Kap. 10.8.5: Der Stückzinstrick
Manchmal erweist es sich als hilfreich, wenn man Kapitaleinkünfte ein wenig verschieben kann, um z.B. eine hohe Steuerlast zu vermeiden oder aber auch um Grenzen für andere Abgaben (z.B. Krankenversicherung) nicht zu überschreiten.
Eine Möglichkeit, die ich schon des Öfteren kurz erwähnt habe (z.B. hier: Steuerepos, Teil IV), will ich heute einmal genauer betrachten:
Der Stückzinstrick
Der sog. Stückzinstrick ist wahrlich nichts Neues und war auch mir schon lange bekannt, aber die wahre Bedeutung und die vielfältigen Möglichkeiten sind mir erst klar geworden, als ich mich intensiver mit der Frage beschäftigt habe, wie ich mein Einkommen so weit wie möglich reduzieren könne.
Für diejenigen, denen der Stückzinstrick nichts sagt, zunächst ein paar Grundlagen:
Wenn ich eine Anleihe kaufe, zahle ich die bis zu diesen Zeitpunkt aufgelaufenen Zinsen (eben die sog. Stückzinsen). Wenn ich später die Anleihe wieder verkaufe, erhalte ich im Gegenzug die bis dann aufgelaufenen Stückzinsen als Ertrag meiner Anleihe ausgezahlt.
Niemand muss also bis zum Ende der Laufzeit bzw. zum nächsten Zinstermin warten, um seinen gerechten Anteil zu erhalten. Der jeweilige Anteil des Zinses ist durch die Stückzinsregelung zu jeder Zeit gewährleistet.
=> Einzelveranlagung prüfen
Ersparnis von fünfstelligen Euro-Beträgen möglich!
Und wo ist nun der Trick?
Nun – in der einfachsten Variante (und in dieser auch schon lange bekannt und sicher auch schon oft praktiziert) besteht er darin, gegen Jahresende eine Anleihe zu kaufen, deren nächster Zinszahlungstermin Anfang des nächsten Jahres liegt. (Diese zeitlichen Randbedingungen erhöhen aber nur die Effizienz – Es geht auch anders).
Bei diesem Kauf muss man nun die bis dahin aufgelaufenen Stückzinsen bezahlen, die dann im laufenden Jahr als Kosten verbucht werden. Die Summe der Kapitalerträge wird also reduziert.
Selbstverständlich stehen diesen Kosten im laufenden Jahr entsprechende Einnahmen im Folgejahr gegenüber, wo sie die Erträge und damit die Steuer erhöhen.
Aber damit haben wir genau das erreicht, was wir wollten: Keine Steuer-Ersparnis, sondern nur eine Verschiebung.
Nicht verstanden? Ein Beispiel ?
=> Einzelveranlagung prüfen
Ersparnis von fünfstelligen Euro-Beträgen möglich!
Okay – ein Beispiel:
Nehmen wir an, wir kaufen eine Anleihe für 20.000 Euro Ende Dezember 2022 mit einem Nominal-Zins von 5%. Der nächste Termin für die Zinszahlung liege irgendwann Anfang Januar 2023.
Um die Rechnung nicht zu kompliziert zu machen, gehen wir mal davon aus, dass sich der Kurs der Anleihe in den paar Tagen zwischen Kauf der Anleihe (Ende Dez. 2022) und Verkauf (Anf. Januar 2023) nicht verändert.
Wie sieht nun die Rechnung aus?
Nun – da wir kurz vor dem Zinstermin gekauft haben, sind bereits Stückzinsen in Höhe von beinahe 5% von 20.000 Euro, also fast 1.000 Euro aufgelaufen. Diese haben wir beim Kauf der Anleihe zusätzlich bezahlt, also insgesamt 21.000 Euro.
Die 1.000 Euro Stückzinsen werden bei unseren Kapital-Erträgen als negatives Einkommen verbucht, d.h. unsere bisherigen Erträge werden genau um diese 1.000 Euro reduziert. Wohlgemerkt: Für das Jahr 2022.
Im nächsten Jahr zahlt dann der Emittent der Anleihe (hoffentlich) die versprochenen Zinsen in Höhe von 1.000 Euro. Dies erhöht dann unsere Kapitaleinkünfte in 2023 um 1.000 Euro.
Und somit haben wir „mal eben“ 1.000 Euro von einem Jahr ins andere verschoben.
Und wo ist der Haken? Nun – das werden wir dann beim nächsten Mal sehen, wenn es um „Haken und Alternativen“ gehen wird.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
sehr geehrter Herr Ranning
ich bin gerne ihrem Vorschlag gefolgt, meine Verlustvorträge über das Jahr 2013 hinaus zu retten.
Sie hatte damals eine hervorragende Anleitung ins Netz gestellt, die jetzt natürlich nicht mehr zu finden ist. Es wäre für mich aber sehr hilfreich, diese noch einmal lesen zu können. Könnten Sie mir Ihren Artikel nochmals zur Verfügung stellen?
mfg
J.B.
Tja, wenn ich ja wüsste, welchen Beitrag Sie genau meinen…
Grundsätzlich sind alle noch da – es ist nichts entfernt worden. Insofern müsste sich der Beitrag auch finden lassen.
Aber ich habe natürlich im Laufe der Zeit schon oft und viel über Möglichkeiten geschrieben, wie man Kapitalerträge hin oder her schiebt, von daher ist es etwas schwierig. Beim Thema „Altverluste“ fällt mir natürlich spontan der Beitrag:
„Altverluste aus Kapitalvermögen verfallen Ende 2013“ (Beitrag inzwischen gelöscht) ein.
Aber so konkret war die Anleitung darin eigentlich eher nicht. Da finde ich hier den Beitrag, unter dem Sie kommentiert haben, schon konkreter. Oder vielleicht haben Sie ja auch die kleine Beitrags-Serie über die Steuerplanung in Erinnerung?
Oder meine eigenen „Erfolge“ bei der Stückzinsstrategie?
Am einfachsten wäre es wohl, wenn Sie einfach oben rechts das Suchfeld benutzen würden und dann nach Stichworten wie Altverluste, Steuerplanung, Stückzins suchen würden. Hier werden zwar auch externe Ergebnisse aufgeführt, im Wesentlichen wird aber die Seite „Der-Privatier“ durchsucht.
Gruß, Der Privatier
Hallo zusammen,
ich würde gerne mithilfe des Stückzinstricks einen Teil meiner diesjährigen Kapitalerträge in das nächste Jahr verschieben. Hierbei möchte ich ein sehr geringes Risiko eingehen; auch wenn hierfür ein recht hoher Kapitaleinsatz erforderlich ist. Bei meiner Suche habe ich auf einen hohen Kupon und auf eine jährl. Zinszahlung (Zinszahlung möglichst im Januar 2025) geachtet. Der Kurs der Anleihe war für mich nicht interessant, da ich die Anleihen in den nächsten Tagen erwerben und in den ersten Januartagen wieder veräußern möchte.
Ich bin auf die beiden folgenden Staatsanleihen gestoßen:
WKN 113514 / Bundesanleihe v. 2000 (04.01.2030) / Kupon 6,25 % p.a.
WKN 230570 / Niederlande EO-Anl. 1998(28) / Kupon 5,5 % p.a.
Gefunden habe ich die beiden Anleihen bei „Ariva.de“. Ich habe gelesen, daß der Nominalwert (Nennwert) bei Anleihen in der Regel 1000 € beträgt. Etwas irritiert hat mich, daß Ariva bei WKN 113514 einen „Nominal“ von 0,01 ausweist und bei WKN 230570 von 1,00. Habe ich da etwas falsch verstanden? Gibt es eventuell weitere wichtige Kriterien, die ich bei meiner Suche für mein Vorhaben nicht berücksichtig habe?
Über eine Antwort würde ich mich sehr freuen.
Viele Grüße
Claudia
Staatsanleihen sind so ziemlich die einzige Wertpapiergattung, die ich noch nie gekauft habe. Von daher kann ich da nicht wirklich was zu sagen. Normalerweise gibt es bei Anleihen immer noch die Angaben, zu welchen Mindestgrößen und Stückelungen die Anleihe gehandelt wird. Für Kleinanleger gängige Papiere werden da oft ab 1.000€ in Stückelungen von 1.000€ gehandelt.
Ich könnte mir vorstellen, dass die Angaben für Nominale 0.01 bzw. 1.00 darauf hindeuten, dass ein Kauf zu (mehr oder weniger) beliebigen Beträgen möglich ist. Ist aber nur eine Vermutung. Vielleicht einmal in einem Wertpapier- bzw. Anleihen-Forum nachfragen, z.B. hier: https://www.wertpapier-forum.de/forum/41-anleihen/
Gruß, Der Privatier
Bundesanleihen kann man centgenau handeln (Holländer weiss ich nicht), es gibt da keine mengenmäßigen Mindestvolumen. Es sei denn, deine Bank akzeptiert nur bestimmte Mindestmengen oder keine Nachkommastellen als Order.
Wenn Ariva dein Broker ist, dann sollte das mit dem cent- bzw. euro-genau hinhauen.
Bin nicht sicher, wer die Zinsen kriegt, wenn am 4.1. der Besitzerwechsel wäre. Also warten bis die Zinsen sicher gebucht sind und dann verkaufen.
Hallo Claudia,
ich hatte auch die DE0001135143 Kupon 6,25% Laufzeit 04.01.30 gekauft.
Angenommen, du willst 2.400€ Einnahmen aus Zinsen, Vorabpauschalen oder Ausschuettungen von 2024 auf 2025 uebertragen (zB weil 2024 hohes Einkommen und 2025 geringes Einkommen und ggfs Guenstigerpruefung der Kapitalertraege 2025 moeglich; oder Boersen-Einbruch 2025, bei dem du deine Verlusttoepfe eh strategisch auffuellen moechtest und dann ggfs die Zinsen im Jan. aus der Anleihe gegenrechnen kannst).
Dann sind ca. 50k€ Kapitaleinsatz zum Kauf dieser Anleihe noetig:
– Preis (gerade) 119,58%;
– Nominale (Stuecke) 39.800€;
– macht 47.593€
– plus 2.406€ Stueckzinsen;
-> zusammen 50.000€.
LG und viel Erfolg!
Joerg
Herzlichen Dank für die Ausrechnung/Erläuterung! Diese bestätigt mir nochmal meine eigene Berechnung/Überlegung.
LG
Claudia
Geht nicht ganz in Deiner Richtung:
Ich hatte mich über den Kursprung vor 2 Tagen bei der Anleihe XS0212581564 sehr gefreud, da ich diese Anleihe damals weit unter Pari gekauft hatte. Die Begründung für den Kurssprung habe ich aus nachfolgenden Artikel entnommen.
https://www.ledevoir.com/communiques-de-presse/826258/banque-federative-credit-mutuel-emetteur-annonce-intention-proceder-remboursement-anticipe-totalite-certains-instruments-dettes-perpetuelles-etaient-plus-eligibles-ratios-reglementaires
Gruß
Lars
Vielen Dank an alle; Euer schnelles, gehaltvolles Feedback hat mir sehr weitergeholfen.
Ich wünsche Euch ein frohes Weihnachtsfest.
Viele Grüße
Claudia