Kap. 9.14: Arbeitslosengeld nach einer Zwischenbeschäftigung (2)
Vor wenigen Tagen habe ich hier einen Beitrag veröffentlicht, in dem ich erläutert habe, wie sich temporäre Beschäftigungen (oftmals Mini- oder Midi-Jobs) auf das Arbeitslosengeld auswirken, wenn man solche Jobs z.B. während eines Dispojahres oder auch zwischen zwei Phasen von Arbeitslosengeld-Bezug ausübt.
Zusammenfassend könnte man als Fazit aus diesem Beitrag sagen: Wenn man sich an gewisse Regeln hält, hat so eine zwischenzeitliche Beschäftigung keinen Einflusss auf den ursprünglichen Anspruch auf ALG, der ja in der Regel höher sein sollte, als dies bei einem Mini- oder Midi-Job der Fall sein würde.
Quasi am Ende dieses Beitrages sind mir aber plötzlich erhebliche Bedenken gekommen, ob das alles wirklich so problemlos ist und daher möchte ich diese Bedenken hier noch ergänzend erläutern.
Sperrfristen
Inzwischen dürfte jedem bekannt sein, dass in vielen Fällen bei der Unterzeichnung eines Aufhebungsvertrages eine Sperrfrist von 12 Wochen durch die Agentur für Arbeit verhängt wird (Ausnahmen von dieser „Regel“ habe ich im Beitrag über „Lockerungen bei der Sperrfrist“ beschrieben).
Weniger bekannt dürfte sein, dass manche Agenturen diese Sperrfrist auch im Anschluss an ein Dispojahr verhängen! Zwar rückwirkend und ohne direkte Konsequenzen – es gibt also keine Reduzierung des ALG-Anspruchs, aber die 12 Wochen werden zunächst einmal auf einem Sperrzeitkonto verbucht. Details dazu finden sich in einem Kommentar vom „mime“ vom 4.April 2018 und in meiner Einschätzung dieser Vorgehensweise.
Wer nun innerhalb des Dispojahres irgendeinen anderen Job ausgeübt hat, egal ob es sich dabei um eine reguläre Beschäftigung gehandelt hat, oder einen Mini- oder Midi-Job, wird diesen ja zum Ende des Dispojahres wieder kündigen müssen, wenn er sich nach Ablauf des Dispojahres arbeitlos melden möchte. Diese Eigenkündigung könnte nun aber eine weitere Sperre von 12 Wochen auslösen. Zusammen mit der Sperre von Anfang des Dispojahres wären dies in der Summe dann bereits 24 Wochen und damit mehr, als der §161 Abs.1, S.2 SGB III zulässt: Bei mehr als 21 Wochen Sperre erlischt der Anspruch auf ALG!
Hier wäre also dringend darauf zu achten, dass man solche als temporäre Beschäftigungen geplante Jobs auch von vorneherein vertraglich so definiert, also als zeitlich befristete Tätigkeiten! Damit kann dann die eigene Kündigung entfallen und somit kann es auch keine weitere Sperre geben.
Allerdings gibt es da noch ein weiteres Problem…
„Nicht nur vorübergehend“
Eine Formulierung aus dem §150 Abs.1 S.5 SGB III, in dem der Bemessungsrahmen und der Bemessungszeitraum für den ALG-Anspruch definiert werden, legt fest, wann Teilzeitbeschäftigungen bei der Berechnung des ALG1-Anspruches nicht berücksichtigt werden.
Bei der Ermittlung des Bemessungszeitraums bleiben außer Betracht…
…Zeiten, in denen die durchschnittliche regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit auf Grund einer Teilzeitvereinbarung nicht nur vorübergehend auf weniger als 80 Prozent der durchschnittlichen regelmäßigen Arbeitszeit einer vergleichbaren Vollzeitbeschäftigung, mindestens um fünf Stunden wöchentlich, vermindert war, wenn die oder der Arbeitslose Beschäftigungen mit einer höheren Arbeitszeit innerhalb der letzten dreieinhalb Jahre vor der Entstehung des Anspruchs während eines sechs Monate umfassenden zusammenhängenden Zeitraums ausgeübt hat.
Ich habe mich bisher nicht bemüht, die tiefere Bedeutung dieses „nicht nur vorrübergehend“ zu entschlüsseln. Ich bin mir aber sicher, dass es dazu bereits entsprechende Urteile gibt. Wer dies wirklich möchte, müsste sich da einmal selber schlau machen. (Update: Leser „Frei_2020“ hat dies inzwischen freundlicherweise klären können. Siehe Kommentar)
Jedenfalls sehe ich da einen Konflikt mit der Schlussfolgerung aus dem ersten Teil des Beitrages, die ja lautete, man sollte eine Teilzeitvereinbarung auf jeden Fall nur befristet (also vorrübergehend!) abschliessen.
Fazit
Das Ganze ist aus meiner Sicht nicht abschließend geklärt, ich sehe aber einige Probleme und möchte daher zumindest einmal warnen! Vielleicht bin ich da übervorsichtig, aber meine Folgerung wäre momentan: Ich würde KEINEN solchen Job annehmen.
Im Übrigen: Auch die Tatsache, dass es womöglich Fälle gibt, die das bereits erfolgreich durchgezogen haben, beweist keinesfalls, dass dies dann immer der Fall sein wird!
Interessant.
Ich habe meinen 15monatigen ALG1 Bescheid im Januar 2018 erhalten und habe am nächsten Tag
meine Arbeitslosigkeit schriftlich wieder beendet. (Ende Januar 2018 erhielt ich meine
Abfindung)
Im Juli 2018 habe ich ein Gewerbe angemeldet, aber noch keine Einnahmen erziehlt.
Am 01.10.18 bin ich 450€ Basis beschäftigt. Liegt jetzt für meine selbständige Tätigkeit eine
Zwischenbeschäftigung im Sinne des Artikels vor?
Ich gehe davon aus, dass ich meine 4 Jahre „ALG 1 Wartezeit“ spätestens im Dezember 2021
beenden sollte, um noch 15 Monate ALG1 zu erhalten. Oder schon eher, weil ich mich ja
selbständig gemacht habe?
Die Selbstständigkeit spielt für den bestehenden ALG-Anspruch zunächst einmal keine Rolle. Es sei denn, es wäre eine freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige gewählt worden. Dadurch könnte dann auch ein neuer Anspruch entstehen, der Auswirkungen auf den alten hat.
Ansonsten spielen bei einer späteren erneuten Arbeitslosmeldung der zu diesem Zeitpunkt bestehende Status dieser Selbstständigkeit eine Rolle. Je nach Umfang und Gewinn könnte ggfs. gar keine Arbeitslosigkeit vorliegen (bei hauptberuflicher Selbstständigkeit) und/oder der Gewinn wird auf das ALG angerechnet.
Gruß, Der Privatier
…Es sei denn, es wäre eine freiwillige Arbeitslosenversicherung für Selbstständige gewählt worden…. Nein, das habe ich nicht.
…Je nach Umfang und Gewinn könnte ggfs. gar keine Arbeitslosigkeit vorliegen ….
Umfang < 15 Std/Woche. Gewinn 500€/Monat.
Hallo Privatier und Interessierte, können Sie bitte meinen „Plan“ bewerten:
Ich habe 50% GdB, trotzdem wurde ich betriebsbedingt gekündigt. Mit Anwalt und Kündigungsschutzklage wurde vorm Arbeitsgericht ein Vergleich unter Einhaltung der Kündigungsfrist (Freistellung bis 31.12.18) und 74.000 Abfindung im Jan-19 erwirkt. Arbeitsuchend bin ich seit Okt-18 gemeldet. Arbeitslos werde ich mich Ende Dez.-18 melden (24m Alg1-Anspruch) und Anfang Jan-19 wieder abmelden. In 2019 wollte ich mich nur freiwillig GKV versichern (ca.200€/m?) und Anfang 2020 eine Ex-Gründung über die AfA starten,…..
Im Rahmen der Fünftel-Regelung sollten es in 2019 nur ca.6-7.000Euro an Steuern werden lt. Abfindungsrechner, und die GKV sollte auch nur den Mindestbeitrag kosten, da ich ja die gesetzlichen Kündigungsfristen eingehalten habe und die Kündigung Betriebsbedingt war. Sperr-bzw. Ruhezeiten der AfA sollte es auch nicht geben,-oder?
Jetzt habe ich ein Angebot als Midijob mit ca. 500Euro/m für 2019. Dies wäre eine auf 12monate begrenzte Zwischenbeschäftigung, somit würde keine Eigenkündigung mit den bekannten Folgeproblemen notwendig sein. Lt. Abfindungsrechner würden dadurch höhere Steuern anfallen. Wie kann man dies vermeiden?
Ich würde jeweils 1x/m ca.800km fahren um für einige Tage diesen Midijob auszuüben. Würden diese Kosten für ca. 10.000km/a als Werbungskosten die Steuerlast senken? Die Tätigkeit wäre interessant, auch wenn die Fahrtkosten das Gehalt auffressen und ich wäre über den Midijob auch in der GKV versichert und könnte mich ein Jahr auf meine geplante Selbständigkeit vorbereiten und da ich unter der 2-Jahresfrist Alg beziehen würde käme auch keine neue, fiktive Alg-Berechung ins Spiel,…
Gäbe es außer Rürup noch andere Ausgaben um die Steuer im Abfindungsjahr zu reduzieren.
Vielen Dank
Ronald
Meine persönliche Meinungen zu solchen Vorhaben habe ich ja bereits im Beitrag geschrieben: Ich würde so etwas nicht machen. Muss aber jeder selber wissen. Darum weiter mit den Fragen:
* Gründe für Sperr- und Ruhezeiten sehe ich auch nicht.
* Ideen zur Steueroptimierung habe ich im Beitrag „Steuern sparen bei der Abfindung“ zusammengestellt.
* Fahrtkosten kann man als Angestellter als „Weg zur Arbeit“ mit Km-Pauschale steuerlich geltend machen. Ist allerdings fraglich, ob das Finanzamt dies anerkennt, wenn die Kosten in keinem Verhältnis zum Gehalt stehen.
Gruß, Der Privatier
Gibt es zum Thema Zwischenbeschäftigung neue Erkenntnisse, insbesondere mit geringfügiger Beschäftigung, z.B. Minijob ?
Von meiner Seite her nicht.
Gruß, Der Privatier
Kann man denn davon ausgehen, dass eine Zwischenbeschäftigung mittels Minijob < 165 € im Monat generell unkritisch ist bei der Berechnung der Höhe des ALG1 ?
Sie bringen hier einiges durcheinander!
* Die Grenze von 165€/Monat gilt für Einkünfte, die man parallel zum Bezug von ALG1 haben darf.
* Ein „echter“ Mini-Job ist nicht versicherungspflichtig und löst damit keinen Anspruch auf ALG1 aus.
Gruß, Der Privatier
Dann sagt mir die reine Logik, wenn man 165,- € als Minijob neben ALG1 haben darf, dann kann ja ein solcher Minijob gar nicht als schädliche Zwischenbeschäftigung wirken.
Was verstehen Sie unter einem „echten“ Minijob ?
Naja… mit der Logik ist das manchmal nicht so einfach. 😉
Mit einem „echten“ Minijob wollte ich zum Ausdruck bringen, dass es sich um eine nicht-versicherungspflichtige Tätigkeit handelt muss, die Vergütung unterhalb von 450€/Monat liegt und der AG pauschale Abgaben entrichtet.
Gruß, Der Privatier
Mir wurde der volle Anspruch auf ALG1 gewährt. Ich habe ein Nebengewerbe seit 10 Monaten < 10h/Woche und nur geringere Einnahmen, so um die 400€/Monat.
Im Beitrag oben geht es um versicherungspflichtige Beschäftigungen, mit denen u.U. ein (neuer) Anspruch auf ALG erworben wird, der dann ggfs. im Konflikt zu einem bereits vorher erworbnen Anspruch stehen könnte.
Dies ist bei selbständigen Tätigkeiten generell nicht der Fall. Es sei denn, man habe eine freiwillige Arbeitslosenversicherung abgeschlossen.
Parallel zum Bezug von ALG1 kann durchaus auch noch eine Nebenbeschäftigung ausgeübt werden, sofern sie bestimmte Grenzen nicht überschreitet. Bis zu einem Betrag von 165€/Monat werden diese nicht berücksichtigt. Alles darüber wird mit dem ALG verrechnet.
Gruß, Der Privatier
Es ist ja ganz schön knifflig..
Wenn ich in der Zeit , wo ich meinen Anspruch auf ALG I ruhen lasse einen 450 Euro-Job annehme, könnte sich das ungünstig auswirken, wenn ich nach den 4 Jahren den Anspruch geltend machen möchte?
Im Beitrag oben geht es um versicherungspflichtige Beschäftigungen, mit denen u.U. ein (neuer) Anspruch auf ALG erworben wird, der dann ggfs. im Konflikt zu einem bereits vorher erworbenen Anspruch stehen könnte.
Ein Mini-Job ist in der Regel aber nicht versicherungspflichtig und dürfte aus meiner Sicht daher kein Problem darstellen.
Gruß, Der Privatier
Hallo Privatier,
kurze Frage zum Thema:
Angestellt 01.10.2014 und auf den 30.06.2018 selbst gekündigt. Arbeitslos gemeldet (natürlich kein ALG I erhalten, weil Sperre wegen Eigenkündigung). Dann neuer Job zum 01.08.2018 (weniger Brutto) aufgenommen und nun zum 15.05.2019 eine betriebsbedingte Kündigung vom Arbeitgeber erhalten.
Jetzt Anspruch auf ALGI für 9 Monate(16.05.2019 bis zum 14.02.2020).
Wie sieht es aus wenn ich nach Ablauf der 9 Monate einen Job für z.b. 6 Monate annehme befristet annehme? wäre dann nach 2.5 Monaten Soz.vers.pf. Arbeitsverhältnis ein neuer Anspruch entstaden (Weil Soz. Vers.Pfl. Verhältnis für 10,5 Monate aus der alten Beschäftigung (01.08.2018-15.05.2019) + 2,5 Monate (bzw. 6 Monate) neuem Arbeitsverhältnis.
Mal unabhängig von der Höhe des Anspruches- welche ja verfällt, wenn ich die 9 Monate Bezug ausgenutzt habe?!
Danke und Grüße
Ich habe die Frage nicht wirklich verstanden, aber bevor wir hier dreimal zurückfragen und antworten, möchte ich empfehlen, diese Frage besser in einem Arbeitslosenforum zu stellen (oder direkt bei der Agentur).
Für häufig wechselnde Phasen von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit bin ich nicht der richtige Ansprechpartner.
Gruß, Der Privatier
Die Sache ist doch eigentlich klar aus
§ 151 (4) SGB III Haben Arbeitslose innerhalb der letzten zwei Jahre vor der Entstehung des Anspruchs Arbeitslosengeld bezogen, ist Bemessungsentgelt mindestens das Entgelt, nach dem das Arbeitslosengeld zuletzt bemessen worden ist.
Eine Zwischenbeschäftigung von bis zu 2 Jahren nach einem ALG-Bescheid dürfte damit unschädlich sein.
Richtig – das ist der sog. Bestandsschutz, wie ich ihn bereits im ersten Teil dieses Beitrages unter der Überschrift „Bestandsschutz“ beschrieben habe.
Aber es kann ja nicht schaden, es hier noch einmal zu wiederholen. 😉
Gruß, Der Privatier
Korrekt, aber weshalb gab es dann Bedenken Ihrerseits im zeiten Teil zum Thema Zwischenbeschäftigung.
Meine Bedenken habe ich ja nun ausführlich im obigen Beitrag beschrieben! Es macht wohl keinen Sinn, diese hier jetzt noch einmal zu wiederholen.
Bei Bedarf vielleicht einfach noch einmal lesen…
Gruß, Der Privatier
In den aktuellen Fachlichen Weisungen zum §150 SGB III der AA unter https://con.arbeitsagentur.de/prod/apok/ct/dam/download/documents/FW-SGB-III-150_ba015157.pdf findet sich im Abschnitt 150.2 „Außer Betracht bleibende Zeiten“ folgende Definition:
„(4) Eine nicht nur vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit liegt vor, wenn
die verminderte Arbeitszeit für mindestens drei Monate vereinbart war.“
Wenn die Teilzeitvereinbarung z.B. nur für 4 Monate vereinbart wird, würde sie bei der ALG-Berechnung somit nicht berücksichtigt, und wegen der vertraglichen Befristung wäre auch keine Sperre zu befürchten.
Vielen Dank für den Hinweis!
Ich denke, das dürfte eine gute Planungsgrundlage bilden für alle, die eine solche Variante in Erwägung ziehen.
Ich habe den obigen Beitrag um einen Link auf den Kommentar ergänzt.
Gruß, Der Privatier
Hallo Frei_2020,
irgendwie passen bei mir die beiden Formulierungen noch nicht zusammen:
„(4) Eine nicht nur vorübergehende Reduzierung der Arbeitszeit liegt vor, wenn
die verminderte Arbeitszeit für mindestens drei Monate vereinbart war.“
und jetzt das Beispiel mit vier Monaten dazu:
„Wenn die Teilzeitvereinbarung z.B. nur für 4 Monate vereinbart wird, würde sie bei der ALG-Berechnung somit nicht berücksichtigt, und wegen der vertraglichen Befristung wäre auch keine Sperre zu befürchten.“
Stünden im Beispiel ZWEI MONATE, würde es bei MIR passen. Verstehe ich hier etwas falsch??
LG FÜR2012
Damit die Zeiten aus einer Teilzeitvereinbarung beim Bemessungszeitraum außer Betracht bleiben, darf diese nicht nur vorübergehend bestehen. Gemäß der Definition aus der Weisung ist sie dann vorübergehend, wenn sie kürzer als 3 Monate vereinbart wird. Im Umkehrschluss wird die Teilzeitvereinbarung bei einer längeren Laufzeit nicht mehr als vorübergehend eingestuft und der Zeitraum somit nicht mehr berücksichtigt, falls die restlichen Voraussetzungen vom §150 Abs.1 S.5 SGB III eingehalten werden.
Interessant sind auch die in der Weisung verlinkten Beispiele. Die Beschäftigungszeit aufgrund der Teilzeitvereinbarung muss sich nicht unmittelbar an die Beschäftigungszeit mit der längeren Arbeitszeit anschließen.
Hallo Frei_2020,
danke für die weiteren Details.
LG FÜR2012