Gastbeitrag: Total Cost of Ownership: ETF-Kosten im Detail
Welche Kosten spielen eine Rolle, um eine Kaufentscheidung für oder gegen einen ETF zu treffen? Ist der ETF mit den niedrigsten Kosten automatisch auch derjenige mit der höchsten Rendite?
Dieser Gastartikel wurde von Dr. Jürgen Nawatzki verfasst, der seit knapp 4 Jahren auf ETF-Blog.com über börsengehandelte Indexfonds bloggt und gerade ein neues Projekt ins Leben gerufen hat, nämlich die ETF-University.de. (Anm.: Scheint nicht mehr zu existieren)
Um die Vorteilhaftigkeit eines ETFs zu beurteilen, orientieren sich die meisten Käufer von ETFs an der Total Expense Ratio (TER), die man u. a. dem jeweiligen Verkaufsprospekt entnehmen kann.
ETF-Anbieter und Europäische Union haben sich auf die einheitliche Definition der TER geeinigt, die die laufenden jährlichen Kosten für den Besitz eines ETF umfassen und deren Angabe gesetzlich vorgeschrieben ist.
Dabei gehören folgende Kosten zu den TER:
- Verwaltungsgebühren
- Kosten des Marketingbudgets
- Depotbankgebühren
- Lizenzkosten für den Index.
Die jährlichen Verwaltungsgebühren enthalten u. a. Kosten für Management und Betrieb, die beim ETF-Anbieter für die Indexnachbildung anfallen. Diese umfassen z. B. die Kosten für Portfolio-Management, Wirtschaftsprüfung, Revision und andere Betriebskosten.
Das Marketingbudget umfasst u. a. die Vertriebskosten, wozu die Gebühren zählen, die bei der Vermarktung beziehungsweise dem Vertrieb des Produktes anfallen, wie zum Beispiel die Erstellung von Fondsdokumenten und Broschüren etc.
Die Depotbankgebühren umfassen die Kosten für diejenigen Wertpapiere, in die der Indexfonds investiert. Diese werden in einem gesonderten Depot aufbewahrt, wofür Gebühren bei der Depotbank des ETF entstehen.
Zudem muss der ETF-Anbieter für die Nachbildung des Börsenindex Lizenzgebühren an den Indexbetreiber (z. B. MSCI Inc.) zahlen.
Die durchschnittliche Gesamtkostenquote aller europäischen ETFs liegt bei 0,34 Prozent. Dies sieht im Vergleich zu der durchschnittlichen Gesamtkostenquote für klassische Fonds mit einem Fondsmanagement vergleichsweise vorteilhaft aus, denn deren TER liegt im Schnitt zwischen 1,4 und 2 Prozent p. a.
Das ist ein entscheidender Grund dafür, dass ETFs bei Anlegern so beliebt sind.
Soweit so gut.
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Doch wer meint, dass stets derjenige ETF mit der niedrigsten TER auch derjenige mit der höchsten Rendite ist, der kann sich täuschen, wie folgendes Beispiel zeigt:
Vergleich von verschiedenen ETFs auf den DAX
Name | TER 2017 | Rang nach TER |
Rendite 2017 |
Rang nach Rendite |
ComStage DAX UCITS ETF | 0,08% | 1 | 12,02% | 5 |
db x-trackers DAX UCITS ETF | 0,09% | 2 | 12,56% | 1 |
Amundi ETF DAX UCITS ETF DR | 0,10% | 3 | 12,20% | 4 |
Deka DAX UCITS ETF | 0,15% | 4 | 12,31% | 3 |
iShares Core DAX UCITS ETF | 0,16% | 5 | 12,34% | 2 |
Aus diesem Beispiel kann geschlossen werden:
Eine niedrigere TER sorgt nicht zwangsläufig für eine höhere Rendite.
Der Vergleich von fünf in Deutschland gehandelten ETFs auf den deutschen Aktienindex DAX macht dies deutlich, wie obige Tabelle zeigt.
Der ComStage-ETF weist im Jahr 2017 zwar die niedrigste TER (0,08 Prozent) aus, aber zugleich auch die schlechteste Rendite.
Und der Amundi-ETF ist mit 0,1 Prozent TER zwar auch noch kostengünstig, aber liegt von der Rendite her auf dem vorletzten Platz.
Die beste Rendite 2017 mit 12,56 Prozent weist der db x-trackers DAX UCITS ETF mit einer TER von 0,09 Prozent aus.
Doch neben den Verwaltungsgebühren TER gibt es noch weitere Kostenfaktoren, die die Rendite eines ETFs beeinflussen und damit seine Tracking-Differenz.
Die Tracking-Differenz
Die Tracking-Differenz ist die Differenz zwischen der Wertentwicklung des Referenzindex und der jeweiligen ETF-Rendite und entsteht aufgrund von Kosten und Zusatzerträgen eines Indexfonds.
Tracking-Differenz = ETF-Rendite – Wertentwicklung des Referenzindex
Dabei ist die Gesamtkostenquote TER eine vorhersehbare und leicht quantifizierbare Ursache für den Performanceunterschied zwischen ETF und Referenzindex.
Es ist wichtig zu wissen, dass ETF-Anbieter einen Teil der Effekte, den Gebühren auf die Nettorendite von ETFs haben, mit Zusatzerträgen aus Wertpapierleihe ausgleichen können.
Diese ist kein spezielles Phänomen bei ETFs, sondern wird generell von sehr vielen Investmentfonds praktiziert.
Der jeweilige Fonds verleiht also einen Teil seiner Wertpapiere an einen Kontrahenten (Geschäftspartner), der damit beispielsweise Leerverkäufe tätigt.
So generiert der jeweilige Fonds ein Zusatzeinkommen.
Dieses kann bis zu einem Prozent der Erträge eines Fonds ausmachen und in Spezialfällen sogar die Kosten eines Fonds mehr als kompensieren.
Doch sind die Verwaltungsgebühren nicht die einzigen Kostenfaktoren, die die Rendite eines ETFs bestimmen.
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Alle Kosten auf einen Blick
Die Total Cost of Ownership (TCO) zeigen letztlich die tatsächlichen Kosten für den Besitz eines ETFs an.
Allerdings findet man die TCO weder auf der Anbieter-Website noch im Factsheet eines ETFs
Denn:
Die ETF-Anbieter und die Europäische Union haben sich wohl auf eine einheitliche Definition der TER geeinigt, die die laufenden jährlichen Kosten für den Besitz eines ETF angeben.
Für die Kennzahl der Total Cost of Ownership existiert jedoch aktuell noch keine gesetzliche Regelung.
Privatanleger sollten diese wichtige Kennzahl bei der ETF-Auswahl dennoch im Auge haben.
Folgende Kosten können im Einzelfall noch zu den TER hinzukommen:
1. Handelskosten
Beim Kauf und Verkauf eines ETFs an der Börse fallen bankübliche Ordergebühren und Spreads (Geld-Brief-Spannen) an, wie das u. a. auch beim Aktienhandel der Fall ist.
Im Unterschied zu vielen klassischen Fonds fallen beim ETF-Handel jedoch keine Ausgabeaufschläge und/oder Rücknahmegebühren an.
2. Kosten für optimiertes Sampling
Die publizierten Aufwendungen (TER) und die Einnahmen aus Wertpapierleihe sind nicht die einzigen Verursacher für Tracking-Differenzen bei ETFs.
Darüber hinaus kann die Methode der Indexabbildung eines ETFs auch ein Grund für eine Abweichung vom Referenzindex sein:
Ein ETF mit physischer Replikation, der z.B. einen sehr großen Index mit hunderten oder sogar tausenden Komponenten abbildet (z.B. den MSCI All Country World Index), kann für die Indexabbildung das sogenannte (optimierte) Sampling-Verfahren verwenden.
Hierbei wird lediglich ein Korb mit den größten und liquidesten Indexkomponenten ausgesucht.
Dadurch werden die Kosten minimiert, weshalb das Sampling-Verfahren nennenswerte Vorteile hat.
Da diese Methode von einer vollständigen Replikation abweicht, indem einige kleinere und weniger liquide Indexbestandteile nicht berücksichtigt werden, ergeben sich hierdurch weitere Tracking-Differenzen.
3. Kosten für Index-Turnover
Die Kosten für einen Index-Turnover sind ein weiteres Problem der Indexabbildung.
Obwohl das Investieren in einen Index eine passive Strategie ist, kann der Austausch von Index-Komponenten einen Turnover hervorrufen.
Strategien, wie z.B. eine Gleichgewichtung oder Indizes, welche nur ein Segment des Marktes, wie z.B. Value, Wachstum, und Dividenden berücksichtigen, haben eine noch höhere Umschlagshäufigkeit.
Selbst unter den Marktkapitalisierungsindizes können Firmenpleiten und Fusionen dazu führen, dass der Index neu gewichtet werden muss.
Die Kosten, um einen ETF mit physischer Replikation mit dem neu gewichteten Index wieder in Einklang zu bringen, spiegeln sich letztendlich in einer größeren Abweichung zur Rendite des Referenzindex wider.
4. Dividenden als Ursache für Tracking-Differenzen
Der Zeitpunkt und die steuerliche Behandlung von Dividendenzahlungen sind zwei weitere potentielle Ursachen für Probleme bei der Indexabbildung.
Die Zeit zwischen dem Ex-Dividenden-Tag eines ausschüttenden ETFs mit physischer Replikation und der Zahlung der eigentlichen Dividende (meist mehrere Wochen) kann die ETF-Performance belasten.
Während dieser Zeit liegt der auszuschüttende Betrag in einem vom Fonds getrennten Konto, das Guthabenzinsen erwirtschaftet.
Als Folge ist der Anleger während dieser Zeit in Höhe der ausstehenden Dividenden nicht in den Index investiert.
Dadurch erhöht sich die Gefahr, von der Index-Rendite abzuweichen.
5. Kosten für Rohstoffe
Viele Rohstoff ETFs (ETCs) und Währungs-ETFs (ETNs) verlangen zusätzlich zur Kostenquote TER eine Reihe weiterer Gebühren.
Dazu gehören
Depot und Lagergebühren (nur Edelmetall-Fonds mit physischer Hinterlegung),
Kosten für die Hinterlegung der Sicherheiten und Indexlizenzgebühren.
Die Kosten für die Hinterlegung von Sicherheiten spiegeln die Kosten wider, die das Hinterlegen von Sicherheiten verursachen, um das Kontrahentenrisiko für synthetische ETCs und ETNs zu reduzieren.
Lizenzkosten erklären sich von selbst.
Sie repräsentieren die Gebühren an den Indexanbieter für die Nutzung des geistigen Eigentums (der Benchmark) für die Konstruktion des ETFs.
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Einkünfte verschieben, Einkommen reduzieren
Diese Gebühren sind selten Bestandteil der Gesamtkostenquote TER und erscheinen eventuell noch nicht einmal explizit im Verkaufsprospekt.
Investoren sollten sich jedoch bei diesen Produkten über die versteckten Kosten bewusst sein.
Denn der ETF mit der niedrigsten TER ist nicht immer der mit der höchsten Rendite, wie wir im obigen Beispiel gesehen haben.
Folgendes solltest du bezüglich der Gesamtkosten beachten:
Die Total Cost of Ownership messen auch zusätzliche interne ETF-Kosten, die durch die TER nicht berücksichtigt werden.
Zudem fallen auch Steuern an und ETFs können – wie andere Fonds auch – Erträge aus Wertpapierleihe erwirtschaften.
Neben den oben genannten gibt es zusätzlich noch externe laufende Kosten bei Indexfonds, die Anleger besser identifizieren können.
Dazu gehören beispielsweise Depotgebühren, Ordergebühren und weitere Handelsgebühren wie der Spread.
Ebenso wie Börsengebühren, die anfallen, wenn ETFs gehandelt werden.
Folgende Abbildung zeigt einen Überblick über die Total Cost of Ownership:
Total Cost of Ownership
Quelle: justETF (https://www.justetf.com/de/news/etf/die-tatsaechlichen-kosten-eines-etfs-gesamtkostenquote-ter-vs-total-cost-of-ownership-tco.html am 9.11.2018)
Die externen Kosten sind recht transparent und können zum Teil der Abrechnung des Online Brokers entnommen werden.
Obwohl die tatsächlichen Kosten für ein ETF-Investment – die TCO – weit über denen der Gesamtkostenquote (TER) liegen können, sind ETFs naturgemäß immer noch eine günstige Anlage im Vergleich zu aktiv gemanagten Fonds und anderen Anlageformen.
Dr. Jürgen Nawatzki ist Diplom-Kaufmann und Fachjournalist (FJS).
Nach seiner Promotion war er mehrere Jahre Finanzberater bei MLP, bevor er seine Liebe zum Schreiben entdeckte und Autor und Finanzblogger wurde.
Soweit der Beitrag von Dr. Nawatzki. Der Inhalt gibt nicht unbedingt die Meinung von „Der-Privatier“ wieder.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Sehr geehrter Herr Dr. Nawatzki,
danke für den interessanten Bericht zu den ETF TER/TCO Kosten.
Leider habe ich bis heute keine Seite für Privatanleger gefunden, auf der die TCO Kosten der ETF`s angezeigt wrden. Ist wohl wiedermal so gewollt und gesetzlich geduldet dem ETF Käufer die tatsächlichen Kosten zu verschleiern.
Gesetzlich ist nur die Angabe der Total Expense Ratio (TER) geregelt und die Angabe der TCO nicht.
Daher gibt kein Anbieter die TCO freiwillig an, da es mit Arbeit und Kosten verbunden wäre.
So sollte man im Hinterkopf behalten, dass es zusätzlich zur TER noch weitere Kosten gibt.
Viele Grüße
Jürgen Nawatzki
Die Artikelserie „Auf der Jagd nach dem perfekten ETF“ des Finanzwesirs könnte in diesem Zusammenhang interessant sein:
https://www.finanzwesir.com/blog/perfekter-etf-ter-tracking-error
In den Kommentaren finden sich Infos zum finden der Tracking Differenz.
Herzlichen Dank für die interessanten Infos!
Grüße vom Bodensee
P.B.