BFH-Urteil zum Ausfall privater Darlehensforderungen
Hinweis: Das hier beschriebene BFH-Urteil könnte durch eine momentan ( Mai 2019) geplante Gesetzesänderung seine Bedeutung wieder verlieren! Mehr dazu im Beitrag: Endgültige Ausfälle von Kapitalforderungen kein steuerlicher Verlust
Es ist nun ca. 1,5 Jahre her, dass ich hier in dem Beitrag „Steuern bei Kapitalzahlungen laut Insolvenzplan“ erläutert habe, wie Verluste steuerlich behandelt werden, die nicht durch den Verkauf einer Kapitalanlage, sondern im Rahmen einer Insolvenzabwicklung entstehen.
Aktuelle Beispiele waren seiner Zeit einige von der Insolvenz betroffene Aktien und Anleihen einiger deutscher Mittelstandsunternehmen, die (zumindest bei den betroffenen Anlegern) für einigen Wirbel gesorgt haben. Die bekanntesten Namen in dieser Zeit waren sicher KTG Agar und German Pellets. VIelleicht auch noch Windreich und Steilmann-Boecker. Eine ganze Reihe anderer Firmen ist seitdem gefolgt.
Die damalige (und bis heute gültige) Auffassung des Finanzministerium war, dass ein solcher Verlust „persönliches Pech“ ist und daher steuerlich nicht zu berücksichtigen sei. So nachzulesen in den den „Einzelfragen zur Abgeltungsteuer“ Neuveröffentlichung des BMF-Schreibens vom 18.Jan.2016, Rz. 60a.
Dort heisst es: „Der nicht zurückgezahlte Teil des Nennwertes ist als schlichter Forderungsausfall zu würdigen und einkommensteuerrechtlich unbeachtlich.“
=> Abfindung und Ruhezeit (1)
Mit: Grundlagen, Dauer und Folgen einer Ruhezeit
Neues BFH-Urteil
Damals habe ich schon geschrieben, dass ich diese Ansicht des Finanzministerium überhaupt nicht nachvollziehen könne und sich dies mit meinem Rechtsempfinden in keiner Weise vereinbaren ließe.
Nun – der Bundesfinanzhof hat Ende letzten Jahres ein Einsehen gehabt und ein entsprechendes Urteil eines Finanzgerichtes, welches der Ansicht des Finanzministeriums gefolgt war, wieder einkassiert: Urteil vom 24. Oktober 2017 VIII R 13/15.
Der Kernsatz lautet: „Der endgültige Ausfall einer Kapitalforderung führt nach Einführung der Abgeltungsteuer zu einem steuerlich anzuerkennenden Verlust in der privaten Vermögenssphäre.“
Wie die Veräußerung ist nach dem Urteil des BFH auch die Rückzahlung ein Tatbestand der Endbesteuerung.
Einschränkungen
Ein steuerbarer Verlust aufgrund eines Forderungsausfalls liegt allerdings erst dann vor, wenn endgültig feststeht, dass (über bereits gezahlte Beträge hinaus) keine (weiteren) Rückzahlungen (mehr) erfolgen werden. Die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners reicht hierfür in der Regel nicht aus. Etwas anderes gilt, wenn die Eröffnung des Insolvenzverfahrens mangels Masse abgelehnt wird oder aus anderen Gründen feststeht, dass keine Rückzahlung mehr zu erwarten ist.
Wie immer ist ein solches Urteil zunächst einmal nur für den speziellen Einzelfall zu sehen und es bleibt abzuwarten, wie das untergeordnete Finanzgericht den Fall neu beurteilen wird.
=> Ach was? - Progressionsvorbehalt
Mit: Erläuterung des Prinzips und Beispiel
Aus meiner Sicht ist aber davon auszugehen, dass sich zunächst das Finanzgericht der Meinung des BFH anschliessen wird und es dann im Laufe der Zeit auch eine Anpassung der Richtlinien des Finanzministeriums geben wird.
Zu unterscheiden ist sicher auch zwischen den Verlusten, die Anleihegläubigern (also Fremdkapital-Gebern) durch eine Insolvenz entstanden sind und solchen, die Aktien-Inhabern (also den Eigentümern) entstanden sind. Das Urteil bezieht sich nur auf Darlehen! Bei Aktien-Inhabern habe ich da so meine Zweifel…
Solange dies alles nicht endgültig geklärt ist, sollten Betroffene ihre Verluste auf jeden Fall steuerlich geltend machen und bei einer evtl. Ablehnung durch das Finanzamt ungehend Einspruch einlegen mit dem Verweis auf das o.g. BFH-Urteil.
Für mich bedeutet dies zumindest noch einen kleinen Hoffnungsschimmer für meine damals nicht unerheblichen Verluste durch die KTG-Agrar Insolvenz. Und die weitaus weniger wichtige Insolvenz eines Crowdinvesting-Projekts (Zinsland – Luvebelle).
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Hierzu habe ich aktuell zwei Fragen bzw. Anmerkungen:
1) Oben steht im Kernsatz des Urteils: …nach Einführung der Abgeltungssteuer…also die steuerliche Anerkennung des Verlustes auf privater Vermögensebene. Soll das bedeuten, dass das Urteil sich nur auf sogenannte steuerliche Neufälle bezieht, also Erwerb nach Einführung der Abgeltungssteuer am 1.1.2009?
2) Wie ist das Ganze für Gesellschafter von geschlossenen Immobilienfonds in der Rechtsform einer KG bei Insolvenz zu sehen?
Kann das hier jemand beantworten oder hat eine Idee/Meinung dazu?
Gruß, Nick
Nun, ich ja auch kein Jurist und insofern nicht in der Lage, ein solches Urteil abschließend und umfänglich einzuordnen.
Nach meinem (laienhaften) Verständnis steht das Urteil aber tatsächlich in einem engen Zusammenhang mit der Einführung der Abgeltungssteuer und ich würde es daher zunächst einmal nur auf Fälle anwendbar sehen, die ab 2009 entstanden sind.
Weiterhin bezieht sich das Urteil zunächst einmal nur auf Darlehen und im Beitrag oben hatte ich ja bereits angedeutet, dass ich Zweifel habe, ob man dies auch auf Aktionäre eines insolventen Unternehmens übertragen kann. Ich denke eigentlich eher nicht.
Und genau so sehr ich dies bei anderen Gesellschaftsformen. Als Aktionär oder Kommanditist ist man Mit-Eigentümer und die investierten Gelder sind Eigenkapital.
Ein Darlehen (oder eine Anleihe) ist Fremdkapital. Ich denke daher nicht, dass man das Urteil übertragen kann.
Gruß, Der Privatier