer der kommenden Folgen dieser Serie möchte ich nun ein Beispiel erläutern, wie die Fünftelregel mit Einkünften funktioniert, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen (also z.B. Arbeitslosengeld oder Krankengeld).
Und dazu wäre es ganz hilfreich, wenn man vorab das Prinzip des Progressionsvorbehaltes verstanden hätte. Und darum der heutige Beitrag.
=> Serie: Hinweise zur Fünftelregel
Mit: Grundlagen, Berechnungen, Beispiele
Steuerfrei – oder doch nicht?
Von vielen Sozialleistungen liest man immer, dass sie steuerfrei seien. Welche dies sind, ist im §32b EStG aufgelistet. Hier findet man u.a. das Arbeitslosengeld, das Krankengeld und das Elterngeld (und ein paar andere mehr).
Die Leistungen selber sind also steuerfrei, sie unterliegen aber dem sog. Progressionsvorbehalt.
Und wie genau funktioniert das nun in der Praxis?
Wie die meisten wissen werden, ist der Einkommensteuertarif in einem weiten Bereich progressiv ausgelegt, d.h. je höher das Einkommen ist, desto höher wird auch der Steuersatz (also der Prozentsatz, mit dem die Steuer berechnet wird).
Hat man nun Einkünfte, die dem Progressionsvorbehalt unterliegen, so werden diese Einkünfte zunächst zum „normalen“ Einkommen hinzuaddiert und für dieses fiktive Einkommen der Steuersatz festgestellt. Aufgrund des progressiven Verlaufes des Steuertarifs ist dieser Prozentsatz dann höher als vorher. Anschließend werden die steuerfreien Einkünfte wieder abgezogen und der höhere Steuersatz dann auf das normale Einkommen angewandt.
Einkünfte unter Progressionsvorbehalt sind daher zwar selber steuerfrei, aber sie erhöhen den Steuersatz und führen damit in den meisten Fällen zu einer höheren Steuerlast.
Ein Beispiel
Zur Verdeutlichung der Vorgehensweise wandeln wir noch einmal das Beispiel aus der Serie über die Fünftelregel ein wenig ab:
Hr. Müller ist zum Ende April von seiner Firma gekündigt worden und hat bis dahin noch ein Gehalt von 15.000 Euro erhalten. Eine Abfindung hat Hr. Müller in diesem Beispiel nicht bekommen, er hat sich aber sofort arbeitslos gemeldet und ohne Sperre etc. für die restlichen 8 Monate des Jahres ein Arbeitslosengeld von 2.000€/Monat , insgesamt also 16.000€ erhalten. Außerdem haben Hr. und Frau Müller noch weitere regelmäßige Einkünfte aus einer Vermietung in Höhe von jährlich 5.000 Euro.
Weitere Details wie z.B. Sonderausgaben, Werbungskosten usw. sollten zur Verdeutlichung des Sachverhaltes hier nicht berücksichtigt werden.
Um die Steuerbelastung zu ermitteln, wird wie folgt gerechnet:
* Das zu versteuernde Einkommen beträgt ohne das Arbeitslosengeld 15.000€ + 5.000€ = 20.000€
* Lt. Splittingtabelle (2021) beträgt die Steuer darauf: 72€ mit einem durchschnittlichen Steuersatz von ca. 0,36%.
* Zur Berechnung des Progressionsvorbehaltes wird nun zunächst das Arbeitslosengeld zum normalen Einkommen hinzuaddiert, also: 20.000€ + 16.000€ = 36.000€
* Der Durchschnittsteuersatz beträgt bei 36.000€ bereits 9,73%.
* Dieser höhere Steuersatz wird nun auf das zu versteuernde Einkommen von 20.000€ angewandt und es ergibt sich eine Steuer von 20.000€ * 9,73% = 1.946€
Wenn man einmal vergleicht, so ist die Steuerschuld von 1.946€ (mit Arbeitslosengeld) im Vergleich zur Steuer von 72€ (ohne Arbeitslosengeld) um 1.874€ gestiegen. Oder, im Bezug auf das erhaltene Arbeitslosengeld von 16.000€ wären dies ca. 11,7%.
=> Ausgleichszahlung für Rentenabschlag
Mit: Kosten und Vorgehensweise, Beispielrechnung
Resultat
So ganz „steuerfrei“ sind die sog. steuerfreien Leistungen wie z.B. Arbeitslosengeld oder Krankengeld im Resultat in der Regel nicht. Das oben beschriebene Beispiel ist aber nicht repräsentativ, der Progressionsvorbehalt kann sich je nach Konstellation sowohl weniger stark, als auch deutlich stärker auswirken.
Wer einmal „auf die Schnelle“ ein Gefühl für die Wirkung des Progressionsvorbehaltes bekommen will, kann sich z.B. mit dem Progressionsvorbehaltsrechner des Bayerischen Landesamts für Steuern einen ersten Eindruck verschaffen. Ich möchte aber ausdrücklich darauf hinweisen, dass der Rechner nicht im Zusammenhang mit Abfindungen anzuwenden ist!
Wie das dann funktioniert, schauen wir uns in der nächsten Folge aus der Reihe über die Hinweise zur Fünftelregel (mit ALG-Bezug) an.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Ein weiterer Anwendungsfall für Progressionsvorbehalt ist die Aufstockung in Altersteilzeit. Das war bei mir letztes Jahr 10811€, wodurch ich 1402€ (13%) nachzahlen musste.
Nicht besteuert wurde die Aufstockung der AG-RV-Beiträge. Auch auf Altersvorsorgeaufwendungen wurde die nicht angerechnet (aber natürlich die AG-Pflichtbeiträge).
Ja, richtig: Die Liste der unter Progressionsbehalt zu versteuernden Einkünfte im §32b EStG ist erstaunlich lang. Und die Aufstockungsbeträge in der Altersteilzeit gehören auch dazu.
Gruß, Der Privatier
Lieber Privatier,
erst mal vielen Dank für die Möglichkeit an Deinen Erfahrungen teilhaben zu dürfen. Ich verfolge deinen Blog nun schon seit ein paar Jahren und finde immer wieder (wie anscheinend viele andere auch) Parallelen in meinem Werdegang zu dem was Du schilderst.
Aus aktuellem Anlass fiebere ich deinem nächsten Beitrag entgegen, da ich Anfang dieser Woche eine Abfindung angeboten bekommen habe und nun überlege ob ich sie zum Januar 2019 annehme. Die steuerlichen Belastungen der Kombination einer einjährigen „Probe-Privatierzeit“ (ALG1/Gründerzuschuss in 2019) mit der Abfindung (unter Anwendung der Fünftelregelung) ist genau der Baustein den ich brauche, um die Entscheidungsfindung zu verbessern. Je nachdem wie hoch der Progressionsvorbehalt sich auf die Abfindung und ALG1 auswirkt, bin ich 3 bis 5 Jahre „sorgenfrei“.
Nur zur Gewissensberuhigung… Selbstbewohnte Immobilie ist abbezahlt, meine Frau kann unsere Kosten notfalls alleine tragen, die Abfindung erlaubt es mir (zusätzlich zu dem einen Jahr ALG1/Gründerzuschuss) bereits jetzt weitere 3 Jahre alle Kosten der Familie zu decken. Ich bin derzeit auch noch ein paar Jahre von der magischen 50 entfernt (anscheinend soll es ab diesem Zeitpunkt schwieriger werden einen adäquaten Job zu finden) – sollte also auch hoffentlich nach ein-zwei Jahren wieder einen Job finden können, falls das mit dem Leben als Privatier doch nicht so gut läuft :).
Vielen Dank – und lass uns bitte nicht zu lange zappeln.
Beste Grüße,
Michael-at-home
Der Beitrag wird ganz sicher kommen. Und wenn nichts dazwischen kommt, wird es voraussichtlich auch der nächste Beitrag werden. Vor Ende nächster Woche werde ich allerdings nicht dazu kommen. Aber dann…
Gruß, Der Privatier
Lieber Privatier, liebe „Mitstreiter“
Habe unterschrieben…. meine Vertrag läuft im Nov. aus, Abfindung wird im Januar ausbezahlt, Sperre ALG 1 beträgt 1 Monat
Ich habe jetzt die Entscheidung zu treffen, ob ich Dispojahr oder ALG1 nehme und /oder auch direkt die Betriebsrente in Anspruch nehme.
Aus dem Studium der vielen Beiträge hab ich entnommen, dass die Betriebsrente für ALG1 unschädlich ist.
Aber unterliegt sie der Steuerpflicht oder dem Progressionsvorbehalt? Dann verpufft ja der Effekt der Fünftelregelung?
Dass ALG dem Progressionsvorbehalt unterliegt, berücksichtige ich bereits bei meinen Überlegungen.
Kann mir bitte jemand einen Tip geben ?
Danke! HL
Wenn die Abfindung hoch genug ist, in 2020 davon leben, entweder Dispojahr oder nach
Arbeitslosmeldung wieder abmelden und dann ab 2021 ALG 1 und evtl parallel Betriebrente.
Erhöht auf jeden Fall auch den gesetzlichen Rentenanspruch, den der Betriebsrente eventuell auch.
Am besten mit einem Steuerprogramm durchspielen.
Bei Betriebsrenten gibt es eine ziemliche Vielfalt von Varianten, die auch alle steuerlich unterschiedlich behandelt werden. Hängt immer davon, wer eingezahlt hat und in welchem Maße es Förderungen bereits in der Einzahlphase gegeben hat.
Wenn es um eine möglichst exakte Einschätzung geht, würde ich da einen Steuerberater hinzuziehen, ansonsten als grobe Näherung damit kalkulieren, dass der volle Betrag zu versteuern ist (es ist meistens weniger…).
Gruß, Der Privatier
Aussetzung des Progressionsvorbehalts,der im Herbst genauer festgelegt werden soll.
Ich hoffe das dieses aussetzen auch für Alg 1 erfolgt und nicht nur für KuG.
Ansonsten müsste das Finanzamt ja jeden Antrag auf seine Corona bedingte Lohnersatzleistungen hin prüfen.Auch im Sinne einer Gleichbehandlung aller Steuerzahler müsste ein aussetzen der Progression bei allen Lohnersatzleistungen egal welcher Ursache erfolgen.
Für mich würde es eine nicht unerhebliche Entlastung bedeuten da ich 2020 ganzjährig
Alg 1 beziehen werde und mit dem Einkommen meiner Frau veranlagt werde.
Eine Einzelveranlagung meiner Frau und mir würde diesen Effekt nur etwas mildern.
Gruß an alle Martin
Der Antrag stammt von der Opposition, daher ist fraglich ob es eine Mehrheit dazu geben wird.
Die Argumentation zielt auf die Coronakrise und das Jahr 2020 ab. Aber warum soll eine Lohnersatzleistung in 2020 keinem Progressionsvorbehalt unterliegen, einen Lohnersatzleistung in 2019 oder 2021 ff aber nicht?
Wenn ich wetten müsste, dann würde ich darauf setzen, dass der Antrag abgelehnt wird.
pfalsch geschriepen:
aber doch!
Noch eine Wette, Soli 2021 abschaffen, auch auf Abfindung. Wette, daß abgelehnt würde, aber täte gerne verlieren. Also die Wette.
Ob der Antrag nun Erfolg hat oder nicht, wage ich ebenfalls zu bezweifeln. Und dabei scheint es ja auch zunächst lediglich um das Kurzarbeitergeld zu gehen.
Eine Ausweitung auf andere Lohnersatzleistungen kann ich da nicht erkennen und sehe dafür auch kaum einen Anlass. Wer z.B. in 2020 ganzjährig ALG1 bezieht, wird dies wohl nicht als Corona-Folge darstellen können.
Gruß, Der Privatier
Moin Zusammen,
der Vorschlag der FDP wurde (aktueller Stand – siehe Link) abgelehnt … ABER !!! Die CDU/CSU + SPD wollen einen eigenen Vorschlag noch im Herbst unterbreiten, es wird auch evt. für 2021 ein Progressionsentfall geben und jetzt wieder ein ABER !!! … das gilt dann nur für KUG.
http://dipbt.bundestag.de/extrakt/ba/WP19/2627/262793.html
Den Link zu CDU/CSU + SPD muss ich noch einmal heraussuchen und einstellen.
Gruß
Lars
Hallo an die Steueroptimierer,
Der Progressionsvorbehalt wird mich wohl in 2021 ereilen, wenn ALG1 (nach Dispojahr+1 Tag) zusätzlich zu den nicht zu vermeidenden anderen steuerpflichtigen Einkünften gezahlt wird.
Um die Auswirkungen zu verringern, muss man Geld sinnvoll und steuerrelevant ausgeben, stimmt‘s? Dazu die Frage:
Werden diese Ausgaben, die man absetzen möchte, a) von den sonstigen Einkünften oder b) von den progressionsbehafteten (ALG1) Einkünften abgezogen, bevor man anfängt, in die Steuertabelle(n) zu schauen?
Fall b) wäre für den Steuerzahler der bessere Fall, aber ich befürchte, dass König Olaf das anders sieht…
Bert
a)
🙁
Lieber Privatier, liebe Mitinteressenten,
ich lese seit geraumer Zeit diese Seiten und möchte mich zunächst bei Dir Privatier recht herzlich Bedanken. Es gibt nicht mehr viele Menschen die anderen helfen wollen.
So jetzt stehe ich selbst, obwohl ich nie damit gerechnet hätte, tatsächlich vor einige dieser Probleme und würde mich über Tipps und Hilfen von Euch freuen.
Ich habe im Juni zum 30.12.2020 einen Aufhebungsvertrag mit einer Abfindungssumme, Auszahlung im Januar 2021, unterschrieben. Sagen wir mal die Summe ist 150.000EUR. Wie gehe ich jetzt am besten vor?
Mög.1) Gesundheitsbedingt könnte es passieren, dass ich im November/Dezember in den Krankengeldbezug falle und somit nächstes Jahr 2021 weiterhin Krankengeld bekomme. Würde sich dies negativ auf die Abfindungssumme auswirken?
Mög.2) Alles mögliche versuchen um Krankengeld zu vermeiden und ohne jegliche Einnahmen nächstes Jahr mit Abfindung überbrücken. Da ich freiwillig krankenversichert bin, müsste ich allerdings die Krankenversicherung selbst bezahlen.
Mög.3) zum 31.12.2020 arbeitslos melden und Arbeitslosengeld für 2021 beantragen?
Mög.4) zum 31.12.2020 arbeitslos melden, im Januar 2021 aber sofort wieder abmelden und im Jahr 2021 von der Abfindung leben, dafür am 31.12.2021 Arbeitslosengeld erneut beantragen?
Zur Info, ich bin 52 Jahre und verheiratet. Mein Mann arbeitet auch und wir wurden in der Vergangenheit gemeinsam mit 4/4 veranlagt.
Danke für Eure Tipps.
1 sofern dazu nichts im Aufhebungsvertrag steht, sehe ich nicht warum …
2 ein paar Wochen Krankengeldbezug machen den Kohl nicht fett, die KK-Beiträge wirken steuermmindernd. Notfalls eine KK-Vorauszahlung machen (sofern die Kasse einverstanden ist).
3,4 ergibt Kürzung der Anspruchsdauer um 25%, warum hast Du 5.) Dispojahr nicht aufgeführt? (oder war 2 die Umschreibung dafür?)
Der steuerliche Selbstmord von zusätzlichen Einnahmen zur Abfindung ist dir ja bewusst 🙂
Ich vermute mal, dass Einzelveranlagung sinnvoll ist, aber ein ewiger Junggeselle sollte dazu besser nichts sagen.
Das Krankengeld unterliegt dem Progressionsvorbehalt (§32b Abs.1; Satz 1b; EStG), dito ALG1 und auch das (2020? wird noch diskutiert) KUG. Wie eSchorsch schon nachgefragt hat … Dispositionsjahr einlegen?
https://www.gesetze-im-internet.de/estg/__32b.html
Gruß
Lars
Zunächst einmal sollte man sich darüber klar werden, mit welchem Ziel die verschiedenen Varianten optimiert werden sollen? Geht es Steuerersparnis? Oder um Höhe/Dauer ALG? Oder ganz allgemein um möglichst hohe Einkünfte? Oder geht es um Gesundheit, Freizeit, wenig Probleme mit Behörden usw.?
Wenn es um finanzielle Optimierung geht, würde ich einmal eine Aufstellung und Gegenüberstellung der Folgen der einzelnen Varianten machen. Dürfte nicht ganz einfach sein, aber es kommt dabei nicht auf jeden Euro an. Eine grobe Schätzung sollte da ausreichen. Kann dennoch schwierig werden, weil die Anzahl der Varianten sehr schnell wächst (jeweils mit/ohne: Krankengeld, Dispojahr, Einzelveranlagung, Sonderausgaben, usw.).
Wahrscheinlicher wäre es einfacher, den einen oder anderen Punkt von vorneherein auszuschliessen…
Gruß, Der Privatier
Danke.
Jetzt werde ich erstmal dein Buch lesen und mir dann weiter Gedanken machen. Möchte aus der Abfindung das beste herausholen und so lange als möglich damit zu Hause bleiben.
Jahressteuergesetz 2020 (JStG 2020)
Der Bundesrat hat nun Stellung zum Jahressteuergesetz 2020 bezogen und einige Änderungen angeregt, welche durch die Bundesregierung abgelehnt, einer Prüfung unterzogen oder auch neu zugestimmt wurde. (Nachzulesen in: Drucksache 19/23551 vom 21.10.2020).
Progressionsvorbehalt:
Punkt Nr.12: Zu Artikel 1 (§32b EstG)
Der Bundesrat bittet, im weiterem Gesetzgebungsverfahren die Wirkung des Progressionsvorbehalts nach §32b EstG insbesondere für die Fälle des Bezugs von Kurzarbeitergeld zu evaluieren und ergänzend zu prüfen, inwieweit hierbei als steuerschädlich identifizierte Effekte, die insbesondere im Zuge der Corona Kriese verursacht wurden, vermieden werden können.
Begründung:
Lohnersatzleistungen sind steuerfrei, sie unterliegen aber dem Progressionsvorbehalt. Das bedeutet, dass die steuerfreien Lohnersatzleistungen gleichwohl den Steuersatz beeinflussen, der im Rahmen einer Veranlagung zur Einkommenssteuer für die steuerpflichtigen Einkünfte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer anzusetzen ist. Diese nachträgliche Korrektur des Progressionssteuersatzes kann erst bei einer Veranlagung zur Einkommenssteuer berechnet werden, nicht aber bereits beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber. Das führt dazu, dass insbesondere eine Vielzahl von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die wegen der Corona-Krise Kurzarbeitergeld erhalten haben, für die betreffenden Veranlagungszeiträume eine Einkommenssteuererklärung abgeben müssen. Es ist absehbar, dass viele dieser Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Zuge dessen mit Steuernachforderungen der Finanzämter konfrontiert werden.
Der Progressionsvorbehalt flankiert die linear-progressive Gestaltung des Einkommensteuertarifs und ist insoweit ein notwendiges Instrument bei der Besteuerung nach wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit. Er soll verhindern, dass die Empfänger steuerfreie Lohnersatzleistungen bei der Besteuerung ihrer verbleibenden steuerpflichtigen Einkünfte einen ungerechtfertigten zusätzlichen Steuervorteil erhalten. Es bestehen jedoch Bedenken, ob und inwieweit der Progressionsvorbehalt dieses steuersystematisch begründete Ziel insbesondere für die im Zuge der Corona-Krise in Kurzarbeit geratenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hinreichend erfüllt, oder aber im Gegenteil für diese ohnehin stark von der Kriese betroffene Gruppe von Erwerbstätigen zu unsachgemäßen steuerlichen Zusatzbelastungen führt.
Die Auswirkungen des Progressionsvorbehalts auf die festzusetzende Einkommenssteuer und insbesondere die Frage, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Rahmen einer dann obligatorischen Veranlagung zur Einkommenssteuer mit einer Steuernachforderung rechnen müssen, hängt von einer Vielzahl weiterer Einflüsse ab. Maßgebend hierfür sind neben der Höhe der steuerpflichtigen Einkünfte und der steuerfreien Lohnersatzleistungen insbesondere auch die beim Lohnsteuerabzug durch den Arbeitgeber berücksichtigten Lohnsteuerabzugsmerkmale, allen voran die Steuerklasse. Aufgrund dieser Vielzahl von Einflussfaktoren kann die zielgenaue Wirkung des Progressionsvorbehalts nicht mehr garantiert werden. Die Vorhersage der konkreten Steuerwirkung des Progressionsvorbehalts ist selbst für Steuerfachleute nicht ohne weiteres möglich. Die Wirkungsweise des Progressionsvorbehalts soll deshalb für die verschiedenen Fallgruppen evaluiert werden. Hierbei sollen Fehlauswirkungen identifiziert und vermieden werden.
Soweit die Stellungnahme des Bundesrates zum § 32b EStG. Die Antwort der Bundesregierung lautet kurz und knapp hierzu:
Zu Ziffer 12: Artikel 1 (§32b EstG)
Die Bundesregierung wird die Bitte um Prüfung nachkommen.
Es kann also noch Bewegung zumindest beim Progressionsvorbehalt beim KUG geben (Corona bedingt)
Gruß
Lars
Hallo zusammen,
ich bin gerade mal wieder um Herumrechnen meiner Steuerlast für 2022. Sollte ab Frühjahr eigentlich ein Dispojahr sein, doch nun beziehe ich leider seither Krankengeld.
Wo ich dies in der Steuererklärung eintrage, ist mir klar. Die exakte Höhe leider weniger.
Denkbar sind meines Erachtens nämlich drei Werte:
1.) Die Netto-Zahlung meiner Krankenkasse an mich, also rund 100 Euro pro Tag
2.) Die Zahlung der Krankenkasse inkl. meiner zuvor schon abgezogenen Beiträge für RV/AV/PV, also 112,88 Euro/Tag
3.) Die Summe, die ich in meinem Online-Krankenkassenbereich sehe, also 112,88 Euro/Tag plus den Anteil, den die Krankenkasse quasi als AG-Anteil an RV/PV zahlt, also 138,29 Euro/Tag.
Vor allem Variante 3 wäre natürlich fatal, da ich das aus steuerlicher Sicht nur schwer kompensieren kann.
An die Varianten 2 und 3 schließen sich zwei weitere Fragen an:
a.) Kann ich die von meinem Krankengeld abgezogenen Beiträge für RV/AV/PV in meinen Vorsorgeaufwendungen nutzen? (Stichwort Doppelbesteuerung der RV-Beiträge)
b.) Nützt das KG irgendwas für die Vorauszahlbarkeit der KV-Beiträge für drei Jahre?
Besten Dank und sonnige Grüße
Dieter
Für die steuerliche Betrachtung sind bei Lohnersatzleistungen immer die sog. „Leistungsbeträge“ von Bedeutung, also letztlich die Summen, die der Leistungsträger tatsächlich bezahlt hat. Das dürfte in deiner Liste vermutlich Pkt.3 sein.
Und – weitere schlechte Nachricht: Die vom KG abgezogenen Beiträge für RV/AV/PV können nicht als Sonderausgaben angesetzt werden, da sie im Zusammenhang mit steuerfreien Zahlungen stehen.
Auf die Vorauszahlung von KV-Beiträgen hat der Bezug von KG keinen Einfluss, da sich die Basis für die Höhe des steuerlich anzuerkennenden Vorauszahlungsbetrag immer nur auf die Beiträge bezieht, für die der Versicherte der Beitragsschuldner ist. Das ist beim KG nicht der Fall.
Gruß, Der Privatier
Hallo Privatier,
besten Dank für die Einschätzung, wenngleich mir die Varianten 1 und 2 natürlich lieber gewesen wären…
In einem Punkt würde ich allerdings widersprechen. Du schreibst: „Auf die Vorauszahlung von KV-Beiträgen hat der Bezug von KG keinen Einfluss…“ Hat er meines Erachtens allerdings schon – und zwar ganz schön happig. Wenngleich natürlich nur indirekt. Denn hätte ich nach Ausscheiden aus dem Betrieb kein Krankengeld bezogen, sondern als freiwillig gesetzlich Versicherter brav meine Beiträge bezahlt, könnte ich für die KV-Vorauszahlung natürlich erheblich mehr mal drei Jahre ansetzen. In meinem konkreten Fall sind das knapp 7000 Euro – statt 15000 Euro kann ich nun nur 8000 Euro den die KV überweisen.
Herzliche Grüße
Dieter
Hallo,
Also ich war vor 2 Jahren in ähnlicher Situation. Habe das Unternehmen im Krankenstand mit Krankengeld verlassen und konnte/durfte deshalb keine KG Vorauszahlungen leisten.
Erklärung :
„Da Sie derzeit keine Selbstzahlerin sind (die Krankenkasse bezahlt Ihren Anteil) ist keine Beitragsvorauszahlung möglich.“
Wollte ich nur mal mitteilen.