Kap. 6.10: Der Rentenbeginn im Finanzplan
Im letzten Beitrag hatte ich gezeigt, dass man mit einem späteren Rentenbeginn bis zu 30% mehr an Rente erhalten kann. Und ich hatte in einem Vergleich von drei unterschiedlichen Renten-Startpunkten gezeigt, dass ein späterer Rentenbeginn sich nur dann lohnt, wenn man ziemlich alt wird.
Als Kriterium für diesen Vergleich hatte ich dazu die insgesamt im Laufe des Lebens erhaltene Summe aller Renten verwendet. Es ist allerdings durchaus fraglich, ob dieses Kriterium wirklich so entscheidend ist. Vielleicht ist es ja gar nicht so interessant, wie viel man „am Ende“ in der Summe herausbekommen hat?
Vielleicht ist es ja viel wichtiger, wie gut es einem in den ganzen Jahren der Rentenzahlung geht. Und vielleicht wäre ja unter diesen Gesichtspunkt eine höhere Rente doch besser?
Allerdings gibt es die höhere Rente eben auch erst bei einem späteren Rentenbeginn. Das heisst: Es gibt erst einmal ein paar Jahre gar nichts.
Ein paar Jahre, die man selber finanzieren muss. Ein paar Jahre, die das angesparte Kapital aufzehren. Kapital, das man eigentlich benötigt, um passives Einkommen in Form von Dividenden und Zinsen zu erzeugen.
=> Vorschlag für einen Finanzplan (1/3)
Mit: Tabellen-Kalkulation, Folgejahre, Grafik
Auch wenn man bereits ein Gefühl haben sollte, was da die richtige Entscheidung wäre, so ist es doch besser, das Gefühl einmal zu kontrollieren und das Ganze in Zahlen zu fassen und sich die Unterschiede in einer Grafik anzusehen.
Und was sollte sich dazu besser eignen, als ein Finanzplan, wie er in einem früheren Beitrag hier bereits vorgestellt wurde. Ausgangspunkt ist heute ein Plan, den ich seinerzeit für meine eigene Situation (mit meinen eigenen Daten) erstellt habe. Ich habe diesen Finanzplan für die heutige Fragestellung einmal ein wenig umgearbeitet und erweitert, so dass er jetzt drei Varianten enthält: Rentenbeginn mit 63, mit 67 und mit 71 Jahren.
Alle anderen Annahmen in dem Finanzplan (wie z.B. Rentenhöhe, Rendite der Kapitalanlagen, Monatliche Entnahmen, Inflation, usw.) habe ich natürlich für die drei Varianten unverändert gelassen. Es geht nur darum, heraus zu finden, wie sich die unterschiedlichen Startzeitpunkte der Rente insgesamt auswirken.
Und das ist nun das Ergebnis:
Eigentlich keine Überraschung: Alle drei Kurven gehen zunächst einmal abwärts, um dann zu den unterschiedlichen Startzeitpunkten des jeweiligen Rentenbeginns abzuknicken und einen flacheren Verlauf zu nehmen.
Ebenfalls wenig überraschend: Die Variante mit dem frühen Rentenbeginn (63 Jahre) zeigt über den ganzen Zeitraum immer eine höhere Kapitaldecke, wohingegen die beiden anderen Varianten mit weniger Kapital auskommen müssen.
Für mich allerdings doch ein wenig überraschend, dass der Unterschied nicht so spektakulär ist und sich alle drei Varianten im Endpunkt fast gar nicht unterscheiden.
Einschränkend (und warnend!) muss ich allerdings dazu sagen, dass ich diese Untersuchung mit meinen eigenen Zahlen gemacht habe. Ich gehe einmal davon aus, dass die Ergebnisse anders aussähen, wenn andere Voraussetzungen angenommen werden. Immerhin gehen in den Plan Werte über das gesamte verfügbare Kapital, persönliche Ausgaben, Rentenhöhen, angenommene Renditen und Inflationsraten und vieles mehr ein. Das muss einfach bei jedem anders aussehen!
=> Serie: Steuerplanung
Mit: Grundlagen, Zweck und Mittel, Beispiele
Allerdings glaube ich auch, dass sich an der tendenziellen Erkenntnis nicht großartig etwas ändern wird. Und die lautet auch nach dieser Betrachtung:
Ein Hinaussschieben des Rentenbeginns ist nicht zu empfehlen. Stattdessen sollte der frühest mögliche Startzeitpunkt in Anspruch genommen werden.
Einzige Einschränkung: Wer noch Nebeneinkünfte hat, muss bei der vorzeitigen Rente u.U. mit Einschränkungen rechnen. In diesen Fällen müsste noch einmal gesondert nachgerechnet werden. Was es genau mit den sog. „Hinzuverdienstgrenzen“ auf sich hat, werde ich daher im nächsten Beitrag erläutern.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Hallo,
wieder einmal eine spitzenmäßige Betrachtungsweise, die bei mir die Zahnräder im Kopf ins Rotieren bringt. Kannst Du was zum Verhältnis der Renteneinkünfte zu den sonstigen Einkünften beim Berechnungsmodell sagen, welches dieser Grafik zu Grunde liegt?
Gruß
JustDoIt
Anmerkung: wenn man die Altersrente später beginnt, dann beginnen auch eine Reihe weiterer Renten später – z.B. sind Riester- oder Betriebsrenten daran gekoppelt. Das sollte den Effekt „eher ist besser“ eher verstärken.
Habe es gerade mal durchgerechnet an meinem eigenen Finanzplan, bin aber nicht schlau genug, das Bild hier einzustellen 🙂
Die Altersrentenhöhe dabei angepaßt an 63,67,71 Jahre Startpunkt wie im Artikel beschrieben. Die „Zusatzrentenhöhe“ habe ich für alle 3 Fälle in der Höhe gleich gelassen – so als ob sich dieses Geld nicht weiter verzinst wenn es später abgerufen würde – was eine negative Annahme ist. Dann ist das Geld alle mit 95,93 bzw.91 Jahren und d.h. eher in Rente gehen mit 63, ist aus diesem Blickwinkel vorteilhafter. (Inflation, Kapitalrendite etc. alles unverändert.) Bisher habe ich noch kein Szenario gefunden, wo das nicht so ist.
@JustDoIt:
Ich weiß nicht, ob weitere Details meines Plan wirklich weiter helfen. Es sind viel zu viele persönliche Daten und Annahmen enthalten und ich glaube wirklich, jeder sollte mit den eigenen Zahlen seinen eigenen Plan erstellen.
Aber trotzdem: Bei der Variante „Früher“ (also Rente mit 63) ist das Verhältnis von Rente:Sonstiges in der obigen Grafik in etwa 1:1. Das Verhältnis ändert sich durch die höhere Rente einerseits und das verzehrte Kapital andererseits bei steigendem Renteneintrittsalter zugunsten der Rente bis auf fast 2:1 (bei 70 Jahren). Gerechnet jeweils zum Beginn der Rente.
@Covacoro:
Völlig richtig! Ich habe auch noch kein Szenario gefunden, wo die frühere Rente nicht die günstigere Variante wäre. Und das (wie Du ebenfalls richtig erwähnt hast) unter verschiedenen Gesichtspunkten (u.a. Riester&Co., Inflation usw).
Einen Punkt gibt es vielleicht doch noch: Die Hinzuverdienstgrenzen. Ich bereite gerade einen (bzw. mehrere) Beiträge zu diesem Thema vor und werde den ersten in Kürze hier veröffentlichen.
Gruß, Der Privatier
Hallo,
ich möchte jedem mit Betriebsrente empfehlen die Bedingungen genau zu lesen. Es gibt Ausgestaltungen, die beginnen mit 60, ohne weitere Verknüpfungen, außer dass man nicht mehr im selben Betrieb ist. Und die erhöhen sich auch nicht durch Verschiebung.
Also : Betriebsrente ist nicht unbedingt an die Altersrente gekoppelt !
Gruß an alle „Finanzplaner“
Ist klar, dass es hier um die Vorstellung der Betrachtungsweise geht und es jeder mit seinen eigenen Zahlen rechnen muss. So habe ich aber schon mal eine Tendenz ohne eigene Berechnung. Danke dafür!
Gruß
JustDoIt
Covacoro schrieb: „Habe es gerade mal durchgerechnet an meinem eigenen Finanzplan, bin aber nicht schlau genug, das Bild hier einzustellen 🙂 „
Hallo Covacoro,
wenn Du möchtest, kannst Du mir gerne ein jpg-file von Deinem Finanzplan schicken. Ich könnte dann mal versuchen, ihn in den Kommentar einzubauen.
Gruß, Der Privatier
Hallo Peter,
ich denke mein Fall ist doch speziell – aber ich habe mal so gerechnet, als würde ich mit 55 Jahren aufhören zu arbeiten und mit 63, 67, 71 J. in Rente gehen.
Die unterstellte Kapitalrendite beträgt 5% vor Steuern, die Inflation 2%.
1 Jahr vor Rente gibt es eine Einmalzahlung aus der Betriebsrente (30%), die ich auf jeden Fall abrufen werde. Der Rest des Kapitals wird verrentet und monatlich ausbezahlt. Vereinfacht habe ich die Höhe dieser mtl. Rente nicht verändert in allen 3 Fällen, genauer müßte es so sein, dass selbst ohne Einzahlungen ab 55 durch die längere Wartezeit bis 71 Jahre der Auszahlungsbetrag natürlich höher ist, als wenn die Rente bereits ab 63 J. gezahlt würde. Die Altersrenten haben entweder -14.4%, 0% oder +25% Abschlag bzw. Zuschlag für die 3 Fälle, so wie Du es auch berechnet hast.
Wenn ich dann das Endkapital ausrechne aus passivem Einkommen, Alters- und Betriebsrente, bekomme ich keine 3 Kurven mehr, die sich schneiden, sondern die fast parallel verlaufen, wie es das Bild zeigt.
Ganz klar, mit 63J. in Rente gehen, würde ich dann vorziehen. Diese Verschiebung zu höherem Kapitalstock und höherem Endalter würde natürlich abgemildert, wenn man die Betriebsrenten ebenfalls anhebt, je später sie beginnen, so wie es bei der Altersrente der
Fall ist. Ich bezweifele aber, dass eine private Versicherung mir jetzt schon sagen würde, um wieviele % das sein wird.
Ich denke, vereinfacht ist das Fazit: es kommt sehr auf die individuellen Vorgaben und wie hoch das Verhältnis „Kapital“ / „Ausgaben“ / „Rente“ ist an.
Grüße
Covacoro
Covacoro schrieb: „…ich denke mein Fall ist doch speziell“ und „es kommt sehr auf die individuellen Vorgaben… an.“
Genau das denke ich auch! Darum hoffe ich ja auch, dass ich hier die Leser animieren kann, einmal ihren eigenen Finanzplan aufzustellen.
Und darum bin ich Dir auch sehr dankbar, dass Du uns hier einmal Deinen Plan zur Verfügung gestellt hast. Ist auch für mich einmal sehr interessant zu sehen, wie ähnlich und doch auch wieder unterschiedlich unsere Pläne aussehen.
Gut finde ich auch, dass Du eine Betriebsrente mit in Deinem Plan hast. Habe ich nicht, da es sich bei mir nicht lohnt (mehr dazu in einem der nächsten Beiträge – Kap. „Riester, Rürup&Co.“).
Auf jeden Fall untermauert auch Dein Plan noch einmal die Erkenntnis, dass die gesetzliche Rente so früh wie möglich in Anspruch genommen werden sollte.
Eine Anmerkung habe ich aber noch: Ich halte eine Kapital-Rendite von 5% vor Steuern (im Durchschnitt!) schon für sehr „sportlich“. Ich habe das zwar im letzten Jahr fast geschafft (ca. 4,7% bis 4,8%), aber das traue ich mir auf Dauer nicht zu. Ich bin daher in meinen Plänen viiiiel vorsichtiger und rechne nur mit ca. 3%.
Gruß, Der Privatier
Richtig, 5% vor Steuern ist ein guter Wert, aber nicht unerreichbar, wenn man sich Wissen erarbeitet. Reine, agressive Aktienanleger würden sogar 7% eintragen als Mittelwert der letzten 20+ Jahre für bestimmte Aktienindizes bzw. ETFs, ob dies sich gerade jetzt und in den nächsten Jahren bewahrheiten wird, wage ich aber vor dem Hintergrund der derzeitigen Notenbankpolitik zu bezweifeln.
Aber: für mich ist es wichtiger, dass ich die 5% ganz schnell abändern kann auf 4%, 3% meinetwegen und sehe, wie lange dann das Geld reicht bzw. um wieviel ich dann den Konsum einschränken müßte, damit alles wieder im Lot ist.
Es kommt ja v.a. auf die Differenz von Kapital-Rendite zu Inflation an, und man muß sich ja anspruchsvolle Ziele setzen 🙂
Gruß, Covacoro