Kap. 2.5: Altersvorsorge statt Abfindung
Im letzten Beitrag ging es darum, alleine durch die Beachtung von Fristen und durch eine geschickte Wahl von Terminen im Aufhebungsvertrag erhebliche Vorteile für die späteren Folgen im Bezug auf die Steuerbelastung, beim Bezug von Arbeitslosengeld und bei den Beiträgen zur gesetzlichen Krankenversicherung zu erlangen.
Die Vorschläge waren einfach zu verstehen und leicht umzusetzen. Solange der Arbeitgeber mitspielt, sollten sich diese Maßnahmen ohne Probleme realisieren lassen.
Im heutigen Beitrag soll es nun um weitere, sehr effektive Varianten gehen, mit denen man gleichzeitig die Steuerlast senken kann und dabei noch die eigene Altersvorsorge stärken kann. Im Endeffekt geht es darum, die Zahlungen ans Finanzamt in die eigene Rente umzulenken.
Allerdings sind diese Maßnahmen etwas komplizierter zu verstehen und anzuwenden. Hier ist auch ein fachkundiges Mitwirken von Seiten des Arbeitgebers gefragt. In Fällen, in denen das Verhältnis zum ehemaligen Arbeitgeber massiv gestört ist, werden diese Vorschläge daher nur schwer umzusetzen sein. Aber auch bei einem weiterhin guten Verhältnis wird man manchmal auf Unkenntnis, Unwillen oder schlicht auf Ablehnung stossen. Dennoch kann es sehr lohnenswert sein, die im Folgenden beschriebenen Maßnahmen zu prüfen.
=> Serie: Hinweise zum Dispojahr
Mit: Grundlagen, Durchführung, Vor- und Nachteilen
Einzahlung in die betriebliche Altersvorsorge (bAV)
Relativ einfach sind die Regeln für Einzahlungen in eine betriebliche Altersvorsorge, die in Form einer Direktzusage des Arbeitgebers (oder einer Unterstützungskasse) organisiert ist. Oftmals sind solche Direktzusagen reine Arbeitgeberleistungen, prinzipiell können aber auch Entgeltumwandlungen aus dem Gehalt des Arbeitnehmers vereinbart werden. In diesem Fall sind die Beiträge des Arbeitnehmers in voller Höhe und ohne Grenzen steuerfrei!
Für die Sozialversicherungen besteht Beitragsfreiheit bis zu einer Höhe von max. 4% der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzl. Rentenversicherung (West), für 2021 entspricht dies einer Summe von 3.408€.
Dem steuerlichen Vorteil in der Einzahlungsphase steht die komplette Besteuerung (und KV-Pflicht) in der Auszahlungsphase gegenüber.
Etwas komplizierter sind die Regeln für betriebliche Altersvorsorgen, die in Form von Pensionskassen, Pensionsfonds oder Direktversicherungen organisiert sind. Hier können Beiträge, die im Zusammenhang mit der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses in diese Verträge eingezahlt werden, im Rahmen der sog. Vervielfältigungsregelung teilweise steuerfrei bleiben
Der Begriff „Vervielfältigungsregel“ ergibt sich aus dem Berechnungsverfahren, mit dem die Höchstgrenze für die steuerfreien Einzahlungen bestimmt wird. Diese Höchstgrenze beträgt 4% der Beitragsbemessungsgrenze der gesetzl. Rentenversicherung (West), vervielfältigt mit der Anzahl der Beschäftigungsjahre, die ein Arbeitnehmer bei seinem Arbeitgeber beschäftigt war (max. 10 Jahre).
Für 2021 beträgt die Beitragsbemessungsgrenze 85.200 EUR, somit ergibt sich mit 4% ein Betrag von 3.408 EUR, der für jedes Beschäftigungsjahr (max. 10) steuerfrei vom Arbeitgeber eingezahlt werden kann, in der Summe also max. 34.080€ (für 2021).
Bei den Details zur Berechnung und zur steuerlichen Behandlung ist jedoch noch zwischen „alten“ und „neuen“ Verträgen zu unterscheiden. Stichtag ist dabei der 01.01.2005.
In meinem Buch „Per Abfindung in den Ruhestand“ gibt es zu diesem Thema ein eigenes Kapitel mit einigen Beispielen, so dass die Vorteile dieser Möglichkeit etwas deutlicher werden. Evtl. werde ich das Thema später hier auch einmal in einem gesonderten Beitrag erläutern.
Die Grundidee besteht aber ganz einfach darin, die Summe der ursprünglich geplanten Abfindung zu reduzieren und stattdessen eine Einzahlung in eine der o.g. betrieblichen Altersvorsorgeeinrichtungen vorzunehmen. Damit ergibt sich gleich ein mehfacher Vorteil:
- Die Einzahlung in die bAV ist steuerfrei
- Die Abfindungssumme ist geringer und damit werden Steuern eingespart.
- Die späteren Bezüge aus der betrieblichen Altersvorsorge werden erhöht
Ein Nachteil soll aber auch nicht verschwiegen werden: Die späteren Bezüge aus der bAV unterliegen ggfs. der Steuer und es sind Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung zu zahlen.
Einzahlung in die gesetzliche Rentenversicherung (DRV)
Eine ähnliche Idee steht auch hinter einer weiteren Möglichkeit der gleichzeitigen Optimierung von Steuerbelastung und Altersrente. Auch hier geht es darum, die Summe der Abfindung zu reduzieren und stattdessen eine Einzahlung durch den Arbeitgeber in die Rentenversicherung vorzunehmen zu lassen.
Dieses Verfahren basiert aber auf anderen gesetzlichen Grundlagen und bedarf einer genau festgelegten Vorgehensweise. Mehr zu den Details gibt es in einem Gastbeitrag von Steuerberater M.Schmetz: „Ausgleichszahlung des Arbeitgebers zur Vermeidung von Rentenabschlägen“ .
Wenn der Arbeitgeber bereit (und in der Lage) ist, dieses Verfahren durchzuführen, können sich damit hohe Steuervorteile ergeben und es empfieht sicher daher auf jeden Fall, diese Option in die Verhandlungen über einen Aufhebungsvertrag einzubeziehen.
=> Regelaltersrente - Übergangsregel
Tabelle für betroffene Jahrgänge, weitere Links
Einzahlung in ein Wertguthaben mit Übertragung an die DRV
Die dritte Variante besteht darin, die Abfindung zu reduzieren und stattdessen eine Sonderzahlung (für langjährige gute Leistungen, Bonus oder Prämie) zu vereinbaren, diese aber nicht auszuzahlen, sondern auf ein vorhandenes Wertguthaben-Konto zu buchen. Solche Konten werden in einigen Unternehmen bereits geführt, um z.B. Vergütungen für Überstunden und Sonderzahlungen anzusammeln, um später einmal entweder eine längere Auszeit nehmen zu können oder ggfs. früher in Rente gehen zu können.
Ein solches Wertguthaben kann der AG (steuer- und abgabenfrei!) zum Ende des Beschäftigungsverhältnisses auf die Deutsche Rentenversicherung DRV übertragen . Dieses Guthaben ist dann völlig unabhängig von einem späteren Rentenanspruch bei der DRV und ist dazu gedacht, bereits in den Jahren vor der Rente im monatlichen Beträgen ganz ähnlich wie ein Gehalt ausgezahlt zu werden. Mehr dazu im Beitrag: „Wertguthaben an DRV übertragen“ .
=> Vorschlag für einen Finanzplan (1/3)
Mit: Tabellen-Kalkulation, Folgejahre, Grafik
Zusammenfassung
Die vorgestellten Gestaltungsvorschläge verfolgen gemeinsam die Idee, einen Teil einer geplanten Abfindung in die Altersvorsorge des Arbeitnehmers fliessen zu lassen. Die Beiträge zur Altersvorsorge werden steuerlich gefördert und sind daher (in gewissen Grenzen) oftmals steuerfrei. Im Zusammenhang mit der Anwendung der Fünftelregel können sich dadurch teilweise deutliche Steuerersparnisse erzielen lassen, die gleichzeitig die spätere Rente erhöhen.
Auch wenn sich ähnliche Möglichkeiten teilweise auch noch später (nach Auszahlung der Abfindung) ergeben, so müssen die oben dargestellten Varianten bereits im Aufhebungsvertrag vereinbart werden. Es ist daher dringend anzuraten, sich frühzeitig mit den Themen zu befassen, die Möglichkeiten mit der eigenen Personalabteilung u./o. Betriebsrat auszuloten und ggfs. einige Modellrechnungen im Vorfeld durchzuführen (Steuerberater).
Im nächsten Beitrag wird es dann um ein paar Formulierungen im Aufhebungsvertrag gehen, die u.U. auch von Bedeutung sein könnten.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Danke für den Beitrag und die anschauliche Gliederung.
Noch ein Zusatz zur ersten Option, der Einzahlung in die betriebliche Altersvorsorge (bAV): Sofern der Arbeitgeber für die bAV auch den Durchführungsweg der „Direktzusage“ anbietet, können beliebig hohe Entgelt- und Abfindungszahlungen steuerfrei dort eingebracht werden.
Vielen Dank für den Hinweis! Ich habe dies entsprechend oben im Beitrag ergänzt.
Gruß, Der Privatier
Ich bin immer noch auf der Suche nach einer groben Berechnung für die Auswirkung der späteren Verbeitragung der bAV-rente im Falle einer GKV Mitgliedschaft.
Stimmt meine Annahme, dass ich bei einer Einzahlung von 100.000 € aus beitragsfreier Abfindung in die bAV, die mir dann mit grob 300 € monatlicher Rente ausbezahlt würden, bei 18,5% GKV-Beitrag und Pflege selbst bis zum Alter von über 90 Jahren nicht mal meine Einzahlung heraus bekäme? Natürlich nur vor Steuern.
@ichbinmuede: jau, Pi-mal-Daumen und ohne eventuelle Steuervorteile/ausgeschöpfte Freibeträge zu berücksichtigen.
Punkte kaufen bei der DRV ist da vielleicht interessanter, da könnte es bis zum Bezug (und danach) noch Erhöhungen geben…
Aber hier im Blog gibt es doch Anleger; Dividenden, etf’fen oder Projekte scheinen doch sinnvoll (also nicht für mich) Höhe Renditen?
MbG
Joerg
Rentenversicherungen sind immer eine Wette auf ein langes Leben.
Wann genau der Punkt erreicht wird, an dem die eingezahlten Beiträge wieder zurückgeflossen sind, hängt dann von vielen Parametern ab. Dabei müssten korrekterweise aber auch alle Vorteile in der Einzahlungsphase und alle Belastungen in der Auszahlungsphase berücksichtigt werden. Und natürlich, welche Rentenzahlung sich aufgrund der Einzahlung ergibt.
Bei den im obigen Beitrag genannten Vorschlägen steht aber die Idee im Vordergrund, eine ansonsten fällige hohe Steuerbelastung zu einem Teil für die Erhöhung der eigenen Rente zu verwenden. In einigen (günstigen) Fällen kann dabei die Steuerersparnis sogar höher als die Einzahlung in die Rentenversicherung sein! Da stellt sich die Frage nicht mehr, ob und wann sich das amortisiert.
Gruß, Der Privatier
Pauschal besteuerte Direktversicherung durch Umwandlung von Brutto Arbeitseinkommen vor 2005 abgeschlossen
Über den „Vervielfältiger“ kann ich aus meiner Abfindung vom AG per Einmalzahlung (20% Pauschsteuer) eine zusätzliche Direktversicherung abschließen.
Weiß hier durch Zufall jemand, ob ich die restlichen 5 Beitragsjahre a 1752€, (meine alte Direktversicherung) die ich weiter selber (aus versteuertem Einkommen) zahlen kann, wieder von der Steuer absetzen kann, z.B. Vorsorgeaufwendungen?
…Thema hier an der richtigen Stelle platziert?
Vielen Dank
Wenn ich die Frage richtig verstanden habe, geht es um eine zuvor über den AG bestehende Direktversicherung, die nach dem Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis vom AN weitergeführt werden soll?
Das Wichtigste in diesem Fall: Der Vertrag muss umgeschrieben werden, so dass der AN hier der Vertragspartner der Versicherung wird! Ansonsten zahlt man später zuviel Krankenkassenbeiträge.
Die selbst gezahlten Beiträge können grundsätzlich als „sonstige Versicherungen“ im Bereich der Sonderausaben steuerlich geltend gemacht werden. In der Regel sind aber die Höchstbeträge bereits durch Beiträge zur Krankenversicherung etc. ausgeschöpft, so dass die anderen Versicherungen keine steuerliche Wirkung mehr entfalten können.
Einen Ausweg daraus bietet die Vorauszahlung von Krankenkassenbeiträgen. Siehe Beitrag:
https://der-privatier.com/kap-10-2-vorauszahlung-von-krankenkassenbeitraegen
Gruß, Der Privatier
Hallo zusammen, weiß jemand wie ein sogenannter “ Retention Bonus“ steuerlich behandelt wird? Dieser Bonus steht ja schon in Zusammenhang des Arbeitsplatzverlustes, aber wird die Summe als normaler Arbeitslohn versteuert? Das Finanzamt fordert doch eine Kalkulation der Abfindung vom AG?
Ich erhalte die Summe x als Abfindung aus dem Sozialplan , plus eine Summe xy zusätzlich, wenn ich bis zum Ende des Projektes ( Übergabe der Arbeiten = Verlagerung Arbeitsplatz ins Ausland) bleibe. HR schickte mir eine Vereinbarung dazu, dass das Geld zum Ende des Projektes ausbezahlt wird, das wird die Aussprache der Kündigung sein, im Februar 22 .Ich habe das allerdings ändern lassen, so dass die Summe mit der Abfindung ausbezahlt wird. Ich weiß jetzt nicht, wie das auf der Abrechnung erscheint- greift hier auch die Fünftel-Regel? Oder mach es mehr Sinn diese Summe xy vor Auszahlung der Abfindung ( Termin Januar 23,im Dezember 22 als teilweise Ausgleichszahlung in die DRV durch den AG zahlen zu lassen? Der Bescheid der RV liegt vor.
Moin Fiene,
der „Retention Bonus = Bleibeprämie“ ist als Arbeitslohn anzusehen, damit entfällt dieser Bonus als Bestandteil der Abfindungszahlung. Hier greift die Fünftelregelung nicht. Mehr Sinn ergibt eine Einzahlung in die DRV durch den AG. (siehe Link oben: „Ausgleichszahlung des Arbeitgebers zur Vermeidung von Rentenabschlägen“)
Gruß
Lars