Kap. 12.1.2: Vollbremsung
Im letzten Beitrag zum Thema „Neuausrichtung“ haben wir ja schon begonnen, uns ein paar Gedanken über eine sinnvolle „Asset Allocation“ zu machen.
Und sind zu dem Schluß gekommen, dass es vor einer Festlegung von konkreten Aufteilungen von Depots oder gar der Auswahl einzelner Wertpapiere erst einmal darum gehen müsste, sich zunächst einmal selber über die eigene Situation, die eigenen Ziele und auch über die jeweilige Bereitschaft, Risiken einzugehen, klar zu werden.
Darauf aufbauend kann man dann versuchen, dies in eine geeignete Aufteilung des Vermögens umzusetzen.
12.1.2 Vollbremsung
Ich selber habe bereits während der Verhandlungen über mein Ausscheiden aus meiner letzten Firma mit der „Vollbremsung“ in meinen Depots begonnen. Will heißen: Konsequenter Umbau in eine risikoärmere Struktur. Ich habe so ziemlich zum ersten Mal bewusst Anleihen ausgesucht und nach Dividendenrenditen Ausschau gehalten. Und mich von einigen Zocker-Papieren getrennt.
=> Einzelveranlagung prüfen
Ersparnis von fünfstelligen Euro-Beträgen möglich!
Und ich muss zugeben: Das war und ist immer noch ein mehr als schwieriger Prozess!
Wie ja vielleicht aus meinen Erläuterungen im Kapitel 5: „Das Kapital“ schon deutlich geworden ist, habe ich doch über mehr als 30 Jahre gelernt, mit dem Risiko zu leben, um dafür aber auch phasenweise fürstlich belohnt zu werden. Eine Aktie (oder eine Option), die nicht mindestens die Chance auf eine 100%ige Steigerung hatte, habe ich erst gar nicht gekauft. Hört sich vielleicht großspurig oder angeberisch an – ist aber so.
Diese ganz heiße Phase hatte sich in den letzten Jahren zwar schon deutlich abgekühlt. Sicher auch bedingt durch die verschiedenen Krisen, die ja auch an den Börsen ihre Spuren hinterlassen haben, aber auch durch eine geänderte persönliche Einstellung in Richtung „mehr Sicherheit“ bzw. „weniger Risiko“.
Aber solche Aussagen sind natürlich immer auch sehr relativ. Was ich mit zunehmendem Alter mit „weniger Risiko“ bezeichnet habe, wäre für andere immer noch ein zu heißes Eisen gewesen.
Denn auch Rendite-Erwartungen (z.B. mit Zertifikaten) in Höhe von 15%-20% habe ich selber zwar schon als moderat empfunden, dennoch bergen solche Anlagen immer noch ein ordentliches Potential an Risiken.
Aber genau diese Risiken wollte ich jetzt soweit wie möglich reduzieren. Und das geht leider nur zu Lasten der Renditen. Da führt kein Weg daran vorbei.
Und das fällt schwer.
Und vor allen Dingen: Mit was für einer Struktur (Aufteilung des Depots) erreicht man das? Reduzierung des Risikos und trotzdem noch genügend Rendite, damit nicht allzu viel vom Kapital verzehrt werden muss?
Darüber machen wir uns im nächsten Beitrag Gedanken: Die Struktur.
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Hallo Privatier,
ich kann sehr gut die Schmerzen nachvollziehen, die eine Umschichtung in eine „sicherere“ Anlage mit sich bringt. Mir tut das auch sehr weh – wenngleich ich nie so offensiv aufgestellt war wie Du.
Bei mir – Horizont bis zum Ausscheiden aus dem Berufsleben ca. 6 Jahre – wäre es auch überfällig, die Aktienquote endlich mal zu senken (um die 90%, von Optionsscheinen und verwandten Produkten hatte ich meist die Finger gelassen). Doch ich kann noch reagieren: Sollte ich durch zu risikoreiche Anlagen, Fehlbewertungen oder Überraschungen Geld in den Sand setzen, arbeite ich eben etwas länger. Das kannst Du nicht! Du must mit dem Kapital auskommen, das Du zur Seite gelegt hast.
Und auch ich denke mir: wenn ich schon in diese blöden Anleihen mit ihren popeligen Renditen rein soll, dann gehe ich doch in etwas gewinnträchtigere herein. Dabei ist mir ein „Rene-Lazard-Erlebnis“ bislang erspart geblieben, habe aber mit Petrobras-Dollar-Anleihen (Öl braucht man immer bis die Welt ausgelutscht ist, Emerging-Market-Vorteil, Riesenkonzern, was soll schon schief gehen?) auch trotz der sehr vorteilhaft verlaufenden Dollar-Euro-Crossrate Geld in den Sand gesetzt.
Vielleicht schaffe ich es in den verbleibenden Jahren bis zum Point of no return (Ausscheiden aus dem Arbeitsleben), mich an den Schmerz zu gewöhnen. Vieleicht hilft mir/ uns auch Herr Draghi und Frau Yellen, die Schmerzen zu lindern (höhere Zinsen). Sollte mir die Umstellung nicht gleitend gelingen, so droht mir ebenfalls eine Vollbremsung – die würde aber bei mir dann mit gleichzeitig mit der Entscheidung zum Privatier-Dasein erfolgen. Hoffentlich bringe ich die dafür notwendige Disziplin auf!
Gruß
OS
Naja – so schlimm sind Anleihen eigentlich gar nicht. Ich werde in nächster Zeit sicher noch so einiges über Anleihen berichten, aber gerade wenn man ein bisschen mehr Risikobereitschaft mitbringt kann man auch mit Anleihen hin und wieder ganz gute Renditen erzielen. Von ein paar solcher Beispiele habe ich ja schon bei meinen „Geliebten Anleihen“ berichtet. Die waren alle mit einem Zins von über 6% ausgestattet.
Ich habe auch schon welche mit 9,5% gehabt (Dt. Bank) und (bin mir nicht mehr ganz sicher) ich glaube es waren 11%? von Air Berlin.
Solche Kandidaten wie Air Berlin findet man heute natürlich immer noch (wer das Risiko verträgt), die hochverzinsten Nachranganleihen guter Banken hingegen sind schon recht rar geworden.
Gruß, Der Privatier