Top oder Flop – Folge 33: Verfallene Optionsscheine
So ganz passt mein heutiger Beitrag eigentlich nicht in die Rubrik „Top oder Flop“.
Es ist mehr so eine Mischung aus eigenen Erfahrungen, einem BFH-Urteil aus 2016 und ein paar enttäuschenden Erkenntnissen.
Es geht um Optionsscheine. Genauer gesagt: Um verfallene Optionsscheine. Ganz nebenbei gelten die folgenden Erkenntnisse auch für „echte“ Optionen. In dieser Hinsicht sind die beiden Gattungen nämlich identisch. Aber da ich meine Erfahrungen, die ich hier schildern will, tatsächlich mit Optionsscheinen gemacht habe, werde ich daher weiterhin nur von Optionsscheinen sprechen.
Eine der wichtigsten Merkmale von Optionsscheinen ist es, dass sie eine begrenzte Laufzeit haben. Diese kann sehr unterschiedlich sein und reicht von wenigen Tagen bis zu einem oder zwei Jahren. Noch längere Laufzeiten sind natürlich auch möglich, sind aber eher selten.
Hat ein Optionsschein am Ende der Laufzeit einen Wert, wird dieser in der Regel ausbezahlt. Besser schaut man aber in die exakten Bedingungen, damit man keine Überraschungen erlebt. Heute soll es aber um die weniger schönen Fälle gehen, in denen so ein Optionsschein am Ende keinen Wert mehr hat.
=> Steuern auf Kapitalerträge – Die Anlage KAP
Wer muss ausfüllen? Wer sollte ausfüllen?
Verkauf vor Ablauf der Laufzeit
Dazu zunächst der Hinweis, dass ich es immer empfehlen würde, einen Optionsschein vor dem Ende der Laufzeit zu verkaufen. Das gilt sowohl für den Gewinnfall, als auch für den Verlustfall.
Im Gewinnfall kann man sich zwar durch das Auslaufen-lassen die Verkaufsgebühr ersparen. Dieser Gewinn steht aber meistens in keinem Verhältnis zu dem Risiko, welches man eingeht, wenn im letzten Moment doch noch Ereignisse eintreten, die den sicher geglaubten Gewinn wieder zunichte machen. Außerdem ist der Zuwachs an Gewinnen in der letzten Phase der Laufzeit meist nur sehr schleppend. Da lohnt das Warten dann meistens nicht.
Im Verlustfall war es bis zum letzten Jahr schon fast zwingend, einen Optionsschein vor Fälligkeit zu verkaufen. Denn die Verluste aus einem verfallenen Optionsschein konnten steuerlich nicht geltend gemacht werden. Das Finanzministerium stand auf dem Standpunkt, dass nur durch einen Verkauf auch ein entsprechender Verlust entstehen würde. Hier war also immer rechtzeitiges Handeln angesagt.
Emittenten haben diese Regelung auch jahrelang netterweise unterstützt, indem sie auch bei völlig wertlosen Optionsscheinen diese immer noch zu einem symbolischen Preis von 0,01€ (oder 0,001€) zurückgenommen haben.
Nun hat aber der Bundesfinanzhof im Januar 2016 entschieden, dass diese Sicht des Finanzministerium falsch ist und daher auch die Verluste durch verfallene Optionsscheine steuerlich anzuerkennen sind. Sehr schön!
Details dazu im Schreiben des Bundesfinanzministeriums (Urteile BFH IX R 48/14, IX R 49/14 und IX R50/14 vom 12. Januar 2016).
Verfall verpennt
Vielleicht weil ich dieses Urteil des BFH im Hinterkopf hatte, aber wahrscheinlich eher, weil ich einfach ein wenig die Übersicht über verschiedene Optionen und Optionsscheine mit unterschiedlichen Basispreisen und Laufzeiten im Zusammenhang mit der Bayer/Monsanto-Übernahme verloren hatte, habe ich im Januar 2017 den Verfall eines Optionsscheines verpennt!
(Anm.: Die folgenden Schilderungen liegen also schon ein wenig zurück!)
Und habe dies dann erst eine Woche später gemerkt, als ich eigentlich vorhatte, zu dem o.g. symbolischen Preis den Verlust zu realisieren. Da gab es den Schein schon gar nicht mehr. 🙁
Aber er lag immer noch in meinem Depot.
Comdirect
Mein Anruf bei der Comdirect-Bank, was denn nun mit dem verfallenen Optionsschein passieren würde, wäre wohl einen gesonderten Beitrag wert. Ich finde es immer wieder unglaublich, mit welcher festen Überzeugung manche Mitarbeiter von Call-Centern einen unglaublich Schwachsinn von sich geben. Erst nach einer ca. 15-minütigen intensiven Auseinandersetzung wollte ich dann das Gespräch beenden und habe um die Adresse einer Fachabteilung gebeten, um die Angelegenheit schriftlich klären zu können.
Bis dahin hatten wir über die Steuerfrage noch gar nicht gesprochen…
Um es ein wenig abzukürzen: Ein paar Tage später wurde der Schein ohne Mitteilung und ohne Abrechnung ausgebucht. Ohne jede Steuerwirkung. Mit zwei weiteren Telefonaten und meinem Hinweis auf das BFH-Urteil wurde mir dann zugesichert, dass „dies bekannt sei und ich eine korrigierte Abrechnung bekommen würde“ – und (Originalton!): „Noch in diesem Jahr!„
Ich fass‘ es nicht! Noch in diesem Jahr! Das sagt man mir im Januar! Und auch noch mit einem gewissen Stolz in der Stimme: „Das schaffen wir sogar noch in diesem Jahr. Toll, oder?„
Aufgrund meiner Fassungslosigkeit über dieses atemberaubende Tempo (das BFH-Urteil war da ca. 1 Jahr alt, ein entsprechendes Schreiben vom Bundesfinanzministerium ca. 1/2 Jahr) hat dann meine Gesprächspartnerin aber etwas eingelenkt und gemeint, es würde voraussichtlich Juli 2017 werden. Solche Änderungen müssten ja sorgfältig vorbereitet und geprüft werden.
Das beruhigt mich dann ja wieder… 😉 (ich brauche mal so ein Smiley, das in die Tischkante beisst…)
=> Ach was? - Progressionsvorbehalt
Mit: Erläuterung des Prinzips und Beispiel
Fazit: Top und Flop
Ja, was ist das Fazit aus dieser Geschichte?
Es ist natürlich ein äussert ärgerlicher Flop, wenn ein Optionsschein wertlos verfällt. Da ist es nur ein kleiner Trost, wenn man einen solchen Verlust dann zumindest steuerlich geltend machen kann.
Wenn ich dabei dann auch noch einen Verfallstag verpenne, sollte mir das ernsthaft zu denken geben. Das gehört dann auch in die Rubrik: Flop.
Ich glaube das Einzige, was noch einigermassen als Top zu bezeichnen ist, ist das anlegerfreundliche Urteil des BFH aus dem Jahre 2016, nachdem auch verfallende Optionsscheine als steuerlicher Verlust geltend gemacht werden können.
Auch bei der Comdirect überwiegt der Eindruck des Flop, denn auch wenn es am Ende wahrscheinlich alles korrekt zu Ende geht, hätte ich mir doch einen Ablauf mit deutlich weniger Problemen vorgestellt: Punktabzug!
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag! Generell finde ich erstmal die Reihe „Top oder Flop“ eine sehr gute Sache. Diesmal ist es ja recht eindeutig, dass von den Optionsscheinen eher abgeraten wird. Solche Erfahrungen sind immer sehr hilfreich bei der eigenen Entscheidungsfindung.
Nein – das war nicht mein Fazit. Ich wollte nicht von Optionsscheinen abraten. Keinesfalls.
Sie haben ihre Vorteile und ihre Nachteile, Risiken und Chancen. Und das darf dann gerne jeder für sich selber abwägen. Bei mir persönlich gehören auch Optionsscheine mit zum Repertoire.
Gruß, Der Privatier
Ach Peter , IMMER WIE IMMER .
Recht haben und Recht bekommen sind immer ZWEIERLEI .
Da solltest Du aber an deiner Erwartungshaltung nochmal arbeiten !!!!
LG Det
Hallo Peter,
ich habe einen Optionsschein vor dem Verfalldatum mit Verlust verkauft.
Der Preis pro Schein lag dann „noch“ bei 0,001 Euro . Insgsammt 0,08 Euro.
Ich musste noch Orderkosten von 4,87 Euro zahlen.
Der Verlust wurde nicht in einen Verlusttopf eingebucht.
Der Verlust-Wert stand nur unter „Veräusserungsverlust nach Differenzmethode“.
Muss die Bank mir das noch in den Verlusttopf einbuchen oder wie kann man den Verlust geltetnd machen. Die Bank ist die Consord Bank.
Vielen Dank
Kann ich leider nicht mit Sicherheit beantworten 🙁
Denn die im obigen Beitrag genannten BFH-Urteile und BMF-Schreiben beziehen sich ausdrücklich nur auf verfallene Optionsscheine. Auch wenn ich der Meinung bin, dass damit der Veräußerungsbegriff ganz allgemein neu definiert wurde, bin ich mir nicht sicher, ob man dies auch auf verkaufte Optionsscheine übertragen kann.
Ich würde einfach einmal bei der Bank mit dem Hinweis auf die geänderte Rechtslage (s. o.g. Urteile) nachfragen, ob sie die Verluste noch anrechnen wird. Ggfs. auch schriftlich widersprechen.
Wenn alles nichts hilft, versuchen die Verluste mit den entsprechenden Abrechnungen und Erläuterungen versehen, bei der Steuererklärung geltend zu machen.
Aber wie gesagt: Ich bin mir nicht sicher, ob die im Beitrag geschilderte Rechtlage hier überhaupt zutrifft. Nach meinem Rechtsverständnis ja – aber ich kann mich täuschen.
Gruß, Der Privatier
Hallo Peter,
in meiner Abrechnung stand noch:
Der Verlust wurde nicht in den Verrechnungstopf eingestellt, da keine Veräußerung i.S. des § 20 Absatz 2 EStG
vorliegt.
Ich habe eben mit meiner Bank telefoniert und die können da auch nichts machen.
Man sagte mir aber noch, das Optionsscheine, die ab 2017 aufgelegt werden und wertlos verfallen ab jetzt in den Verlusttopf gebucht werden. Dazu gibt es wohl auch ein neues Urteil. Allerdings vorher mit Verlust verkaufte (wo der Wert geringer ist als die Orderkosten) nicht anrechenbar sind.
Ich versuche also noch am Ende des Jahres die Verluste bei der Steuer geltend zu machen. Ich werde berichten.
Vielen Dank noch einmal für Deine Hilfe.
Viel Erfolg und ich bin gespannt, was dabei heraus kommt.
Bitte nicht vergessen, das Ergebnis mitzuteilen (wird ja noch ungefähr ein Jahr dauern…). 😉
Gruß, Der Privatier
Und heute von mir hier das gute Ende der Geschichte:
Mein Verlust für den verfallenen Optionsschein ist heute vollständig und ohne weitere Diskussionen anerkannt worden. 🙂 Was lange währt, wird endlich gut!
Nun bin ich auch wieder versöhnt, was die Behandlung des Falles durch comdirect angeht. Es hat zwar lange gedauert – aber am Ende ist doch alles korrekt. Sehr schön. 🙂
Gruß, Der Privatier