Mit Zwischenschritt zum Privatier – Teil 2
In ersten Teil dieses Beitrages über den „Zwischenschritt zum Privatier“ habe ich über die Gründe geschrieben, die einen solchen Schritt sinnvoll erscheinen lassen.
Ich habe von „finanziellen Sorgen“, von „Langeweile und Leere“, über die Bewältigung der „neuen Lebenssituation“ und von „Spaß an der Arbeit“ geschrieben.
Wer sich bei einem dieser Gründe selber wieder erkennt, verspürt vielleicht auch den Wunsch, den „Sprung ins kalte Wasser“, nämlich den Schritt zum Privatier, vielleicht doch lieber nicht so von heute auf morgen zu vollziehen, sondern dies lieber mit einem oder mehreren Zwischenschritten zu realisieren.
Heute will ich einmal ein paar Ideen zusammentragen, wie solche Zwischenschritte aussehen können. Diese sind natürlich sowohl von den Gründen abhängig, die bei jedem persönlich im Vordergrund stehen, aber auch von dem Möglichkeiten, die man in die Tat umsetzen kann und will. Von daher sind die folgenden Vorschläge einfach als Ideen anzusehen, wobei jeder für sich selber prüfen muss, welche für ihn in Frage kommen.
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Mit: Grundlagen, Dauer und Folgen einer Ruhezeit
Der erste Schritt beginnt im Kopf
Der wichtigste Schritt beginnt dabei – wie bei allen wichtigen Änderungen im Leben – im Kopf. Es gilt, sich über die Prioritäten seines zukünftigen Lebens klar zu werden. Gerade bei denjenigen, die Langeweile und Leere fürchten, stand der Job oftmals immer an erster Stelle. Möglichst nicht krank werden, unbezahlte Überstunden, Extra-Schichten, unter Umständen auch an Wochenenden, Urlaub nur dann, wenn die Arbeit es erlaubt. Immer erreichbar per Handy und per EMail. Diese Denkweise gilt es abzustellen!
Ich will hier niemand die „innere Kündigung“ nahelegen. Darum geht es nicht. Niemand soll seine Lust an der Arbeit verlieren. Es geht einfach nur darum, dass richtige Maß zu finden. Zu einem ausgewogenen Verhältnis zurückzufinden. Sich auf den Vertrag zu besinnen, den man einmal mit seinem Arbeitgeber geschlossen hat: Gute Arbeit gegen gutes Geld. Das soll auch so bleiben. Aber genau so, wie das „gute Geld“ seine festen Grenzen hat, sollte dann eben auch die „gute Arbeit“ ihre Grenzen haben.
Grenzen abstecken und einhalten!
Und das wäre dann auch schon der allererste, winzige Schritt: Diese Grenzen einmal abzustecken und dann auch einzuhalten. Feierabend nach 8 Stunden. Keine Überstunden. Oder nur in Ausnahmefällen, dann aber mit kurzfristigem Ausgleich (in Freizeit, nicht in Geld!), keine Telefonate oder Mails nach Feierabend. Urlaub frühzeitig anmelden und dann auch in Anspruch nehmen. Bei Krankheit zu Hause bleiben. Das Leben außerhalb der Arbeit wahrnehmen und genießen.
Reduzierung der Arbeitszeit
Die nächsten immer noch kleinen Schritte bestehen dann darin, diese „Freiheiten“ weiter auszudehnen. Ich selber habe z.B. im Rahmen einer Firmenübernahme auf einen außertariflichen Vertrag (inkl. Überstunden, etc.) verzichtet und zunächst einen tariflichen Vertrag akzeptiert und diesen dann nach ca. einem halben Jahr von den ursprünglichen 40Std./Woche auf 35Std./Woche umstellen lassen. Mit Gehaltsverzicht natürlich. Weniger Leistung gegen weniger Gehalt. Klare Verhältnisse.
Einzelne freie Tage nutzen
Wenn möglich, sollte man die vorhandenen Gleitzeitregeln nutzen. Manche (fortschrittlichen) Unternehmen kennen ja auch Jahres- oder gar Lebensarbeitszeitkonten. Wenn Mehrarbeit anfällt, diese konsequent in Freizeit abgelten. Wo die Möglichkeit besteht, dies vielleicht auch einmal aktiv selber gestalten. Jeden Tag eine halbe Stunde länger im Büro, ermöglicht ca. alle zwei Wochen einen freien Tag!
Home-Office
Hat sich dies einmal eingebürgert, kann man versuchsweise einmal Arbeit mit nach Hause nehmen. Das geht natürlich nicht in jedem Beruf, aber manche Büroarbeit lässt sich zu Hause in ungestörter Umgebung sehr viel effektiver erledigen. Man kann versuchen, mit dem Chef zunächst einen Home-Office Tag in der Woche zu vereinbaren. Zunächst zur Probe, wenn es funktioniert 2, 3 oder 4 Tage in der Woche.
Der Effekt ist ein doppelter: Einerseits gewinnt man viel Zeit dadurch, dass der Weg zur Arbeit entfällt. Andererseits kann man das „tagsüber zu Hause sein“ schon mal ein wenig üben.
Teilzeit
Die oben genannte Reduzierung der Arbeitszeit kann man natürlich auch weiter treiben. Bei einer Reduzierung auf 32Std./Woche ergibt sich fast automatisch ein freier Tag in der Woche. Der nächste Schritt wäre dann eine Teilzeit-Vereinbarung. Dabei muss man natürlich sehen, was im jeweiligen Berufsfeld machbar ist und worauf sich der Arbeitgeber einlässt (mehr dazu im Teil 3).
Altersteilzeit
Die Grundidee der Altersteilzeit wäre eigentlich ein idealer Übergang in die Rente. Ursprünglich war nämlich hier ein gleitender Übergang von zunächst voller Stundenzahl mit dann immer weiter abnehmenden Arbeitszeiten bis hin zur Rente angedacht. Diese Modelle existieren auch in vielen Unternehmen immer noch. Meistens allerdings wohl nur auf dem Papier. Zumindest habe ich noch niemanden kennengelernt, der so ein Modell wahrnimmt. Ist wohl in den meisten Berufen nur schwer in der Praxis umsetzbar.
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Hobbys und Aktivitäten
Bisher waren die Ideen alle darauf ausgerichtet, freie Zeit zu schaffen. Aber diese gilt es auch zu nutzen. Mir selber geht es auch heute immer noch so, dass ich viel mehr Ideen und Wünsche habe, was ich alles gerne machen würde, als ich überhaupt Zeit zur Verfügung habe. Das geht allerdings nicht allen so!
Bei manch einem entsteht durch den Wegfall der Arbeit erst einmal ein Vakuum. Manche sagen auch: Ein Loch, ins das man hineinfällt. Und vielen fällt es schwer, sich daraus wieder hervorzuarbeiten. Ich bin hier wohl ein schlechter Ratgeber, weil ich dieses Problem selber nicht habe. Ich kann aber nur raten, sich rechtzeitig über die eigenen Interessen Gedanken zu machen. Wem das schwer fällt, kann sich auch einmal an früher erinnern: Vielleicht gab es ja Hobbies, die man der Arbeit zu Liebe aufgeben musste?
Ich selber habe erst im Alter von ca. 45 Jahren wieder angefangen, regelmäßig zu laufen. Überhaupt wieder etwas sportlicher zu werden: Manchmal schwimmen, Radfahren, Wandern, Sportabzeichen.
Ich bin sehr wissbegierig und würde am liebsten gleich mehrere Studiengänge gleichzeitig absolvieren, insbesondere solche, die nun so gar nichts mit einem Ingenieur-Studium zu tun haben, wie z.B. Kunst oder Philosophie, aber natürlich interessieren mich auch Wirtschaftsthemen. Volkswirtschaft mit all ihren Theorien wäre so ein Fach.
Ein Buch zu schreiben und einen Blog zu betreiben, ist eine Herausforderung und macht (mir) Spaß. Kann aber auch zeitweise zu einen Fulltime-Job werden. Andere betätigen sich vielleicht in der kommunalen Politik und versuchen, aktiv an der Gestaltung ihrer Umwelt teilzunehmen.
Ich könnte hier endlos weiter aufzählen. Mir fallen ständig neue Dinge ein.
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Bezahlte und unbezahlte Tätigkeiten
Es gibt z.B. unzählige ehrenamtliche Tätigkeiten, bei denen man seine Fähigkeiten oder seine Zeit bei sinnvollen Tätigkeiten einsetzen kann. Ich selber würde so etwas nur machen, wenn ich das dringende innere Bedürfnis fühlen würde, an der einen oder anderen Stelle anpacken zu müssen. Ansonsten hätte ich immer das Gefühl von „Beschäftigungstherapie“. Was aber natürlich auch nicht unbedingt etwas schlechtes ist!
Wer für seine Tätigkeiten auch eine Bezahlung erwartet, könnte einen kleinen Nebenerwerb starten. Das kann stundenweise im alten Beruf sein, oder vielleicht auch einmal etwas ganz neues ausprobieren? Wenn man nicht mehr seinen Lebensunterhalt mit einer solchen Tätigkeit verdienen muss, kann man sehr viel entspannter an so eine Idee gehen. Einfach einmal ausprobieren. Wenn es nichts wird, ist es nicht so schlimm. Es wäre natürlich gut, wenn keine allzu großen Investitionen erforderlich wären. Aber es gibt einige Dinge, die man mit ganz wenig (oder auch ohne) Startkapital beginnen kann.
Der Vorteil eines solchen Nebenerwerbs wäre der, dass zwei Fliegen mit einer Klappe geschlagen werden: Zum einen wird die Furcht vor Leere und Langeweile gemindert, zum anderen aber auch die Furcht vor finanziellen Einbußen.
Diese Liste von Ideen ist natürlich bei Weitem nicht vollständig. Ich habe schon gesagt, dass mir ständig neue Gedanken kommen. Aber es hat auch wenig Zweck, wenn ich hier meine Ideen aufschreibe. Ich denke, es ist wichtig, dass jeder seine eigenen Ideen entwickelt. Denn es ist auch hier wichtig, das richtige Maß zu finden. Bei einigen der o.g. Vorschläge besteht ansonsten leicht die Gefahr, dass man einen zuvor gut bezahlten Job gegen einen schlecht oder gar nicht bezahlten Job tauscht. Aber selbst das wäre ja okay, wenn es denn der eigenen Zufriedenheit dient!
Und die sollte bei allen Überlegungen schließlich im Vordergrund stehen.
Zum Thema „Teilzeitarbeit“ werde ich noch ein paar ergänzende Informationen im 3.Teil dieser kleinen Serie veröffentlichen.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Spannend dürfte auch sein wie sich das Verhältnis zum Chef und den Kollegen ändert, wenn man seine Arbeitszeit deutlich reduziert und von einem Außertariflichen in eine tarifliche Einstellung rutscht (Alleine unter ATlern :-)). Man nicht mehr als Hansdampf durch die Firma flitzt und Termine und letztendlich auch Entscheidungen ohne einen selbst stattfinden.
LG
Den Unterschied zwischen tariflich und außertariflich Angestellten habe ich zu meiner Zeit nie gespürt. Zumal dies auch in vielen Fällen weder bekannt, noch offensichtlich wurde.
Sehr wohl bemerkt habe ich allerdings den Unterschied in der wöchentlichen Stundenzahl! Bei meinem Ex-AG gab es (auch bei den tariflich Angestellten) sowohl solche mit einer 40h-Woche, also auch mit 37,5h und eben auch mit 35h.
Wobei die mit 40h in der ganz klaren Mehrheit waren. Und dann fällt es eben auf, wenn jemand wie ich damals regelmäßig als letzter morgens kam und trotzdem als erster wieder ging. Da habe ich bei den Kollegen und beim Chef dann mit feiner Regelmäßigkeit einen Blick auf die Uhr provoziert: „Wie – schon Feierabend?“
Am Anfang habe ich dann manchmal noch (leicht verärgert) mit einem Hinweis auf mein 12,5% niedrigeres Gehalt geantwortet. Später habe ich auch mal darauf hingewiesen, dass die Qualität meiner Arbeit eben so hoch ist, dass ich das locker in 7 Std. schaffe, wofür andere sich 8 Std. oder mehr mit abmühen müssen.
Und irgendwann ist es einem dann egal. Soll doch auf die Uhr gucken, wer will!
Gruß, Der Privatier
Da muß ich nun auch meinen „Senf“ dazugeben (AT oder Tarif) …
Beides hat Vor- und Nachteile, je nachdem wie man was sieht.
Als AT darf man die bessere Betriebliche Altersversorgung nicht vergessen. Mit dem Tag der Ernennung springt man auf die neue Betriebs-Rente. Und selbst da gibt es noch Unterschiede. Beginnt die Rentenphase mit 60 oder mit der Staatsrente.
Fällt man zurück, gibt es nicht nur weniger Geld. Man bekommt wieder jede Überstunde ausgeglichen in Geld oder Freizeit oder es gibt keine Überstunden mehr. Dabei kann man dann auch unter die Beitragsbemessungsgrenze fallen und wieder pflichtversichert werden und evtl. der Lebenspartner dann familienversichert.
Danach tritt man dann in die Rente als pflichtversicherter Rentner und dann interessieren auch die Nebeneinkünfte die Krankenkasse nicht mehr.
Es ist also ein vielschichtiges Thema und ich habe hier sicherlich nicht alles Plus und Minus betrachtet.
„Es ist also ein vielschichtiges Thema.“
Sehr richtig! Und darum: Danke für die ergänzenden Aspekte.
Gruß, Der Privatier
@Privatier
Du schreibst im Kommentar: „Und irgendwann ist es einem dann egal. Soll doch auf die Uhr gucken, wer will!“
Das ist genau der Punkt, an dem man sich mental von all den Zwängen befreit hat, die auch gewohnheitsmäßig unser Handeln und Tun beeinflusst haben. Und wirken nun nicht einmal mehr psychisch, in dem wir uns innerlich über eine solche Reaktion des Umfeldes ärgern.
Die nächst höhere Entwicklungsstufe erreichst du dann, wenn du dich über die Bemerkungen der Neider freust und den Neid der anderen genießt. Damit stehst du weit über dem Entwicklungsstand der meisten anderen Menschen, die sich nicht von den gesellschaftlichen Zwängen befreien können und in ihnen gefangen bleiben. Du aber schaust aus einer weit höheren Position, wie ein Adler von seinem Felsen, auf die zurück gebliebene Herde herab. Du bist das Wichtigste in deinem Leben und wenn du es willst, kannst du von Zeit zu Zeit zur Herde zurück kommen. Du kannst dich gesellschaftlich betätigen, Schwächeren helfen oder es bleiben lassen. Du hast die freie Entscheidung.
Der Malachit.
„Das ist genau der Punkt, an dem man sich mental von all den Zwängen befreit hat…“
Sehr richtig! Ich denke, das Befreien von Zwängen und die Loslösung vom Urteil und der Meinung anderer ist eine wichtige Voraussetzung für die Erlangung der finanziellen Freiheit. Wer es immer anderen recht machen will oder in den Augen anderer „gut da stehen möchte“, wird es schwer haben, Unabhängigkeit und Freiheit zu erlangen.
Ob allerdings die „Freude über den Neid anderer“ eine „höhere Entwicklungsstufe“ darstellt – da habe ich doch ernsthafte Zweifel. Für mich jedenfalls nicht. Das ist für mich kein erstrebenswertes Ziel! Und ich möchte mich auch nicht als „weit über dem Entwicklungsstand der meisten anderen Menschen“ fühlen. Wenn ich diesen Eindruck einmal erwecken sollte, sagt mir bitte Bescheid!
Für mich wäre es ein erstrebenswertes Ziel, gegenseitige Achtung, Verständnis und Respekt zu entwickeln. Andere auch in ihren anderen Ansichten und unterschiedlichen Lebensentwürfen zu akzeptieren. Ohne Neid und ohne Überheblichkeit.
Gruß, Der Privatier
Hallo Peter!
Es gibt da so einen Spruch: „Mitleid bekommt man geschenkt – Neid muss man sich verdienen.“
Bei mir ist das zumindest so. Wenn andere neidvoll auf meine finanzielle Sorgenfreiheit, auf meine Gesundheit und auf meine freie Zeiteinteilung blicken, dann fühle ich mich darin bestätigt, in meinem Leben weitgehend alles richtig gemacht zu haben. Dann freue ich mich darüber und betrachte ihren Neid als Bestätigung für die Richtigkeit meines Tuns. Ich freue mich nicht darüber, dass sie mit sich und ihrem Leben unzufrieden sind. Das ist allein ihre eigene Angelegenheit. Ich freue mich über die indirekte Bestätigung meines eigenen Tuns, was sich, wenn man so will, im Neid der anderen ausdrückt. Ich glaube das ist ein Unterschied.
Ansonsten bin ich auch der Kumpeltyp, denn ohne soziale Kontakte würde mein Leben um ein Vielfaches ärmer.
Der Malachit.