Kap. 6.8.3: Beiträge für Ausbildung oder Scheidung
In den letzten beiden Beiträgen haben wir zwei Möglichkeiten kennengelernt, um freiwillige Beiträge für die gesetzliche Rentenversicherung einzuzahlen.
Im ersten Beitrag ging es dabei um die freiwilligen Monatsbeiträge für Zeiten, die nicht bereits durch Pflichtversicherungsbeträge abgedeckt sind.
Und der zweite Beitrag handelt von Ausgleichszahlungen für Rentenabschläge bei vorzeitigen Renten.
Beide Möglichkeiten stehen einer breiten Leserschaft, aber insbesondere den (angehenden) Privatiers offen. Für die erste Variante dürfen keine Pflichtversicherungen vorliegen – das ist für einen Privatier typisch. Für die zweite Variante muss man älter als 50 Jahre sein. Das ist vielleicht nicht immer der Fall, aber irgendwann erreicht man dieses Alter ja einmal (hoffentlich).
Heute möchte ich noch kurz zwei weitere Möglichkeiten der freiwilligen Einzahlungen in die GRV vorstellen. Diese dürften allerdings nur für einen kleinen Teil der Leser möglich sein, denn dazu man muss entweder jünger als 45 Jahre sein: Einzahlungen für Ausbildungszeiten. Oder aber bei einem Versorgungsausgleich nach einer Scheidung einige Rentenpunkte an den ehemaligen Ehepartner abgegeben haben.
Für alle, auf die keiner der beiden Punkte zutrifft, ist der folgende Beitrag nicht von Bedeutung.
=> Regelaltersrente - Übergangsregel
Tabelle für betroffene Jahrgänge, weitere Links
Einzahlungen für Ausbildungszeiten
Für Schulzeiten, die nach dem 16. Lebensjahr liegen, können freiwillige Beiträge nachgezahlt werden, sofern diese nicht bereits mit Beiträgen belegt sind oder als Anrechnungszeit berücksichtigt werden.
Ein erster Blick in die letzte verfügbare Renteninformation kann dabei bereits Auskunft geben, ob und wie diese Zeiten im Rentenverlauf vermerkt sind. Anschliessend sollte auf jeden Fall eine Rentenberatung in Anspruch genommen werden, um prüfen zu lassen, für welche Zeiten noch Beiträge nachgezahlt werden können.
Falls eine Nachzahlung in Frage kommt und auch gewünscht wird, muss dann ein Antrag (V0080) gestellt werden.
Die Höhe der Beiträge ist dann ähnlich wie im ersten Beitrag über die freiwilligen Monatsbeiträge frei wählbar innerhalb der Spanne von Minimal- und Maximalbeitrag (für 2021: von 83,70€ – 1320,60€ pro Monat).
Wichtig: Die Antragstellung ist nur möglich, solange man noch jünger als 45 Jahre ist! Man kann aber auch Teilzahlungen (bis zu 5 Stk.) beantragen, die dann auch noch in den Folgejahren (nach Vollendung des 45. Lebensjahres) gezahlt werden können. Weitere Details dazu siehe Kommentar.
Aus steuerlicher Sicht werden die nachgezahlten Beiträge für Ausbildungszeiten nicht anders behandelt wie alle anderen Beiträge für eine Basisversicherung auch.
Solche Nachzahlungen sind insbesondere dann sinnvoll, wenn bereits absehbar ist, dass die Wartezeiten (35 oder 45 Jahre) für eine später angestrebte Rente u.U. nur schwer zu erreichen sind. Es kann aber auch aus steuerlicher Sicht interessant sein, oder auch ganz einfach, um die Rente ein wenig zu erhöhen.
=> Einkünfte, Einnahmen und Einkommen
Wichtig für das Verständnis von Steuerfragen
Einzahlungen zum Auffüllen eines Versorgungsausgleiches
Nach einer Scheidung wird (wenn es nicht anders vereinbart wurde) ein sog. Versorgungsausgleich durchgeführt. Dabei werden alle Rentenanwartschaften, die während der Ehe von beiden Ehepartnern erworben wurden, auf beide Partner gleichmäßig aufgeteilt. Derjenige, der während der Ehe also mehr Rentenpunkte erworben hat, gibt dem anderen soviele Punkte ab, dass danach beide gleich viele Punkte (während der Ehezeit) haben.
Auf die Details zur Durchführung des Versorgungsausgleiches möchte ich hier nicht eingehen. Das würde hier den Rahmen sprengen, ist für unsere Thematik aber auch nicht von Interesse. Wichtig ist, dass als Ergebnis des Ausgleiches der höher verdienende Ehepartner weniger Rentenpunkte hat, als dies ursprünglich der Fall war und wie es vielleicht in langfristigen Renten- und Finanzplänen bereits berücksichtigt war.
Diese „verlorenen“ Rentenpunkte können aber nun durch freiwillige Zahlungen wieder aufgefüllt werden. Das angenehme an dieser Variante der freiwilligen Zahlungen: Das geht ohne bürokratische Hindernisse! Dazu ist weder ein Formular noch ein Antrag erforderlich. Die Zahlungen können einmalig oder in Raten und in frei wählbarer Höhe erfolgen.
Im Bescheid über den Versorgungsausgleich, der nach Abschluss der Scheidung zugestellt wurde, gibt es einen Hinweis über die Möglichkeit der Ausgleichszahlungen. Dort ist auch eine Kontoverbindung und ein Aktenzeichen genannt. Mehr braucht man nicht.
Zu allen anderen Fragen, was z.B. ein Rentenpunkt kostet und ob sich das Auffüllen des Versorgungsausgleichs lohnt, sowie zur steuerlichen Behandlung verweise ich auf den Beitrag über die freiwilligen Monatsbeiträge. Die dortigen Erläuterungen gelten in gleicher Weise auch für den Versorgungsausgleich.
Alternative
Damit wären mit den letzten Beiträgen alle Varianten der freiwilligen Einzahlungen in die gesetzliche Rentenversicherung abgehandelt.
Wer für keine der vorgestellten Varianten die erforderlichen Voraussetzungen mitbringt, aber dennoch gerne etwas für die Altersvorsorge tun und gleichzeitig Steuern sparen möchte, für den bleibt dann noch die Rürup-Rente.
Bei Fragen, Kritik oder Anmerkungen bitte die Kommentarfunktion benutzen.
Bezüglich „nicht älter als 45 Jahre“: Tatsächlich darf man noch nicht 45 sein, also nicht älter als 44; das Gesetz spricht von der Vollendung des 45. Lebensjahres, und das meint den Tag vor dem 45. Geburtstag.
Vielen Dank für den Hinweis. Meine ursprüngliche Formulierung war in der Tat irreführend. Ich habe die ursprüngliche Aussage „nicht älter als 45 Jahre“ nun abgeändert in „jünger als 45 Jahre“. Ich denke, dass ich dann deutlicher.
Danke und Gruß, Der Privatier
Moin Zusammen,
ich möchte in diesem Zusammenhang auf den Punkt 6 im Formular V0080 hinweisen.
Richtig ist, dass man bei der Antragsstellung (V0080) jünger als 45 Jahre sein muss. Bei der Antragsstellung können auch Teilzahlungen (5x) mit der DRV vereinbart werden. Teilzahlungen wären dann auch noch im 46; 47; 48 … Lebensjahr möglich.
Wichtig hierbei, bei Antragsstellung und Vereinbarung auf Teilzahlungen muss man jünger als 45 Jahre sein.
(Punkt Nr.8 „Teilzahlungen“)
https://rvrecht.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/rvRecht/01_GRA_SGB/06_SGB_VI/pp_0201_225/gra_sgb006_p_0207.html
Gruß
Lars
Hallo Lars,
vielen Dank für diese wichtige Ergänzung. Ich habe einen entsprechenden Hinweis oben im Beitrag eingefügt.
Gruß, Der Privatier
Auch wichtig , betr. Glaskugelfragen der DRV .
Sieht die DRV keine Möglichkeiten mehr , einen vorzeitigen Bezug der
Altersrente mit 63 zu realisieren , bleibt der Zugang zur Füllung ,
via den Ausgleichszahlungen für RENTENABSCHLÄGEN FÜR BEZUG mit 63 ,
den geneigten Einzahler DRV , verschlossen = KEIN ZUGANG !!!
Somit : Keine Bezugsmöglichkeit mit 63 , KEINE Abschläge AUSZUGLEICHEN ,
KEINE EINZAHLUNG IN DRV möglich .
Insofern ggf. für die Leser , für Die dieses Szenario zutreffend sein könnte ,
eine doppelte Frage , ggf. auch schon VOR 45 !!!
Und da hat Lars ja bereits auf die Möglichkeiten hingewiesen , auch
Teilzahlungsvereinbarungen mit der DRV VOR 45 , für 45…46…47…….
abzuschließen .
Besser also auch mal VOR 45 , einen Blick in die Glaskugel gemacht , um dann
evt. Füllungsfragen DRV ggf. Besser/Einfacher beantworten zu können .
LG Det
So ganz habe ich diese Thematik mit dem Nachzahlen für Ausbildungszeiten noch nicht verstanden. Für mich trifft dieser Punkt zu:
„Solche Nachzahlungen sind insbesondere dann sinnvoll, wenn bereits absehbar ist, dass die Wartezeiten (35 oder 45 Jahre) für eine später angestrebte Rente u.U. nur schwer zu erreichen sind.“
Ich bin noch unter 45Jahre und war in der Zeit zwischen meinem 17. und 26. Lebensjahr in der Schule bzw. am studieren. Aus dem Link von Lars würde ich jetzt entnehmen, dass mir hiervon maximal 3 Jahre als Beitragszeiten angerechnet werden und max. 8 als Anrechnungszeiten.
Nach meinem Verständnis zählen für die 35J Wartezeit: Nun die 8 Jahre Anrechnungszeit sowie dann Beitragszeiten ab 26. Lebensjahr. Die 35 Jahre kriege ich demnach mit Mitte 50 voll. Was ist jetzt der Anreiz zum nachzahlen?
Für die 45Jahre Wartezeit zählen die 3 Jahre Beitragszeit und Beitragszeiten ab 26. Lebensjahr. Die 45 Jahre sind also vom Prinzip her nicht zu schaffen. Könnte ich jetzt also die 9 Jahre zwischen 17. und 26. Lebensjahr mit Beiträge nachzahlen und hätte dann diese 9 Jahre. Müsste dann also noch 36 beitragspflichtige Jahre nach meinem 26. LJ erreichen. Klingt erstmal verlockend, wenn man bis 62 arbeiten will.
Wie geschieht die Umrechnung von Beiträgen, wenn ich 1 Entgeltpunkt aus (Hoch-)Schulzeiten nachzahlen will, hier mal als Beispiel das Jahr 2010. Ist das Jahr wirklich relevant? Nach meiner Einschätzung müsste ich dann, wenn ich in 2024 nachzahle, 45.358 EUR nachzahlen. Ist ja zum bestehenden Jahreswechsel 2024/2025 durchaus relevant, wenn das Durchschnittseinkommen so stark ansteigt.
Freue mich auf eine Rückmeldung von euch. Ein Termin mit der DRV scheint mir sowieso unabdingbar.
LG Stefan
„Ein Termin mit der DRV scheint mir sowieso unabdingbar.“
Das wäre auf jeden Fall erforderlich, um einmal zu klären, für welche Zeiten im konkreten Fall überhaupt eine Nachzahlung möglich wäre. Man kann sicher vorab schon einmal anhand der letzten Renteninformation prüfen, ob es in dem besagten Zeitraum Lücken gibt. Aber ob und wie diese dann zu füllen sind, sollte dann tatsächlich in der Rentenberatung geklärt werden.
Und sinnvoll wäre eine solche Nachzahlung eben immer dann, wenn sich damit eine Wartezeit (5, 35 o. 45 Jahre) besser erreichen lässt. Wenn man die zusätzlichen Zeiten nicht benötigt und die Wartezeit auch so erreicht, dann ist es eben ggfs. aus Steuerersparnis-Gründen noch sinnvoll.
Falls eine Nachzahlung möglich ist und dies dann auch gewünscht wird, so werden dann nicht einzelne Rentenpunkte gekauft, sondern die entsprechenden Monate werden mit „normalen“ Beiträgen belegt. Die Höhe der Beiträge ist innerhalb von Min./Max. Grenzen frei wählbar. Für 2024 liegen diese Grenzen bei 100,07€ bzw. 1.404,30€ jeweils pro Monat.
Gruß, Der Privatier
Moin StefanT,
eine Nachfrage:
Wie kommst Du auf die 3 Jahre Beitragszeit?
„Aus dem Link von Lars würde ich jetzt entnehmen, dass mir hiervon maximal 3 Jahre als Beitragszeiten angerechnet werden und max. 8 als Anrechnungszeiten.“
In der oben angefügten DRV-GRA steht folgendes:
Zeitraum ab 01.01.2002
Schulische Ausbildungszeiten sind gemäß § 58 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 SGB VI höchstens im Umfang von acht Jahren zu berücksichtigen. Davon werden höchstens bis zu drei Jahre bewertet (§§ 74, 263 Abs. 3 SGB VI). Die übrigen schulischen Ausbildungszeiten bleiben unbewertet.
Zeitraum ab 01.01.2009
Durch das RV-Nachhaltigkeitsgesetz vom 21.07.2004 (BGBl. I S. 1791) ist der Gesamtleistungswert für die zuletzt für drei Jahre zu bewertenden Anrechnungszeiten wegen Schul- und Hochschulausbildung in mehreren Schritten seit dem 01.01.2005 abgesenkt worden. Bei einem Rentenbeginn nach dem 31.12.2008 werden diese Zeiten nicht mehr bewertet; lediglich Anrechnungszeiten wegen Fachschulausbildung erhalten im Umfang bis zu drei Jahren eigene Entgeltpunkte. Bei der Berücksichtigung der schulischen Ausbildungszeiten als Anrechnungszeiten im Umfang von höchstens 96 Kalendermonaten ist es jedoch geblieben.
Oder hast Du eine Fachschule besucht? Dann würden noch für max.3 Jahre eine Bewertung pro Monat von 0,0625 Rentenpunkte möglich sein. (pro Jahr = max.0,75 Rentenpunkte) … i.S. §76 SGB VI
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_6/__74.html
Ab dem 01.01.2009 gibt es keine „Gesamtleistungsbewertung“ für Schul- und/oder Hochschulausbildung mehr. (i.S. §263 Abs.3 SGB VI)
https://www.gesetze-im-internet.de/sgb_6/__263.html
Und da Du nicht vor dem 01.01.2009 Rente bezogen hast, werden die Schul- und/oder Studienzeiten zwar als „Anrechnungszeiten“ bewertet … und richtig bis max. 8 Jahre … aber ohne Gesamtleistungsbewertung.
Wenn es darum geht nur „BEITRAGSZEITEN“ zu erhalten … und das kann für jüngere Semester im späteren (Zukunft) „Rentenrecht“ wichtig werden, sollte man sich überlegen hier wenigstens die Mindestbeiträge nachzuzahlen.
Wenn man im Berufsleben steht, gut oder sehr gut verdient und noch unter 45 Jahre alt ist, können diese nachträglichen frw. Zahlungen für Schulausbildung/Studium:
– steueroptimierend wirken
– fehlende und damit mit keiner Leistungsbewertung versehende Zeiten mit Beiträgen belegt werden
– sogar u.U. zur Rente für besonders langjährig Versicherte führen, denn diese Nachzahlungen zählen auch für diese Rentenart mit, wenn min. 18 Jahre mit Pflichtbeiträgen nachgewiesen werden
– Rentensteigernd wirken, falls später eine EMR eintritt
Bei Dir liegt jetzt schon eine Lücke von 2 Jahren vor, welche auch nicht als „Anrechnungszeit“ bewertet wird.
Gruß
Lars
Danke für eure Antworten. Das hilft schon sehr weiter. Ich hatte bisher gedacht, die Zeiträume oben beziehen sich auf die Schulzeiten und nicht auf den Rentenbeginn, aber genau lesen hilft. Jetzt mal schauen, wann ich mit der DRV sprechen darf
Moin StefanT,
ab dem 55.Lebensjahr versendet die DRV alle 3 Jahre die „Rentenauskunft“. Ob das schon vor dem 55.Lebensjahr geht kannst Du mit dem nachfolgenden Link einmal versuchen/testen.
Wenn man Ausgleichszahlungen i.S. §187a SGB VI getätigt hat, kann man jedenfalls unter 55 eine Rentenauskunft anfordern. Das hatte ich damals erfolgreich mit 53 durchgeführt. Die „Rentenauskunft“ ist inhaltlich wesentlich umfänglicher als die jährliche „Renteninformation“.
Im nachfolgenden Link kannst Du auch eine „Lückenauskunft“ von der DRV anfordern.
„Jetzt mal schauen, wann ich mit der DRV sprechen darf“
Völlig richtig, angebotenden DRV-Beratungsangebote sollte man nutzen auch um bestehende Möglichkeiten auszuloten und evt. abzustimmen.
https://www.eservice-drv.de/SelfServiceWeb/
Gruß
Lars
PS: Digital kannst Du Dir die Renteninformation auch ansehen/ausdrucken, dazu benötigst Du aber einen Personalausweis mit On-line Funktion.